(openPR) Eckhard Müller-Mertens
Analytische Memoiren oder Report zur Weltanschauung und geistig-politischen Einstellung
Die Entwicklung seiner Weltanschauung und geistig-politischen Einstellung gliedert der Autor, Jahrgang 1923, emeritierter Professor für Geschichte an der Berliner Humboldt-Universität, Mitglied und Ehrenmitglied fachwissenschaftlicher Gremien, in drei Epochen mit einem zweimaligen Wechsel der Paradigmen.
Auf dem ersten Höhepunkt des Kalten Krieges mit der Blockade Berlins trennt er sich von seiner „Panmonistischen Philosophie", seinem soziologisch-anthropologischen Gesellschaftsmodell und seiner historistischen Geschichtstheorie, den Schlüsselautoren Nietzsche, Spengler, Haeckel, Müller-Lyer, wie seinen politischen Programmen. Der Autor eignet sich den Marxismus ohne Vorbehalte an, stimmt durch Gewissensüberzeugung mit dem Programm, dem Statut, der Politik der SED überein und verhält sich in der Universitätspraxis und seiner Lebensführung dementsprechend engagiert.
Die Offenlegung über die Stalin-Ära 1956, die Verweigerung der SED und KPdSU die Ursachen für den Stalinismus im System aufzudecken und den Sozialismus mit Freiheit und Demokratie zu verbinden, bewirkt über Kritik und Opposition 1956-1958 den inneren Bruch mit der SED und dem realen Sozialismus. 1963 ist dieser mit dem geheim gehaltenen Positionspapier „Bestandsaufnahme zu den Gesellschaftssystemen der Gegenwart" vollzogen.
Der Autor begreift die Verhältnisse in der DDR und Sowjetunion nunmehr als eine nicht-sozialistische neue Klassengesellschaft und ein autokratisch-despotisches Regime, und er fixiert programmatisch die Leitlinien für sein künftiges Handeln und Wirken. Er nimmt seine anthropologischen, monistischen und soziologischen Reflexionen vor dem Paradigmawechsel 1949 wieder auf, kehrt sich auf dieser Grundlage vom Marxismus ab und vollzieht eine philosophisch-theoretische Neubestimmung: Das Resultat formuliert der Autor 1973 in dem Traktat „Der Menschen Art und das Wesen des Lebens. Essai zur Verständigung über den Menschen", der ebenfalls geheim gehalten, nur Vertrauenspersonen bekannt wird. Es folgen Konzepte zu dem „Anliegen, die Verständigung über den Menschen mit der Verständigung über die Geschichte zu verbinden und damit zu einer dem Wesen des Menschen angemessenen Geschichtsauffassung zu gelangen". Daraus erwächst Mitte der 80er Jahre eine eigene Theorie der Geschichte und Geschichtswissenschaft.
Mitte der 90er Jahre in der von Grund auf veränderten Lebenswelt zur eigenen Rechenschaftslegung und Vergewisserung verfaßt, sind die „Analytischen Memoiren“ nicht zuletzt auch ein beeindruckendes Zeitdokument für den Epochenumbruch der Jahre 1989-1991 aus der Perspektive eines langen Forscherlebens zwischen Weimarer Republik, Drittem Reich, Kaltem Krieg und realem ostdeutschen Sozialismus.
INHALT
- Zum Kriegsende vor fünfzig Jahren
- Weltanschaulich-lebensweltliche Prägung in der Weimarer Republik
und im Dritten Reich; Geistig-politische Ausgangspositionen am Ende
des Zweiten Weltkrieges und Entwicklung im ersten Nachkriegsjahr
- Osterwalder Zeit und Studentenjahre in Friedenau 1946 bis 1948
- Paradigmawechsel 1949. Orthodoxer Marxismus in den fünfziger Jahren
- Dokumentation zur Kritik am Kurs der SED zu Opposition,
Selbstkritik und Grunddissens von der Stalin-Information 1956 bis 1963
- Positionspapier vom Sommer 1963
- Option für einen tatsächlichen oder wirklichen Sozialismus und
praktizierter freier Marxismus in den sechziger Jahren
- Zu den sechziger Jahren: Materialistischer Historismus in
der Mittelalterforschung und neuer anthropologischer Ansatz
- Nationale Intentionen der Tätigkeit im Hansischen Geschichtsverein
und für die Monumenta Germaniae Historica 1959 bis 1970
- Zweite Lebenshälfte: Isolierung, Politik, Privatheit.
Existenz zwischen den Fronten
- Wissenschaftspositionen der siebziger und achtziger Jahre
- Zweite Lebenshälfte zwischen den Fronten: Autonomie. Die Ära Honecker
- „Grundriß/Deutsche Geschichte in zwölf Bänden“ Mitwirkung,
Meinungsstreit und Anteil 1969 bis 1982
- „Der Menschen Art und das Wesen des Lebens“
Philosophisch-theoretische Neubestimmung: Lebensphilosophie/
Anthropologie/Gesellschaftslehre/Erkenntnistheorie
- Feudalismusdiskurs und geschichtstheoretische Explikation in
den frühen achtziger Jahren
- Moralisch-weltanschauliche Prozesse, Werte- und Sinnfrage
- Reichsstrukturforschung und weitere Wege zur genuinen
Geschichtstheorie im Jahrzehnt vor der Emeritierung
Eckhard Müller-Mertens
Existenz zwischen den Fronten
Analytische Memoiren oder Report zur Weltanschauung und geistig-politischen Einstellung
Leipziger Universitätsverlag 2011, 560 S. Hardcover. € 49,00 (D)/ € 50,40 (A)