(openPR) "Bei Frauen werden mit größerer Häufigkeit und längerer Dauer höhere Schmerzintensitäten beobachtet. Es sind mehr Körperregionen betroffen, der Leidensdruck ist größer, und es werden mehr Analgetika eingesetzt", berichtet Professor Dr. Matthias Karst (Hannover) in seinem Beitrag zum aktuellen Fachbuch "Medizin und Geschlecht".
"Bei Frauen treten häufiger Erkrankungen oder Symptomkomplexe auf, die mit chronischen Schmerzen assoziiert sind, wie z.B. Migräne, Colon irritable, craniomandibuläre Dysfunktionen, Fibromyalgie, Autoimmunerkrankungen. Im Vergleich zu Männern ist die Prävalenz bei den meisten Schmerzarten etwa um das zweifache erhöht. Hierzu kontrastiert der Mythos, dass Frauen mehr Schmerzen aushalten oder sich Schmerzen einbilden - eine Vorstellung, die dazu führen kann, dass Therapeutinnen und Therapeuten nicht zuhören, wenn Frauen über Schmerzen klagen.
Frauen sind vor allem empfindlicher bei den thermischen Schmerzschwellen und der mechanischen Druckschmerzschwelle. Darüber hinaus bestehen Hinweise, dass die körpereigene Schmerzabwehr bei Frauen weniger zuverlässig arbeitet als bei Männern. Ursachen dürften einerseits in genetischen und hormonellen Faktoren und anderseits in Umwelteinflüssen zu suchen sein."
Biologische wie psychosozial-kulturell bedingte Faktoren lösen die höhere Schmerz-Verletzlichkeit von Frauen aus und verlangen eine entsprechend intensive, interdisziplinäre Schmerztherapie.
Der Reader "Medizin und Geschlecht" enthält zu den unterschiedlichsten Krankheitsbildern Kurzübersichten: In einigen Bereichen werden relevante Geschlechtsunterschiede gesehen, in anderen Bereichen werden angebliche Unterschiede als Mythen entlarvt.
>> Bärbel Miemietz (Hrsg.): Medizin und Geschlecht - Perspektiven für Lehre, Forschung und Krankenversorgung. Pabst, 184 Seiten, ISBN 978-3-89967-787-4
>> Ursula Frede: Herausforderung Schmerz - Psychologische Begleitung von Schmerzpatienten. Pabst, 376 Seiten, ISBN 978-3-89967-378-4
>> Monika Vogelgesang: Psychotherapie für Frauen - Lehrbuch für weibliche und männliche Psychotherapeuten. Pabst, 348 Seiten, ISBN 978-3-89967-607-5