(openPR) München, den 1. Novembar 2011. Die Sportstudentin Verena Johnen hat als Praktikantin der Deutschen Sporthochschule Köln drei Monate im Projekt „Kinder durch Sport stark machen“ von Jambo Bukoba e.V. in Tansania gearbeitet. Am 1. November ist sie wieder nach Hause geflogen.
Verena, drei Monate Tansania und Bukoba sind vorbei. Was glaubst Du, wirst Du am meisten vermissen?
Vermissen werde ich viele neue Freunde hier in Bukoba, die ich sehr ins Herz geschlossen habe und durch die ich viel über die Kultur und Lebensweise in Tansania, speziell der Region Kagera gelernt habe. Ich werde zu Hause in Köln einmal die Afrikaläden durchstöbern, um Indizi (Kochbananen) à la Grace mit Samakis (Fisch) auch für meine Freunde daheim nachkochen zu können.
Vermissen werde ich auch das Leben in Bukoba, in Tansania, welches eine gewisse Gelassenheit und Ruhe ausstrahlt, die Menschen nicht über die Straßen hetzen und ständig in Eile sind. Ein Großteil des sozialen und kulturellen Lebens findet draußen auf der Straße statt. Für eine ordentliche Begrüßung nimmt man sich füreinander Zeit und erkundigt sich nach dem Wohlbefinden und Neuigkeiten des Anderen.
Obwohl es manchmal riskant und nicht ganz ungefährlich ist, werde ich es vermissen mit dem Pikipiki (Motorradtaxi) durch Bukoba zu brausen.
… und worauf freust Du Dich?
Natürlich, ich freue mich schon riesig auch auf zu Hause – meine Eltern, meinen Freund und meine Freunde und auf ein gemeinsames Indizi-Essen. Materielle Dinge habe ich in Bukoba nicht sehr vermisst, am ehesten vielleicht mein Fahrrad und den Tatort am Sonntagabend.
Du warst vorher schon einmal in Indien und hast Dich dort um Kinder gekümmert? Was war jetzt in Bukoba anders?
In Indien habe ich im „Life Help Centre für Handicapped People“ in Chennai gearbeitet und gelebt, eine Einrichtung für behinderte und nicht behinderte Kinder. Wir haben dort hauptsächlich Sportunterricht mit den Kindern gemacht, der so nicht im Stundenplan integriert ist. Wir haben also direkt mit den Kindern gearbeitet und waren sozusagen Teil des Lehrerkollegiums dort. Und ich war nicht ganz allein auf mich gestellt. Zwei Kommilitonen von der Sporthochschule waren auch noch da.
In Bukoba war die Situation anders. Ich bin hier die einzige Praktikantin aus Deutschland, musste mich also alleine, ohne die Unterstützung meiner Freunde und Kommilitonen aus Deutschland durchschlagen. Zum anderen arbeitet Jambo Bukoba nicht direkt mit den Kindern in den Schulen, sondern mit den Lehrern. Während der Workshops versuchen wir den Sportlehrern das passende Werkzeug in die Hand zu geben, damit sie in ihrer Schule professionellen Sportunterricht durchführen.
…. reicht das?
Nein, es gilt auch neues Bewusstsein für den Sport überhaupt zu entwickeln und zu schaffen.
In Deiner Diplomarbeit wirst Du Dich mit dem Projekt „Kinder durch Sport stark machen“ zu Hause noch intensiv weiter beschäftigen. Wie viele Workshops hast Du mitbetreut? Konntest Du auch Erkenntnisse gewinnen, wie die Lehrer aus früheren Workshops das Gelernte in den Schulen weiter umsetzen? Was kann man noch besser machen?
