(openPR) Verhaltenskodex fuer Rating-Agenturen ist notwendig
Zur Einbringung eines interfraktionellen Antrags erklaert der stellvertretende finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Reinhard Schultz:
31. März 2004 – 304 - Die Fraktionen des Deutschen Bundestages haben sich geeinigt, einen gemeinsamen Antrag zu den internationalen Verhandlungen, die zu einem Verhaltenskodex fuer Rating-Agenturen fuehren sollen, einzubringen. Durch diesen Antrag sollen die deutschen Interessen bei den Verhandlungen gestaerkt werden, die zurzeit auf der Ebene der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehoerden (IOSCO) gefuehrt werden.
Die oft von interessierten Kreisen aufgestellte Behauptung, der Markt sei der beste Regulierer fuer die Rating-Agenturen, hat sich nicht bewahrheitet. Beim Rating-Prozess sind Schwachstellen feststellbar. Dies ist auch bei einem Expertengespraech des Finanzausschusses Anfang Maerz deutlich geworden. Die Skandale um Enron und Worldcom, aber auch schon die Asienkrise von 1997 haben Schwaechen und Fehlurteile beim Rating gezeigt. Ebenso haben die ploetzlichen Herabstufungen deutscher Unternehmen aufgrund von Veraenderungen der Beurteilung der Pensionsrueckstellungen, deren Bilanzierung sich nicht geaendert hatte, die Rating-Agenturen in Begruendungszwang gebracht.
Der oft vermittelte Anschein, Rating-Agenturen seien quasi objektive Institutionen mit einer abgehobenen Unantastbarkeit, kann nicht aufrechterhalten werden. Rating-Agenturen stellen eine bemerkenswerte Zusammenballung wirtschaftlicher Macht dar, die fast nicht kontrolliert wird. Dieser Marktbereich ist zudem in hohem Masse konzentriert. Hoeherer Wettbewerb bei Rating-Agenturen ist wuenschenswert. Von ihren Urteilen kann die wirtschaftliche Situation von Unternehmen, wenn nicht deren Existenz abhaengen. Mangelnde Transparenz und Kontrolle des Rating-Prozesses koennen von daher nicht hingenommen werden.
Es ist ein Verhaltenskodex notwendig, um die Integritaet, Unabhaengigkeit und Transparenz des Rating zu verbessern. Dies ist auch eine Massnahme zur Stabilisierung der internationalen Finanzarchitektur. Schliesslich ist das Rating ein wesentlicher Bestandteil der Regulationsmechanismen der Finanzmaerkte. Schon im 10-Punkte-Programm der Bundesregierung zum Anlegerschutz und zur Unternehmensintegritaet war angekuendigt worden, dass die Verlaesslichkeit von Unternehmensbewertungen durch Rating-Agenturen sichergestellt werden muss.
Durch einen Verhaltenskodex muss Rating ueberpruefbarer werden. Professionelle Mindeststandards an Methodik, Verfahren und Sorgfaltspflicht muessen gelten. Die eigentlich selbstverstaendliche Qualitaetssicherung beim Rating muss gewaehrleistet werden. Potentielle Interessenkonflikte, die die Unabhaengigkeit der Rating-Urteile gefaehrden, muessen verhindert werden. Deutsche und europaeische Unternehmen duerfen nicht aufgrund von strukturellen und rechtlichen Unterschieden der Finanzsysteme und Unternehmenskultur bei den Beurteilungen durch die Ratings-Agenturen, die amerikanische Grundsaetze der Unternehmenskultur zu Grunde legen, benachteiligt werden. Die gesellschaftliche Verantwortung der Rating-Agenturen muss durch einen Verhaltenskodex gestaerkt werden.
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