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Projektmanagement vor 4500 Jahren

28.10.202518:48 UhrWissenschaft, Forschung, Bildung

(openPR)

Projektmanagement vor 4500 Jahren

Gizeh-Plateau – um 2500 v. Chr. wurde nahe dem heutigen Kairo das größte Projekt der damaligen Zeit begonnen, der Bau der Cheopspyramide. Sie ist das über alle Zeiten herausragende Glanzstück frühester bautechnischer Begabung und Ingenieurfähigkeit.

Das aus 2,6 Mio. Kubikmetern Quadermauerwerk gebaute Königsgrab ragt über 146 Meter in den Himmel, war nicht nur ein architektonisches Meisterwerk, sondern auch ein logistisches Großprojekt, das modernem Projektmanagement erstaunlich nahekommt.

In keiner Kultur sind der Tod und der Glaube an das Weiterleben im Jenseits so prägende Elemente wie in der Anschauung der Ägypter. Ihr Denken und Handeln wurden von der Sorge um das Leben nach dem Tod beherrscht. Der König und hohe Beamte sorgten daher frühzeitig für die Anlage ihrer Gräber, ohne dass dadurch die Lebensfreude in ihrem irdischen Dasein beeinträchtigt wurde.

Cheops, der den Bau der größten Pyramide Ägyptens beauftragte, bestieg den Thron wahrscheinlich als etwa Zwanzigjähriger und mit dem Bau seiner Pyramide wurde unverzüglich begonnen.

Projektorganisation und Planung

Die Arbeiten wurden von einem Wesir beaufsichtigt, einem Hofbeamten und Repräsentanten des Königs. Er nahm die Interessen des Königs wahr. Aufgrund seines elitären Standes wird er kaum über erlernte Erfahrungen im Bauhandwerk verfügt haben und übte daher lediglich eine überwachende Tätigkeit aus.

Die praktische Umsetzung dieser Bauaufgaben war nur durch eine hierarchisch strukturierte Organisation des Baubetriebs effizient möglich. Ihr stand eine fachlich spezialisierte, erfahrene Bauleitung vor. Sie musste sich an einem vom König genehmigten und bautechnisch machbaren Gesamtkonzept orientieren. Diese Vorgaben waren von einer Handwerkerschaft umzusetzen, die über praktische Erfahrungen in verschiedenen Berufen verfügte.

Es ist schwer vorstellbar, dass bei solchen Bauaufgaben Unterdrückung oder Gewalt angewandt wurde. Die oft gefährliche Arbeit kann vielmehr als die Erfüllung einer Art spiritueller Pflicht aufgefasst worden sein, am Bau einer für die Ewigkeit und damit aus Stein gebauten Grabstätte für den Gottkönig mitzuwirken. Er sollte im Jenseits Fürsprecher bei den Göttern sein, auf deren Wohlwollen die Menschen glaubten, angewiesen zu sein.

Die Wahl des Bauplatzes für das Grabmonument hatte größte symbolische Bedeutung. Es kam nur die Lage am Westufer des Nil in Betracht, denn nach der mythologischen Bedeutung befand sich dort, wo die Sonne hinter dem Horizont versinkt, das Reich der Toten.

Erhaben auf dem Felsplateau des Randgebirges, das die Flussoase des Nil begrenzt, bot sich bei Gizeh ein Platz für eine weithin sichtbare Pyramide als Machtsymbol. Das Grabmonument des Cheops ist dort das erste in dieser exponierten Lage.

Dieses Areal hatte darüber hinaus zwei wichtige baupraktische Vorteile:

Die Pyramide konnte auf felsigem Untergrund errichtet werden und eine vorhandene Felskuppe war in den Pyramidenkörper einzubeziehen, wodurch sich das Volumen des herzustellenden Quadermauerwerks verringerte.

Für den kosmischen Bezug war bei der Planung essenziell, dass die Seitenflächen der Pyramide nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet wurden.

