(openPR) Die richtige Carve Out-Gestaltung schafft Wert und ermöglicht u.a. Zukäufe, Verkäufe und Joint Ventures
Von Siegfried Frick, Geschäftsführer des auf M&A spezialisierten Bereichs Corporate Finance Advisory bei Deloitte und Jörg Niemeyer, Partner bei Deloitte und verantwortlich als Co-Head für den Bereich Valuation & Business Modeling
Die Konsolidierungs- und Umbauwelle im Zulieferbereich setzt sich fort, Übernahmen wie bei ZF Friedrichshafen/TRW Automotive, Magna/Getrag, und Mahle/Delphi Thermo sind Beispiele dafür, dass sich Zulieferer neu aufstellen und ihr Produkt- und Geschäftsfeldportfolio mit Blick auf die Verbesserung ihrer globalen Marktpositionierung und mehr Effizienz neu ausrichten.
Vorgänge wie der mögliche Verkauf des Starter-Geschäfts von Bosch oder der möglichen Abspaltung von JCI Automotive Experience illustrieren: So viele Veränderungen wie jetzt gab es nie. Diese vollziehen sich aber nicht nur auf der Tier-1 Ebene und es sind nicht nur Milliarden-Transaktionen. Auch bei Tier-2 und Tier-3 lassen sich aktuell eine Vielzahl von Portfoliooptimierungen verzeichnen, bei denen Geschäftsbereiche zugekauft, ausgegliedert und verkauft und Joint Venture eingegangen werden.
>> Carve-Out
Die zentrale Schwierigkeit bei einem Carve-Out, also der Ausgliederung eines rechtlich selbständigen Konzernunternehmens oder auch eines rechtlich nicht selbständigen (Konzern-)Unternehmensteils , besteht darin, dass es sich bei den in Frage kommenden Produkt- und Geschäftsbereichen in der Regel nicht um selbstständige Einheiten handelt, sondern dass diese vollständig oder teilweise in einer bestehenden rechtlichen Einheit integriert sind. So werden in der Automobilindustrie häufig Produktionsstätten von mehreren Geschäftsbereichen genutzt (auch „Zebras“ genannt) und die entsprechen- den Mitarbeiter sind häufig für mehrere Geschäftsbereiche tätig. Als Folge dessen liegen oftmals keine separaten (nur hierauf bezogene) Finanzdaten vor. Zudem ist der Geschäftsbereich mit dem bestehenden Unternehmen bzw. Konzern eng verknüpft und aufgrund von fehlenden Funktionen, wie dem Rechnungswesen oder der Personal- und Rechtsabteilung, alleine nicht überlebensfähig. Um dem potentiellen Käufer dennoch ein transparentes Bild über das Kaufobjekt zu geben und somit den Verkaufserlös zu maximieren, ist im Vorfeld der Transaktion ein sogenannter Stand-Alone Case zu erstellen. Hierbei sollte man sich auf die drei Dimensionen „Assets“, „People“ und „Term Sheets“ besonders fokussieren.
>> Assets
Zunächst gilt es, die Vermögensgegenstände zu identifizieren, welche im Rahmen der Transaktion veräußert werden sollen bzw. beim veräußernden Unter- nehmen verbleiben. Für den Fall, dass eine Produktionsstätte auch von anderen Geschäftsbereichen genutzt wird, muss eine Entscheidung getroffen werden, ob der Vermögensgegenstand Bestandteil der Transaktion ist. Bei mehrheitlicher oder überwiegender Nutzung durch den zu veräußernden Geschäftsbereich werden Assets in der Regel dem Carve-Out zugeordnet. Neben Produktionsstätten sind Patente wichtige Assets, die im Rahmen eines Carve Outs adäquat zugeordnet werden müssen.
>> People
Da die Geschäftstätigkeit des Geschäftsbereiches auch nach seiner Ausgliederung operativ sicherzustellen ist, gilt es, das notwendige Personal direkt oder über Übergangszeitvereinbarungen (Transition Service Agreements) sicherzustellen. Dazu ist ein Personalstamm zu identifizieren, der beim veräußernden Unternehmen verbleibt oder mit dem Transaktionsobjekt veräußert wird.
