(openPR) Bremen. Die Coronavirus-Pandemie stellt auch Radiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie und Medizinphysik vor neue Herausforderungen. Diese betrifft die Arbeit in Klinik und Praxis, als neue Herausforderung die Arbeit im Home-Office, der Umgang mit infizierten Patienten oder neue Fragen zum Vollzug des Strahlenschutzrechtes wie zum Beispiel die Aktualisierung der Fachkunde. Fachkongresse sind ausgefallen bzw. wurden online abgehalten, auch bei Strahlenschutzkursen wird die Online-Durchführung diskutiert und teilweise umgesetzt. Die zuständigen Ministerien und Fachgesellschaften haben bereits im Frühjahr das Thema „Corona-Pandemie“ aufgegriffen und Stellung dazu genommen. Ende Oktober hat der Fachverband für Strahlenschutz e.V. die Übersicht über Mitteilungen und Regelungen vom Bund und von den Ländern sowie über Regelungen aus den Nachbarstaaten Schweiz und Österreich aktualisiert.
Beurteilungs- und Ermessensspielraum
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) hat sich mit Schreiben vom 24.03.2020 zum Vollzug des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung an die für die Umsetzung des Strahlenschutzrechtes zuständigen obersten Landesbehörden gewandt. Das Ministerium bittet darum, Beurteilungs- und Ermessensspielräume im Strahlenschutzrecht unter Wahrung der Schutzziele im Strahlenschutz zu nutzen. Beispielhaft wird auf die Frage des Personalbedarfs oder der Durchführung einer Strahlentherapie mit infizierten Patienten eingegangen.
Fachkunde im Strahlenschutz
Mit Schreiben vom 25.03.2020 wandte sich das BMU an die obersten Länderbehörden und nahm zunächst im Zusammenhang mit möglichen Personalengpässen zur Frage der rechtfertigenden Indikation und Fachkunde im Strahlenschutz Stellung. Um zu verhindern, dass dringend notwendige Untersuchungen aufgrund des Mangels an Ärzten mit entsprechender Fachkunde im Strahlenschutz nicht durchgeführt werden können, sei der Abschluss des Grundkurses im Strahlenschutz sowie ca. die Hälfte der geforderten praktischen Zeit ausreichend. Weitere Stellungnahmen befassen sich mit der Überwachung des beruflich strahlenexponierten Personals sowie weiteren Aspekten der Umsetzung des Strahlenschutzrechtes.
Die sogenannte Fachkunde im Strahlenschutz, die Voraussetzung für die berufliche Tätigkeit für Ärzte, medizinisch-technische Radiologie-Assistenten (MTRA), medizinische Fachangestellte (MFA) und Medizinphysik-Experten (MPE) ist, muss alle fünf Jahre aktualisiert werden. Dies stellt eine besondere Herausforderung an die Umsetzung des Strahlenschutzrechts und die Ausrechterhaltung des medizinischen Betriebes dar, da Strahlenschutzkurse aufgrund entsprechender behördlicher Pandemie-Anordnungen abgesagt worden sind oder auch in Zukunft ausfallen können. Mit Schreiben vom 01.04.2020 greift das BMU die Vorschläge mehrerer Bundesländer auf, eine Überschreitung von Fristen zur Fachkundeaktualisierung im Zusammenhang mit der Corona-Krise übergangsweise zu dulden und Präsenzteile durch „virtuelle Klassenzimmer“ zu ersetzen. Das BMU regt an, Erfahrungen und Erkenntnisse durch Online-Kurse und Online-Unterweisungen für Vorschläge für eine dauerhafte Vorgehensweise zu nutzen.
Die Umsetzung des Strahlenschutzrechts fällt in die Zuständigkeit der Bundesländer. Eine aktuelle Zusammenstellung der Stellungnahmen der Bundesländer findet man z.B. auf der Homepage des Fachverbandes Strahlenschutz e.V. .
Diagnostik und Therapie unter Corona-Bedingungen
Die Fachverbände für die Fachbereiche Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie bzw. Radioonkologie haben Empfehlungen für die Praxis herausgegeben, die auf deren Homepages zu finden sind. Dazu gehören Regelungen zur Informationserhebung bezüglich Covid-19, möglicher Kontakte sowie Testung auf eine mögliche Covid-19 Infektion vor der Diagnostik bzw. Therapie. Diese Empfehlungen werden unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes (RKI) gegeben. In allen Bereichen wird auf die Abstands-Regelung sowie das Tragen von Nasen-Mundschutz zum gegenseitigen Infektionsschutz und die Einhaltung von Hygienemaßnahmen hingewiesen. Bei auffälligen Befunden wird empfohlen, nuklearmedizinische Untersuchungen zu verschieben und eine weitere Abklärung zu prüfen. Die AG Thoraxdiagnostik der DRG weist im Falle eines negativen PCR Tests auf die unterstützende Computertomographie-Diagnostik hin.
In der Radioonkologie wird eine individuelle Risikoabwägung empfohlen. Krebspatienten sind anfälliger für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung, andererseits kann eine Verschiebung einer Therapie den Therapieerfolg in Frage stellen. In bestimmten Fällen wird auf die Möglichkeit der Umstellung des Therapieregimes oder des Fraktionierungsschemas hingewiesen. So sei es bei Patienten mit Prostatakarzinom möglich, der Strahlentherapie eine Hormontherapie voran zu stellen. Auch ein positiver Corona-Test eines Patienten bedeutet nicht das Ende einer radioonkologischen Therapie. Das weitere Vorgehen muss im Einzelfall abgeklärt werden.
Die drei Grundsätze im Strahlenschutz sind Rechtfertigung, Dosisbegrenzung und Optimierung. Für alle Bereiche, Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie, ist zu betonen, dass Vorgaben des Strahlenschutzgesetzes aufgrund dieser Grundsätze bereits zu einer Begrenzung des Infektionsrisikos beitragen. Dazu zählen Abstand zur Strahlenquelle, in diesem Fall der Patient, Tragen von Handschuhen, baulicher Strahlenschutz, Vorgaben auf Therapiestationen etc. .
Unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und Regeln im Strahlenschutz betreffend Personalausstattung, organisatorischer und technischer Vorgaben sowie Empfehlungen der Fachgesellschaften und des Robert-Koch-Institutes (RKI) zur Begrenzung des Infektionsrisikos kann ein patienten- und personalgerechter medizinischer Betrieb erfolgen.
Nützliche Links für die Praxis in Medizin und Strahlenschutz:
Fachverband Strahlenschutz e.V.
https://www.fs-ev.org/service/strahlenschutz-in-der-corona-krise
Deutsche Gesellschaft für Medizinische Physik e.V. (DGMP)
https://www.dgmp.de/de-DE/1178/covid-19-informationen-fuer-den-bereich-der-medizinischen-physik/
Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. (DGN) sowie Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner (BDN)
https://www.nuklearmedizin.de/leistungen/news/covid.php?navId=234
Deutsche Röntgengesellschaft e.V. (DRG)
https://www.drg.de/de-DE/5995/covid-19/
Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO)
https://www.degro.org/covid-19/