Eine zentrale Funktion im Baubetrieb hatten die Schreiber. In einem Volk von Analphabeten waren sie die einzigen, die lesen und schreiben konnten und dadurch über alle Vorgänge unterrichtet waren. Sie verfassten Vereinbarungen, machten Abrechnungen, führten Bestandslisten und beaufsichtigten diese Vorgänge. Auch die Grundregeln der Mathematik sowie das Berechnen von Flächen und Volumina waren ihnen geläufig.

Da sie für das Militärwesen die Rekrutierungen organisierten, konnten sie im Baubetrieb sowohl beim Personalbedarf und der Verteilung der Beschäftigten als auch bei der Beschaffung und dem Verbrauch von Baustoffen, Materialen, Werkzeugen und der Verteilung von Naturalien als Sold für die notwendige Übersicht sorgen.

Gerade bei einer langen Bauzeit mussten bis ins Detail alle relevanten Angaben schriftlich fixiert sein. Dazu zählten die Abmessungen des Bauwerks, das Raumprogramm für Gänge und Kammern, ihre Anordnung, die unterschiedlichen Gesteinsarten und anderes mehr.

Besonders wichtig war die Festlegung des einheitlichen Längenmaßes der „Königselle“.

Bauzeit

Es wird angenommen, dass die Errichtung der Cheopspyramide innerhalb von 23 Jahren erfolgte, was der Regierungszeit des König Cheops entspricht. Weil Grabmonumente im Alten Ägypten unmittelbar nach der Thronbesteigung eines Königs beauftragt wurden und er die Fertigstellung noch erleben sollte, standen die Bauabläufe von Anfang an unter einem konkreten Zeitdruck. Dies erforderte bei der technischen Umsetzung einen leistungsstarken Baubetrieb, eine effektive Organisation der Arbeiten sowie eine geeignete Infrastruktur mit Baustraßen, Bootsländen, Werkstätten, Wohn- und Baustofflagern.

Baustoffbeschaffung und Logistik

Neben der Pyramidenbaustelle gab es teilweise weit voneinander entfernte zusätzliche Betriebsstätten. In den 400 m südlich der Pyramide gelegenen Kalksteinbrüchen wurden die Quader des Kernmauerwerks gebrochen. Bei Tura, 20 km stromaufwärts am östlichen Nilufer, gewann man die Quader des strahlend weißen Kalksteins für das Verkleidungs-mauerwerk. Der hochwertige Granit für die Steinbalken der Deckenkonstruktionen und Kammerwände kam per Schiff von den Steinbrüchen des 800 km stromaufwärts gelegenen Assuan. Bauholz wurde aus dem heutigen Libanon an die Baustelle geliefert.

Arbeitskräfte und Organisation

Die Kolonnen der Steinmetze, Zimmerleute, Schmiede und Transportarbeiter waren die bestausgebildeten Fachleute. Diese Berufsgruppen werden in Abhängigkeit der Position in der Arbeitsstruktur und des verantworteten Bereichs in Meister, Vorarbeiter, Facharbeiter und Bauhelfer ihres jeweiligen Fachs gegliedert gewesen sein. Sie bildeten das Stammpersonal, waren durchgängig auf der Baustelle beschäftigt und prägten den Baustellenbetrieb. Für ihre unterschiedlichen Tätigkeiten mussten sie Menschen, die in ihrem Alltag meist Bauern oder Hirten waren, als Helfer anleiten.

Bei der Vielzahl der für den Pyramidenbau Tätigen war es nicht möglich, dass sich der Einzelne selbst mit landwirtschaftlich erzeugten Nahrungsmitteln versorgen konnte. Daher wurde das Arbeiterheer mit den auf den Domänen des Königs produzierten Erzeugnisse verpflegt.