>> Term Sheets
Neben den Vermögensgegenständen, die Bestandteil der Transaktion sind, gilt es die Leistungsbeziehungen zu identifizieren, welche zwischen dem zu veräußernden Geschäftsbereich sowie dem verbleibenden Geschäft bestehen. In sogenannten Term Sheets werden diese Leistungsbeziehungen beschrieben sowie Fakten und Finanzinformationen festgehalten. Die Term Sheets dienen als Grundlage dafür, die Verträge für die Transaktion aufzusetzen. Durch die präzise Definition der Leistungsbeziehungen wird insbesondere vermieden, die Finanzsituation des zu veräußernden Geschäftsbereiches falsch darzustellen und somit auch Rechtstreitigkeiten zu verhindern.
>> Erstellung der Carve-Out-Financials
Die im Rahmen der Analyse von Assets, People, Term Sheets gewonnenen Informationen sind wesentliche Voraussetzung für die Erstellung von sogenannten Carve-Out-Financials. Diese bestehen aus einer Gewinn- und Verlustrechnung, einer Bilanz sowie der Kapitalflussrechnung. Als Grundlage der Carve-Out-Financials sind vorhandene Daten aus dem internen und externen Rechnungswesen heranzuziehen, welche möglichst im Einklang mit dem definierten Carve-Out-Objekt stehen sollten. Diese sind um die oben genannten Dimensionen (Assets, People und Term-Sheets) anzupassen. Hierzu sind definierte Analysen aufzugreifen und ggf. mit Hilfe von Prämissen in entsprechende Finanzzahlen zu transformieren. Darüber hinaus gilt es, interne Leistungsverflechtungen, wie bspw. konzerninterne Umsatzerlöse, zu eliminieren. Um die Herleitung der Carve-Out-Financials möglichst transparent darzustellen, sind einzelne Effekte separat abzubilden und den Daten aus dem Rechnungswesen nacheinander hinzuzuaddieren. Die historischen Finanzdaten sollen in der Regel mindestens einen Zeitraum von drei Jahren abdecken. Basierend auf diesen Daten ist ein separater Business Plan für den Carve Out zu erstellen. Hierzu kann auf einen bereits bestehenden Business Plan (für Gesamtunternehmen) zurück- gegriffen werden, der entsprechend der Carve-Out-Analysen anzupassen ist. Alternativ kann es unter Umständen jedoch auch sinnvoll sein, basierend auf den Carve-Out-Financials einen neuen eigenständigen Business Plan für den Geschäftsbereich zu erstellen.
>> Käufersicht
Aus Käufersicht bieten erst die Carve-Out- Financials die Grundlage zur finanziellen Einschätzung des Geschäftsbereiches und somit einer Unternehmensbewertung. Die Carve-Out-Financials sind hierbei aus Sicht des potentiellen Käu- fers anzupassen. So kann ein strategischer Investor häufig auf bestehende Funktionen wie das Rechnungswesen oder die Personal- und Rechtsabteilung zurückgreifen und in Folge dessen Synergien bei der Unternehmensbewertung berücksichtigen. Einem Finanzinvestor erhält hingegen einen Einblick, welche Funktionen im Anschluss an die Transaktion aufzubauen sind.
>> Operativer Carve-Out
In der Praxis hat sich insbesondere die operative Trennung als herausfordernd erwiesen. Daher empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig - d.h. deutlich vor Beginn des Verkaufsprozesses - Leitlinien sowie einen sogenannten „Blue Print“ festzulegen. Die M&A Transaktion oder die Implementation eines Joint Ventures wird nur gelingen und Wert für die neuen Eigentümer schaffen, wenn der operative Carve Out auch tatsächlich reibungslos erfolgt ist die Eingliederung in das eige-ne Unternehmen weitgehend funktioniert. Vorbereitung, Planung und die Nutzung von Erfahrungen aus bereits erfolgten Carve Outs sind hierbei von zentraler Bedeutung.









