(openPR) Frankfurt/Hessen. Ein offener Brief der Musikindustrie an die Bundeskanzlerin Frau Angela Merkel wurde in vielen Publikationen veröffentlicht. Unterschrieben von 200 mehr oder weniger prominenten Künstlern. Dieser Brief ist ein Marketingelement für den "Welttag des geistigen Eigentums", dem durch diese Aktion etwas mehr Aufmerksamkeit und Medienpräsenz zuteil werden soll.
"Als Komponisten und Musiker, Schriftsteller und Verleger, als Schauspieler und Filmemacher begrüßen wir es sehr, dass mit diesem Tag das Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums gestärkt werden soll." bekunden die Unterzeichner und untermauern diese Forderung mit abstrusen Zahlenspielen. Mehrere Millionen Menschen, so die 200 Kreativen, würden dem Staat und der Allgemeinheit Steuerausfälle und Arbeitsplatzverluste bescheren. Eine durchaus interessante Interpretation, wenn nur kurz darauf von der millardenschweren Telekommunikationsindustrie gesprochen wird, die schwer an den angeblich illegalen Downloads verdienen soll. Was genau das Anliegen der Unterzeichner ist, geht nicht aus dem Brief hervor, aber das Verhalten der Musik- und Filmindustrie der jüngeren Geschichte spricht Bände: Massenabmahnungen, Bemühen um verfassungswidrige Auskunftsansprüche, Kriminalisierung der Schulhöfe, Belastung durch Kopierschutz und DRM (legal gekaufte CDs sind nicht abspielbar).
"Der Welttag des geistigen Eigentums ist genaugenommen der Welttag der geistigen Einfalt. Dieser Tag macht deutlich, wie sehr die Lobbyorganisationen Meinungen manipulieren und die Politik unter Druck setzen. Es stehen diesen 200 Künstlern, die ihre Verträge mit der Musikindustrie gemacht haben, 100.000 Künstler gegenüber, die das Internet und die freie Verbreitung ihrer Werke nutzen und ohne die Musikindustrie ihr Geld verdienen. Die Musikindustrie verliert nicht nur Kunden, die sie systematisch kriminalisiert, sondern auch ihre eigentliche Einnahmequelle: Die Künstler selbst. Mehr und mehr verzichten Musiker auf die Knebelverträge der Musikindustrie und vermarkten sich erfolgreich selber." so Thorsten Wirth von der Piratenpartei Hessen zu der Aktion der Musikindustrie. "Aber es sind noch ganz andere Auswüchse von verfehlter Urheberrechtspolitik zu bemängeln. So behindert die 2. Urheberrechtsnovelle die Versorgung von Studenten, Schülern und Wissenschaftlern mit Kopien wissenschaftlicher Arbeiten auf elektronischem Weg. Die Kopien müssen nun mit der Post oder via Fax gesendet werden was sie naturgemäss erheblich verteuert." so Wirth weiter.
"Zur Zeit erleben Millionen Nutzer wieder, dass DRM für sie kein Segen, sondern ein Fluch ist." so Thorsten Wirth, Vorsitzender der Piratenpartei Hessen. "Microsoft beschließt, einen DRM-Server abzuschalten. Als Folge wird in Zukunft allen ehemaligen Kunden der Zugriff auf ihr Eigentum verwehrt sein, sobald sie sich neue Computer anschaffen." Da sich die Kopierbarkeit von digital vorliegenden Werken technisch nicht sinnvoll einschränken lässt, und die flächendeckende Durchsetzung von Verboten einen unzumutbaren Eingriff in die Privatsphäre bedeutet, sollten die Chancen der allgemeinen Verfügbarkeit von Werken erkannt und genutzt werden. Viele Künstler gehen bereits erfolgreich neue (alte) Wege. "Während auf der einen Seite die Downloadzahlen steigen, besuchen auch immer mehr Menschen Konzerte, Theateraufführungen und Auftritte von Comedians, da sie das 'Konservenerlebnis' der digitalen Reproduktion nicht reizt. Hierbei hat sich gerade die Möglichkeit des 'kostenlosen Antestens' zu einem rasanten Werbemechanismus entwickelt."
Die Piratenpartei fordert, das nichtkommerzielle Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur zu legalisieren, sondern explizit zu fördern, um die allgemeine Verfügbarkeit von Information, Wissen und Kultur zu verbessern.