(openPR) Immer wieder klagen Patienten, die eine Knieprothese erhalten, später über Beschwerden mit dem Kunstgelenk. Eine vorschnelle Revision sollte jedoch vermieden werden. Wichtiger ist, die genauen Ursachen zu finden.
Die Erwartung war hoch, umso größer ist anschließend manchmal die Enttäuschung: Statt kompletter Schmerzfreiheit zieht und drückt es im Knie. Dr. Konrad Scheuerer, Orthopäde der OrthoPraxis in Gräfelfing: „Tatsächlich kann es nach der Implantation einer Knieprothese zu Beschwerden kommen. Schätzungen zufolge haben rund zehn Prozent der Patienten mit einer Knieprothese Restbeschwerden, rund 90 Prozent sind komplett beschwerdefrei.“ Nach der Implantation einer Hüftprothese treten Schmerzen viel seltener auf, ergänzt der Orthopäde. Das liege daran, dass das Kniegelenk komplexer aufgebaut sei als die Hüfte.
Die Ursachen für die Schmerzen im neuen Knie sind vielfältig. „Zum Teil finden sich auch mehrere Schmerzauslöser“, weiß Dr. Scheuerer. Nur wenn diese richtig erkannt werden, kann auch die richtige Therapie eingeleitet werden. Dr. Scheuerer: „Es macht keinen Sinn, die Knieprothese schnell auszuwechseln. Dabei würde viel zu viel gesunder Knochen verloren gehen.“ Denn um ein neues Kunstgelenk zu verankern, muss die Prothese zusätzlich im Schaft des Knochens verankert werden.
Um die genaue Ursache für die Schmerzen zu finden, führt der Orthopäde eine umfassende Diagnostik durch. Dazu gehört vor allem eine körperliche Untersuchung, um zum Beispiel überschießende Vernarbungen im Inneren des Knies zu ertasten und die Beweglichkeit des Knies zu überprüfen. Ferner veranlasst der Arzt eine Röntgenaufnahme, eventuell eine Computertomografie sowie Laboruntersuchungen. Gegebenenfalls entnimmt der Arzt auch eine Gewebeprobe aus dem Knie.
Mögliche Ursachen von Schmerzen nach Knieprothetik:
• Infektion. Eine Infektion kann unmittelbar nach der Operation eintreten, aber auch Wochen oder Jahre später. Mitunter ist ein Keim von einer anderen Stelle des Körpers, zum Beispiel einem kariösen Zahn, über die Blutbahn bis zum Knie gelangt. Dr. Scheuerer: „Bei einer schweren Infektion hat der Patient in der Regel Begleitsymptome wie Fieber oder ein allgemeines Schwächegefühl.“
• Lockerung der Prothese. Möglich ist, dass der Patient sich zu früh belastet hat und die Prothese nicht richtig in die Knochen einheilen konnte. Möglich sind aber auch Fehler auf Seiten des Operateurs.
• Instabilität. Eine Instabilität kann durch eine Bandinsuffizienz verursacht werden. Dr. Scheuerer: „Es ist wichtig, dass der Arzt beim Einsetzen der Prothese auch die Bänder richtig einstellt und fixiert. Nur so halten diese der zukünftigen Belastung im Alltag stand.“
• Neurologische Erkrankungen. Es gibt Erkrankungen, die das Bindegewebe schwächen. Zum Beispiel ein Schlaganfall oder Lähmungen. Diese Erkrankungen können dazu führen, dass das künstliche Kniegelenk nicht mehr optimal gehalten werden kann.
• Muskelatrophien. Ein plötzlich entstandener oder fortschreitender Muskelschwund kann ähnliche Folgen wie eine neurologische Erkrankung für das Knie haben. Denn geschwächte Muskeln können das Kniegelenk nicht führen.
• Starke Vernarbungen. Nach einer Operation entstehen im Rahmen des Heilungsprozesses immer Narben. „Bei einigen Menschen reagiert das Gewebe mit einer überschießenden Vernarbung. Dies kann die Beweglichkeit stark einschränken“, sagt Dr. Scheuerer.
• Überbelastung. Künstliche Gelenke sind heutzutage sehr belastbar, haben aber ihre Grenzen. „Mit einem künstlichen Knie kann man Tennisspielen, aber Ballsportarten mit gegnerischem Kontakt und schnellen Richtungswechseln wie Fußball oder Basketball sind tabu. Das hält keine Prothese auf Dauer aus“, sagt Dr. Scheuerer.
Je nach Ursache sieht die Behandlung anders aus. Bei einer Infektion sind eine erneute Operation und Antibiotika erforderlich. Bei Instabilität kann Physiotherapie infrage kommen.
Vernarbungen können ebenfalls vorsichtig gelöst werden. Erst wenn alle anderen Therapien keinen Erfolg bringen, empfiehlt sich eine Revisions-Operation. Dabei wird das künstliche Kniegelenk gegen ein neues ausgetauscht.
Vorbeugen ist im gewissen Rahmen möglich:
? Wer ein künstliches Kniegelenk benötigt, sollte sich einen sehr erfahrenen Arzt suchen. Fragen Sie ihn ohne Scham, wie oft er den geplanten Eingriff schon durchgeführt hat.
? Bei bestehender Bandschwäche kann der Arzt eine teilgekoppelte Prothese einsetzen.
? Nach Implantation der Prothese sollte sich der Patient unbedingt an die Empfehlungen des behandelnden Arztes und Physiotherapeuten halten. Das künstliche Gelenk darf nicht zu früh belastet werden. Dr. Scheuerer: „Der Patient braucht bei einem künstlichen Knie mehr Geduld als bei einer künstlichen Hüfte. Zum Teil ist die gewünschte Beweglichkeit erst nach sechs bis zwölf Monaten erreicht.“







