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Konkurrenz oder Kooperation

19.12.202513:17 UhrWissenschaft, Forschung, Bildung
Bild: Konkurrenz oder Kooperation

(openPR) Wie entscheiden Menschen in Alltagssituationen, ob sie zusammenarbeiten oder miteinander konkurrieren – etwa, wenn zwei Personen gleichzeitig nach einem Gegenstand greifen oder gemeinsam eine Aufgabe lösen? Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPI), der Universität Göttingen und des Deutschen Primatenzentrums – Leibniz-Institut für Primatenforschung (DPZ) zeigt, dass solche Entscheidungen nicht bereits im Voraus getroffen werden, sondern sich im laufenden Geschehen verändern. Das Forschungsteam entwickelte dafür ein neuartige Versuchsumgebung, die soziale Interaktion in Echtzeit erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass Personen in Teams stabile kooperative, gemischte oder wettbewerbsorientierte Rollen ausbilden – und dass diese Muster aus dem Zusammenspiel sozialer Motive, Bewegungsdynamik und früherer Erfahrungen entstehen.

Menschen verhandeln ständig – oft ohne es zu merken – wie sehr sie kooperieren oder konkurrieren sollen. Im Gegensatz zu klassischen Laborspielen, bei denen die Teilnehmenden im Voraus zwischen festgelegten Optionen wählen müssen, entwickeln sich Interaktionen im realen Leben dynamisch, wobei das Timing der Bewegungen und subtile Signale das Sozialverhalten von einem Moment zum anderen prägen.

Simulation natürlichen Sozialverhaltens
Ein gemeinsames Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPI-DS), der Universität Göttingen und des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) hat ein neuartiges „Kooperations-Wettbewerbs-Spiel“ entwickelt, das die natürliche Komplexität des Verhaltens erfasst: Zwei Personen sitzen sich gegenüber und bewegen jeweils einen Punkt über einen transparenten Bildschirm hin zu verschiedenen Zielen. Dabei entscheiden sie im selben Moment, ob sie Ziele allein ansteuern und maximalen Gewinn erhalten oder ob sie sich kooperativ verhalten, so dass beide Spieler einen Gewinn erhalten. Insgesamt nahmen 58 Zweierteams an der Studie teil. Jede Gruppe spielte rund 40 Minuten. Obwohl die Teilnehmenden keine Hinweise zur Zusammenarbeit oder Konkurrenz erhielten, zeigte sich, dass jedes Team eines von drei stabilen Verhaltensmustern annahm: dauerhafte Kooperation, dauerhafte Konkurrenz oder ein flexibler Wechsel zwischen beiden. Diese Strategien blieben über die Zeit erstaunlich konstant.

„Uns hat überrascht, wie stabil die Strategien waren und wie schnell sie sich bildeten“, sagt Darius Lewen, Wissenschaftler am MPI für Dynamik und Selbstorganisation und Erstautor der Studie. „Obwohl beide Personen ihre Entscheidungen jederzeit ändern konnten, fanden die meisten Teams nach wenigen Minuten einen gemeinsamen Modus, der über lange Zeit bestehen blieb.“ Die Studie wurde am Deutschen Primatenzentrum an der Dyadischen Interaktionsplattform durchgeführt, einem neuartigen Versuchsaufbau, der für die Untersuchung sozialer Interaktionen bei Menschen und nichtmenschlichen Primaten entwickelt wurde.

Was beeinflusst die Entscheidung?
Ein Großteil der Unterschiede zwischen den Teams lässt sich durch Weglänge und Bewegungsgeschwindigkeit erklären. Das bedeutet: Menschen entscheiden häufig sehr pragmatisch – welches Ziel ist am nächsten? Wo lohnt sich der Aufwand? Gleichzeitig fanden die Forschenden deutliche Hinweise auf soziale Faktoren. Personen konnten sich gegenseitig durch ihre Bewegungen Signale geben, zum Beispiel indem eine Person zum gemeinsamen Ziel „einlud“. Diese Einladung wurde in 88 Prozent der Fälle angenommen – selbst wenn das näher gelegene Einzelziel mehr Geld eingebracht hätte.

