(openPR) Drogen, Exzess, Musik. Hélio Oiticica lebte sein Leben auf der Überholspur. Der bedeutendste Künstler Brasiliens, der bereits 1980 im Alter von 42 Jahren verstarb, hat wie selbstverständlich unterschiedliche Felder der Kultur miteinander verbunden. Er ist der Vordenker der tropicália-Bewegung. Die Architektur der Favalas inspirierte ihn zu begehbaren Skulpturen. Kokain begleitete sein Ouevre, bis er das Pulver als Modedroge verdammte. Über 30 Jahre nach seinem Tod gilt es den Andy Warhol Brasiliens auch international zu entdecken.
Nur wenige Künstler können von sich behaupten, eine Kulturrevolution ausgelöst zu haben. Hélio Oiticica kann es: Ihm verdankt die Tropicália, die wohl wichtigste aus Südamerika kommende kulturelle Bewegung der letzten 50 Jahre, ihren Namen. Seine Installation „Tropicália“, der Nachbau eines Favela-Labyrinths, den der brasilianische Künstler 1967 in einer Ausstellung am Museum für moderne Kunst in Rio präsentierte, war es nämlich, die den Popstar Caetano Veloso dazu inspirierte, eines seiner Lieder nach dem Kunstwerk zu benennen. Oiticica und Veloso traten so aus Kunst und Musik die polemische Kulturbewegung Tropicália los, die in einer wilden Explosion von Kreativität einen libertären Gegenentwurf zur repressiven Politik der Militärdiktatur markierte.
In seinem Dokumentarfilm „Hélio Oiticica“ – der für das Hauptprogramm des Forums der Berlinale ausgewählt wurde – spürt Cesar Oiticica Filho, Kurator der Nachlassverwaltung und Neffe Oiticicas, dem Leben und Werk des wohl einflussreichsten bildenden Künstlers Brasiliens nach.
Oiticica Filho lässt uns in der Dokumentation gewissermaßen durch die Augen seines Onkels auf dessen Leben und Werk blicken. In Stellungnahmen, Kommentaren und historischen Interviews tritt der 1980 verstorbene berühmte Künstler gleichsam in einen direkten Dialog mit dem Zuschauer. Illustriert durch eine Fülle von unveröffentlichtem Archivmaterial, erklärt Hélio Oiticica seine Ideen, die das Denken einer ganzen Epoche beeinflusst haben und noch Geltung für unsere zeitgenössische Kunst besitzen.
„Ich freue mich sehr, dass der Film für das Forum ausgewählt wurde“, sagt Regisseur Cesar Oiticica Filho. „Ich finde, dass ,Hélio Oiticica‘ auf die Berlinale gehört, weil das Festival offen dafür ist, den Film plattformübergreifend und transmedial zu präsentieren. Konzepte, die nun auf europäischen Festivals vorkommen, mit denen aber bereits Hélio Oiticica gearbeitet hat, wie etwa in ,Cosmococa'".
In Oiticicas „Cosmococa“, einer multimedialen Installation von 1973, wird das Publikum sinnlich eintauchen können, da das Werk für einen Abend in einem beheizten Pool des Liquidroms vom Filmemacher Neville D'Almeida, dem Co-Schöpfer der Installation, aufgebaut wird. So werden die „Quasi-Cinemas“ aus Bildern, Farben und Tönen 40 Jahre nach ihrer Erstellung zum ersten Mal auf einem Filmfestival gezeigt werden.
Oiticica, der im Alter von nur 42 Jahren starb, ist ein Schwerpunkt im Programm des „8. Forum Expanded“ gewidmet, der Plattform, die sich mit den Grenzgängern zwischen Kunst und Kino beschäftigt. Max Jorge Hinderer Cruz, Co-Kurator des Schwerpunkts, präsentiert eine Auswahl von historischem Super 8-Filmmaterials mit und von Oiticica, dazu gibt es eine Podiumsdiskussion mit der Kunsthistorikerin Sabeth Buchman.
Cesar Oiticica Filhos umfangreich recherchierter Dokumentarfilm will den Betrachter dazu verführen, der Entwicklung des Künstlers in Bild und Ton zu folgen: Hélio Oiticicas erste Zusammenarbeit mit der Künstlergruppe Frente, die Entstehung des Neo-Konkretismus, seine Erschaffung von Boliden (Feuerbällen), Penetráveis (begehbare Installationen) und Parangolés (Tücher, die ihre Träger in eine Art lebende Skulptur verwandeln).
Seine Auseinandersetzung mit der Tropicália ist natürlich Thema und die Einflüsse seiner Aufenthalte in London (1969) und vor allem in New York (1970 bis 1978) auf seine Kunst. Der Film zeigt auch wie entscheidend, seine Besuche in der Favela Mangueira in Rio waren, von deren Kosmos Oiticicas Arbeit ganz entscheidende Impulse bekommen sollte, angefangen von der Architektur der Slumhütten aus Bauabfällen bis zur Samba der Karnevalsumzüge, für die er aus Stoffstücken und Planen erstmals seine Parangolés entwickelte.
FORUM:
Hélio Oiticica (Hauptprogramm)
Cesar Oiticica Filho, Brasilien 2013, 35mm, 94 min.
Termine:
10.02 13:30 CinemaxX 6 OmEU (P)
11.2. 16:45 Delphi Filmpalast EN
12.2. 22:00 CinemaxX 4 EN
14.2. 17:30 Arsenal EN
Forum Expanded Austellungen)
vom 06.-24.2.2013
COSMOCOCA Programa in Progress
Hélio Oiticica/Neville d’Almeida
CC6 Coke’s Head Soup
Hélio Oiticica/Thomas Valentin
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte: www.heliooiticica.org.br
Der Regisseur Cesar Oiticica steht für Interviews zur Verfügung.











