(openPR) (Hassendorf/Niedersachsen). Bei Wind und Wetter macht sich Siegfrid Abrell von seinem Hof in Hassendorf auf den Weg zu seinen Auftraggebern - Reiter, Pferdebesitzer die meist im Umkreis von 50 Kilometer wohnen. Der ausgebildete Trainer - die genaue Berufsbezeichnung lautet Bereiter FN - hat sich vor einem Jahr mit seinem Angebot: Mobiler Reitunterricht und Reitpferdeausbildung selbstständig gemacht. Seine Klienten haben ihre Pferde nicht immer bei einem Reitverein untergestellt, der Großteil ist privat organisiert. "Meist sind es Reiter, die für sich allein üben. Keiner schaut nach ihnen oder ihrem Pferd" sagt der Endvierziger. Seinen Arbeitsschwerpunkt sieht der gebürtige Schwabe, der eine zweite Ausbildung zum Dipl. Psychiatriepfleger gemacht hat, in der Beschäftigung mit so genannten Problempferden beziehungsweise mit "schwierigen" Reitern. Bei dem Ausdruck "Problempferd" hakt er direkt ein: "Problempferde gibt es eigentlich nicht. Es sind die Reiter, die ein Pferd dazu machen."
Um Probleme welcher Art handelt es sich?
"Die Schwierigkeit liegt in der Verständigung zwischen Pferd und Reiter. Das kann sich in vielfältiger Weise äußern, z. B. dass ein Pferd sich nicht durchs Genick reiten lässt oder dass es nicht korrekt vorwärts/abwärts geht - letztendlich geht es immer darum, dass das Pferd nicht so will wie der Reiter es möchte." Der Grund für die Probleme sei in 90 Prozent aller Fälle der gleiche, so Abrell. "Kein Pferd kommt als fertiges Reitpferd auf die Welt. Und es wird ihm bei der Ausbildung oft nicht die Zeit gegeben, die es benötigt." Und er berichtet von Ausbildern und Reitern, die entsprechend den Kundenwünschen oder ihren eigenen Wünschen, möglichst schnell Erfolge vorweisen wollen. Erfolge, die in der Regel nicht von langer Dauer seien.
Siegfrid Abrell führt dazu aus: "Allen Unkenrufen zum Trotz führt in der klassischen Reitpferdeausbildung kein Weg an der Skala der Ausbildung vorbei:
Takt - Losgelassenheit - Anlehnung - Schwung - Geraderichten - Versammlung. Das sind die Meilensteine bei der Ausbildung. Vor allem dann, wenn das Pferd für den Sport ausgebildet werden soll. Aber auch den Reiterinnen und Reitern, die behaupten, dass sie kein Dressur- oder Springpferd, sondern nur einen Freizeitkumpel haben möchten, sei ins Stammbuch geschrieben: Diese Pferde haben den gleichen Muskel- und Bewegungsapparat, tragen das gleiche Reitergewicht und habe dieselbe Lastenverteilung wie ein Sportpferd. Also haben sie auch den gleichen Anspruch auf eine solide Ausbildung, um den Erfordernissen als Reitpferd gerecht werden zu können. Und um gesund und zufrieden zu bleiben." Außerdem weist Abrell daraufhin, dass die Grundlagen der dressurmäßigen Arbeit nicht mit Dressur im herkömmlichen Sinne zu vergleichen seien. "Unsere Hunde können wir dressieren, unsere Pferde aber gymnastizieren wir."
Auch andere Gründe spielen eine Rolle bei Schwierigkeiten zwischen Pferd und Reiter. Zum Beispiel, dass die Berufsbezeichnung des Reitlehrers oder Bereiters nicht geschützt ist und jeder Reitunterricht geben darf, der meint, etwas vom Reiten zu verstehen. "Dadurch werden viele Fehler gemacht, die zu revidieren oftmals Zeit und Geduld erfordern", ärgert sich Siegfrid Abrell, der dies als ein "hausgemachtes Problem" sieht. "Es gibt schon bei ausgebildeten Reitlehrern zig verschiedene Ansichten. Noch schlimmer ist es, wenn sich dann auch noch die nicht Ausgebildeten darunter mischen und ihre einmal gemachten Erfahrungen auf jedes Pferd und jeden Reiter anwenden. Jedes Pferd ist ein Individuum, ebenso wie jeder Reiter. Hat man zehn Pferde und zehn Reiter, ergibt das schon 20 Individuen. Da kann man nicht einfach nach Schema F vorgehen."
Abrell selbst hat seine Berufsausbildung zum Bereiter (FN), dem heutigen Pferdewirt mit Schwerpunkt Reiten, in den 70er Jahren absolviert. Zu seinen großen Vorbildern gehören, um nur einige zu nennen, sein ehemaliger Ausbilder Manfred Meier, der gerade verstorbene Egon v. Neindorff oder Waldemar Seunig und Hubertus Schmidt.
Wo auch immer Probleme zwischen Pferd und Reiter auftauchen, fühlt sich Abrell berufen. Er ist mehr Idealist als Unternehmer.
"Wir brauchen jemanden, der geduldig ist und Nerven hat wie Drahtseile." Anfragen wie diese machen ihn ganz kribbelig vor Vorfreude - da fühlt er sich gefordert.
Für Kurse und Schulungen reist er auch durch das gesamte Bundesgebiet. "Das hält sich jedoch in Grenzen, denn nur wenige kennen mich", äußert sich Abrell bescheiden. Wer ihn jedoch bei der Arbeit erlebt hat, wird sich aus verschiedenen Gründen an ihn erinnern. Der gebürtige Schwabe fällt im hohen Norden nicht nur durch seinen Dialekt auf, auch seine unkonventionelle Art im Umgang mit Pferd und Reiter bringen den einen oder anderen schon mal zum Schmunzeln. Er selbst bezeichnet sich als Handwerker. Dabei ist Abrell ein Ausbilder mit Idealismus; einer, der mit dem ganzen Herzen dabei ist. Schnelle Erfolge und schnelles Geld sind nicht sein Metier.