Als Grundnahrungsmittel gab es Brot, das aus Gerste und Emmer gebacken wurde, Speisen aus Mehl sowie Fisch. Auch Bier war ein wichtiges Lebensmittel. Fleisch von Ziegen, Schafen und Rindern wird wegen der kurzen Haltbarkeit weniger verzehrt worden sein. Auch wurden Tauben und Gänse gegessen. Für die Zubereitung von Speisen gab es Öle und Fette. Feldfrüchte waren Zwiebeln, Lauch, Knoblauch, Gurken und Melonen, Datteln, Granatäpfel, Feigen und Trauben.

Damit gilt der Bau der Cheopspyramide nicht nur als technisches Referenzprojekt, sondern auch als frühes Beispiel effektiven Personalmanagements.

Bauablauf

Bei Baubeginn war ein theoretisches und praktisches Erfahrungswissen vorhanden, das über einen Zeitraum von ca. 150 Jahren bei der Errichtung von vier deutlich kleineren Vorgängerpyramiden entstand. Erkenntnisse wurden dabei empirisch durch „Versuch und Irrtum“ gewonnen und an nachfolgende Generationen von Handwerkern weitergegeben.

Die Transporte der Bausteine über den Land- und Wasserweg und das Versetzen in der Pyramide waren ohne die Hilfe von Hebezeugen noch nie da gewesene Herausforderungen, die eine ausgeklügelte Organisation des Baubetriebs erforderten.

Um die Einbaustellen jedes Quaders und Steinbalkens zu erreichen, kam nur eine moderat ansteigende spiralförmige Rampe in Betracht. Sie wurde auf einer die Pyramide umgebenden Sandschüttung angelegt. Die Bauteile beförderte man auf Holzschlitten, die Zugmannschaften bzw. Ochsengespanne über die Rampe in die Höhe zogen.

Die im Baubetrieb direkt aufeinander folgenden Leistungen waren die Gewinnung der Rohblöcke in den Steinbrüchen, deren Beförderung zur Baustelle, ihre Feinbearbeitung, die Transporte zu den Einbaustellen und das Versetzen. Dieser Ablauf bildete nach heutigem terminus technicus den „kritischen Pfad“, beeinflusste die Bauzeit direkt und musste störungsfrei eingehalten werden.

Vermessung

Eine hochentwickelte Vermessungstechnik und durchdachte Messgeräte ermöglichten, dass sich über dem Basisquadrat der Cheopspyramide mit etwa 230 m Seitenlänge die vier geraden Kanten in rd. 147 m Höhe in einem Punkt trafen.

Die erreichte Messgenauigkeit erforderte während des Baufortschritts eine regelmäßige Überprüfung der Vorgaben durch Kontrollmessungen qualifizierter Messtechniker. Sie führten Absteckungen von Bauachsen durch, stellten Gelände- und Bauwerkshöhen fest, richteten Höhenfestpunkte ein, gaben Bauwerksfluchten vor, machten Winkelmessungen und ermittelten Volumina von Baumassen.

Fazit

Der Bau der Cheopspyramide steht exemplarisch für die Verbindung von visionärer Zielsetzung, exakter Planung und effizienter Umsetzung. Sie ist ein Musterbeispiel für antikes Projektmanagement, das noch heute in seiner Organisationsleistung beeindruckt. Es zeigt, dass erfolgreiche Großvorhaben schon vor 4500 Jahren auf klarer Struktur, Koordination und technischer Fachkompetenz beruhten.

Im Vergleich zu heutigen Großprojekten in Deutschland, bei denen vorgesehene Bauzeiten eklatant überschritten werden und der damit verbundene volkswirtschaftliche Schaden Aufsehen erregend ist, wurde die Cheopspyramide mit schlichtester Technik in kurzer Zeit errichtet.

Literaturhinweis

Die Baugeschichte der Cheopspyramide – Genialität in der Einfachheit

© 2019 Joachim Sass

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand, Norderstedt

ISBN 978-3-7494-5838-7

EAN 9783749441907

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