(openPR) Stefan Lange, Geschäftsführender Gesellschafter der WDN GmbH, erklärt der zelt und co. Redaktion im Interview, warum die Wasserdichtigkeit in der technischen Konfektion ein immer größeres Thema geworden ist und wie realistisch die Erzeugung ist.
Redaktion: Warum hat die Bedeutung der wasserdichten Naht zugenommen?
Stefan Lange: War die wasserdichte Naht früher vorwiegend ein Thema im Zeltbau, bei aufblasbaren Formen und in der Funktionsbekleidung, so ist es heute auch ein wichtiger Punkt bei der Herstellung von Sonnenschutzanlagen im Outdoorbereich. Ob eine klassische Markise oder ein modernes Sonnensegel: der Kunde erwartet heute zunehmend einen Allwetterschutz und möchte auch noch bei leichtem Nieselregen seine Terrasse oder den überdachten Gartenbereich nutzen können. Dadurch hat das ganze Thema noch einmal an Bedeutung gewonnen.
Redaktion: Gibt es eine 100%-ige wasserdichte Naht?
Stefan Lange: Wenn eine 100-prozentige wasserdichte Naht gefordert wird, muss diese entweder durch textiles Schweißen oder thermisches Kleben erzeugt werden. Entsprechende Maschinen gibt es von verschiedenen Herstellern wie zum Beispiel Miller Weldmaster aus den USA. Eine genähte Naht müsste entsprechend nachträglich durch ein Nahtdichtband versiegelt werden.
Redaktion: Also gibt es keine wasserdichte „nur genähte“ Naht?
Stefan Lange: Nicht, wenn sie hundertprozentig dicht sein muss! Allerdings kann man viele Dinge richtig machen, um den Wasserdurchbruch auf ein Minimum zu reduzieren. Die hierfür wesentlichen Einflussfaktoren sind die Nadel, der Faden und die Nahtgeometrie.
Redaktion: Welcher dieser Faktoren hat denn die größte Auswirkung und was kann der Konfektionär konkret tun, um das bestmögliche Ergebnis zu erhalten?
SL: In Versuchen hat sich gezeigt, dass die größte Wassermenge durch die Kapillarwirkung des Nähgarns verursacht wird. Ähnlich wie bei einem Docht nimmt dabei der Faden auf der Oberseite die Flüssigkeit auf und gibt sie in dem Fadenknoten an den Unterfaden weiter. Irgendwann ist die Aufnahmekapazität des Unterfadens erreicht und das Wasser tropft an dem Nähfaden ab. Fäden aus besonders saugfähigem Material, wie zum Beispiel mit Baumwolle ummantelte Polyesterkerne, verstärken diesen Effekt. Eine gute Alternative sind Nähgarne mit einer wasserabweisenden Ausrüstung, so genannte „WR“ – Garne. Mit diesen wird die Kapillarwirkung komplett verhindert. Als Beispiel kann hier das Serafil WR von Amman genannt werden.
Redaktion: Das klingt logisch. Und die Nadel?
SL: Die Wahl der Nadel bestimmt die Größe und die Ausgestaltung des Nadelloches, durch das ja logischerweise auch Wasser eindringen kann. Hier gilt die Faustformel: „so dünn wie möglich, so dick wie nötig“. Je dünner die Nadel ist, desto kleiner ist auch das Nadelloch. Allerdings bestimmt auch die Nadelspitze ganz maßgeblich die Ausgestaltung des Nadeleinstiches. Wird zum Beispiel ein beschichtetes Material mit einer klassischen Rundspitzennadel Typ “R“ vernäht, so erfolgt ein Ausstanzeffekt, bei dem das Material auf der Unterseite aufplatzt. Dies vergrößert das Loch völlig unnötig. Besser wäre für diese Materialien eine Nadel mit einer kleinen Dreikantspitze wie zum Beispiel die „SD1“ - Nadel von Schmetz.
Redaktion: Ist damit denn schon alles getan?
SL: Noch nicht ganz! Die richtige Nadel und der beste Faden nützt nichts, wenn ich die Verbindungsnaht bezüglich der Nahtkonstruktion falsch gewählt habe. Die in der Praxis häufig zu findende „unechte“ Kappnaht, bei der die obere Lage umgebugt auf die glatte untere Lage aufgenäht wird, birgt immer auch die Gefahr des seitlichen Wasserdurchbruches. Hier würde ich stattdessen eine echte Doppelkappnaht empfehlen. Die ineinander geschlagenen Tuchenden bilden eine wirksame Wassersperre. Entsprechende Materialführungen, sogenannte „Doppelkapper“ erleichtern dabei die Arbeit enorm.
Redaktion: Haben sie noch einen weiteren Tipp?
SL: Wer wirklich alles unternehmen möchte um eine maximale Wirkung zu erzielen, der kann zusätzlich noch spezielles Nahtdichtband mit einnähen. Dabei wird durch die Aufwärtsbewegung der Nadel Dichtmaterial in das Nadelloch hineingezogen, was zu einer zusätzlichen Abdichtung des Einstichloches führt.
Die wasserdichte Naht - Alle Fakten auf einen Blick:
Nadel: so dünn wie möglich, so dick wie nötig! Kleine Dreikantschneidspitze z. B. Schmetz SD1
Garn: wasserabweisende Ausrüstung z. B. Amann Serafil WR
Nahtkonstruktion: Doppelkappnaht, ggf. mit entsprechender Materialführung
Hilfsmittel: spezielles Nahtdichtband, das mit eingenäht wird.