Warum kooperieren, wenn Wettbewerb mehr einbringt?
Eine weitere wichtige Erkenntnis betrifft die Kosten der Kooperation. Bei vielen Teams war ein Partner schneller oder geschickter, was bedeutet, dass dieser Spieler insgesamt mehr hätte verdienen können, wenn er sich wettbewerbsorientiert verhalten hätte. Dennoch entschieden sich viele Teams für die Kooperation. „Dies zeigt, dass prosoziale Tendenzen individuelle Vorteile überwiegen können“, erklärt Viola Priesemann, Neurowissenschaftlerin am MPI für Dynamik und Selbstorganisation. „Viele, aber nicht alle Menschen sind bereit, Kosten in Kauf zu nehmen, um die gegenseitige Koordination aufrechtzuerhalten – etwas, das wir auch in breiteren sozialen Kontexten beobachten können.“

Soziale Entscheidungen vorhersagen
Um zu verstehen, welche Faktoren Entscheidungen am stärksten beeinflussen, entwickelten die Wissenschaftler*innen ein Computermodell. Es kombinierte Faktoren, die das Verhalten in der realen Welt widerspiegeln: die Abstände zu den Zielen, die Geschwindigkeit der beiden Personen, vorherige Entscheidungen, und subtile soziale Signale zwischen den Partnern. Damit erreichte das Modell eine Vorhersagegenauigkeit von 87 Prozent. Besonders hilfreich waren Informationen darüber, was im vorherigen Spielzug passiert war – und wie klar die soziale Situation war. Bei hoher Unsicherheit kam es häufiger zu ungeplanten Kollisionen oder zum gleichzeitigen Ansteuern verschiedener Ziele.

Was bedeuten die Ergebnisse?
Das Projekt zeigt: Selbst in einfachen, videogestützten Aufgaben spiegeln sich wichtige soziale Grundmuster menschlichen Miteinanders wider. Kooperation ist oft stabil, selbst wenn sie nicht den größten persönlichen Vorteil bringt. Dies könnte erklären, warum Menschen auch in der Realität häufig bereit sind, Aufwand zu teilen oder Rücksicht zu nehmen, obwohl sie dadurch weniger profitieren. Für Anwendungen in der Forschung bieten die Ergebnisse neue Ansatzpunkte für Experimente zur sozialen Interaktion, etwa in der Psychologie, Neurowissenschaft oder Robotik. Künftige Studien sollen untersuchen, ob Persönlichkeitsmerkmale, Startbedingungen oder frühere Erfahrungen das Verhalten besonders prägen.

„Unser Ansatz ist für die Sozialpsychologie, die Kognitionswissenschaft und die Neurowissenschaft von großer Relevanz, da er sich mit Kernaspekten des adaptiven Verhaltens befasst: den Mechanismen der Abwägung zwischen Kooperation und Konkurrenz sowie den Kompromissen zwischen Gruppenerfolg und individuellem Gewinn – Themen von höchster gesellschaftlicher Bedeutung“, sagt Igor Kagan, Gruppenleiter am Deutschen Primatenzentrum.

Die Deutsches Primatenzentrum GmbH (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung betreibt biologische und biomedizinische Forschung über und mit Primaten auf den Gebieten der Infektionsforschung, der Neurowissenschaften und der Primatenbiologie. Das DPZ unterhält außerdem fünf Freilandstationen in den Tropen und ist Referenz- und Servicezentrum für alle Belange der Primatenforschung. Das DPZ ist eine der 96 Forschungs- und Infrastruktureinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft.

wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Igor Kagan
Deutsches Primatenzentrum
Tel.: +59 551 3851-332
E-Mail: E-Mail

Prof. Dr. Viola Priesemann
MPI für Dynamik und Selbstorganisation
Tel.: +49 551 5176-201
E-Mail: E-Mail

Originalpublikation:
Lewen D, Ivanov V, Dehning J, Ruß J, Fischer A, Penke L, Schacht A, Gail A, Priesemann V, Kagan I (2025). Continuous dynamics of cooperation and competition in social decision-making. Communications Psychology 3:170. https://www.nature.com/articles/s44271-025-00348-w

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