Insgesamt habe ich vier Workshops mitbetreut. Trotz meiner nicht vorhandenen Kenntnisse in Swahili, konnte ich mich doch hier und dort einbringen und nicht bloß Beobachter sein. Zum Beispiel habe ich die „Erste Hilfe-Session“ übernommen, und Patricia hat meine Erklärungen und Demonstrationen übersetzt. Wir waren ein gutes Team. Bei den Praxisstunden auf dem Sportplatz habe ich meistens mitgespielt oder selbst eine Gruppe von Lehrern betreut, wenn wir in Kleingruppen gearbeitet haben. Auch hier war die Verständigung in Englisch kein großes Problem oder Hindernis.
Da ich Lehramt studiere, interessiert mich natürlich ganz besonders wie die spätere Umsetzung der Workshopinhalte in den Schulen und die Integration in den Stundenplan funktioniert. Für meine Staatsexamensarbeit habe ich viele Schulen hier in Bukoba Town und Bukoba Rural besucht. Um mir ein klares Bild über die Situation zu machen, habe ich viele Interviews mit Lehrern und Schulleitern geführt und einige Sportstunden observiert.
Nach den ersten Eindrücken kann ich aber soviel sagen: Ich habe zwei Schulen ausgewählt, an denen sich sozusagen „Principles of good practice“ entwickeln lassen könnten, also Prinzipien und Strukturbedingungen in den Schulen, damit eine vernünftige und seriöse Umsetzung gelingt. In diesen zwei Schulen gelingt die Umsetzung unseres Workshopkonzepts sehr gut. „Sport and Games“ ist fest im Stundenplan verankert. In der Karume Primary School ist zum Beispiel der Freitagnachmittag ab 14 Uhr für „Sport and Games“ reserviert. Dort gibt die von uns ausgebildete Lehrkraft ihr Wissen an die anderen Sportlehrer an der Schule weiter und schult auch diese. Auch der Schulleiter ist motiviert und engagiert sich für den Schulsport an seiner Schule. Das ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg.
Wie ist es in den anderen Schulen?
In vielen Schulen scheitert eine seriöse Umsetzung allerdings oftmals schon an den gegebenen Bedingungen. Gerade in Bukoba Town besitzen viele Schulen keinen geeigneten Sportplatz und kaum eine Lehrkraft bringt die Mühe, Energie und Kreativität auf, einige Spiele in den Unterricht zu integrieren oder eine Sportstunde vielleicht auch in der Klasse stattfinden zu lassen. Der vollgepackte, strikte Stundenplan lässt es oft nicht zu, Zeit für Sportstunden einzuplanen. Zudem sehen viele Lehrer nicht die Wichtigkeit, Sport zu unterrichten, da dieses Themenfeld auch in den nationalen Examen nicht vorkommt.
Bei meinen unangekündigten Schulbesuchen wurde ich oft enttäuscht. Obwohl laut Stundenplan für diese Zeit eine Sportstunde vorgesehen war, gehen viele Lehrer darüber hinweg und setzen ihren Unterricht im Klassenraum fort. Wenn ich einmal die Möglichkeit hatte, doch eine Sportstunde zu beobachten, war die Umsetzung meist unseriös und die so wichtige Reflexion der Spiele fehlte.
Was bedeutet das künftig?
Ich denke für die Zukunft ist es wichtig, neben dem Training weiterer Lehrer auch an der weiteren und besseren Implementierung der Inhalte zu arbeiten. Voraussetzung für eine gelungene Implementierung ist allerdings eine Strukturveränderung in vielen Schulen, so dass Sportunterricht überhaupt möglich wird. Außerdem müsste man darüber nachdenken, wie man die Aufgabe des Workshop Teilnehmers als Trainer aller Sportlehrer an seiner Schule betonen und fördern könnte. Denn nur wenn Wissen auf einer seriösen Basis weitergetragen wird, kann es zu einer zu einer weitgreifenden Entwicklung und Verbesserung führen. Aber das wird die Hauptaufgabe meiner Staatsexamensarbeit sein.
Danke Verena. ich wünsche Dir einen guten Heimflug. Komm`gut nach Hause.
Das Interview hat Waldenar Czauderna geführt. Es ist kurz vor der Abreise von Verena Johnen aus Tansania entstanden.