(openPR) MECKENBEUREN-LIEBENAU – Fotografische Schätze haben Wissenschaftlerinnen der Universität Konstanz im Archiv der Stiftung Liebenau geborgen. 70.000 Bilder – Papierabzüge, Negative und Dias – aus 100 Jahren haben Prof. Dr. Beate Ochsner und Anna Grebe M. A. in Fotoalben, Kartons und Mappen im Liebenauer Schloss ausfindig gemacht und im Rahmen eines medienwissenschaftlichen Forschungsprojekts digitalisiert. Gespeichert auf einer Festplatte fanden die Bilder jetzt den Weg zurück nach Liebenau.
Einzigartiges Archiv
"Sozio-mediale Konstruktion von Behinderung" lautete der Titel des Forschungsprojekts. Die Wissenschaftlerinnen wollten anhand von Bildern untersuchen, wie Behinderung im Laufe der Zeit in der Gesellschaft in der Fotografie wahrgenommen wird und wie diese Fotografien andererseits die Wahrnehmung von Behinderung verändern. Das Liebenauer Archiv war dafür ein unerwarteter Fund, wie Anna Grebe erläutert. Nur selten findet man für die Forschung ein Archiv, das ohne speziellen Zweck, aus dem Alltag heraus, entstanden ist. "Das Liebenauer Archiv ist in seiner Größe und Art einzigartig", bestätigt Prof. Ochsner. Drei Jahre lang wurden die Bilder in der Universität gesichtet und eingelesen, anschließend wurde in enger Zusammenarbeit mit der Liebenauer Archivarin Susanne Brüstle versucht, die Aufnahmen zeitlich einzuordnen und, wo möglich, Personen zu identifizieren. Anna Grebe berichtete von bewegenden, überraschenden und auch kuriosen Funden.
Inklusion im visuellen Sinn
Die ältesten Aufnahmen stammen aus dem 19. Jahrhundert und zeigen Gebäude in Liebenau, das erste Porträt zeigt einen jungen Mann im Jahr 1904. Aus den 1920er Jahren ist eine Reihe von Porträts aus dem Arbeitsleben erhalten, die an die Arbeiten des berühmten Fotografen August Sander und seinen Bildband "Menschen des 20. Jahrhunderts" erinnern. Besondere Aufmerksamkeit schenkten die Wissenschaftlerinnen einer Porträtserie aus den 1950er Jahren, in der die Bewohner des damaligen Josefshauses in wiederkehrenden Posen aufgenommen wurden – vergleichbar mit professionellen Studioaufnahmen, wie sie für Familienporträts oder Passbilder üblich sind. Erkennbar sei die Mühe des Fotografen, die Menschen "so normal wie möglich" darzustellen, so Grebe. Die Fotos seien damit auch ein Bemühen um Inklusion im visuellen Sinn.
Erinnerungen werden bewahrt
Dr. Berthold Broll, Vorstand der Stiftung Liebenau, zeigte sich hoch erfreut über die Schätze, die ihm auf einer handlichen Speicherplatte überreicht wurden. Eine "einmalige Chance" sei es gewesen, dass die Forscherinnen auf das Archiv gestoßen seien. Sie hätten Erinnerungen vor dem Vergessen bewahrt und damit der Stiftung Liebenau einen großen Dienst erwiesen. Der Wissenschaft wurde das Liebenauer Archiv bereits in Teilen vorgestellt, weitere Publikationen sollen folgen. Wie die Bilder der Öffentlichkeit präsentiert werden, steht noch nicht fest. Zunächst will man sich in Liebenau erst einmal selbst eingehend damit beschäftigen. "Dann werden wir sicher geeignete Formen finden, wie wir die Bilder und die Geschichten, die sie erzählen, anderen Interessierten zugänglich machen können", verspricht Broll.
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