(openPR) Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung und dennoch aufgrund seiner manchmal vorübergehenden Natur oder Unmerklichkeit schwer zu erfassen. Die Forschung ist nun einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Die Preventicus GmbH aus Jena hat eine Methode entwickelt, die es ermöglicht, per Smartphone-Kamera und App Vorhofflimmern mit großer Zuverlässigkeit zu erkennen. Ihre Studie wurde am 1. Juli 2016 in der Fachzeitschrift „Europace“ veröffentlicht, dem offiziellen Journal der European Heart Rhythm Association im Verbund mit der European Society of Cardiology.
„Das Verfahren basiert auf der Analyse von Pulswellen, im weitesten Sinne vergleichbar mit der sogenannten Photoplethysmographie“, erläutert Dr. Thomas Hübner, Geschäftsführer des Unternehmens. „Die dafür notwendigen Sensoren stecken bereits in jedem Smartphone. Mithilfe der Kamera sowie signalanalytischen Methoden lässt sich aus dem Kamerasignal eine Pulskurve an der Fingerkuppe ableiten. Unsere hochgenauen Algorithmen ermöglichen, aus diesem Kamerasignal hochpräzise den Herzrhythmus zu analysieren.“
In Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Basel wurde eine Studie zur Anwendbarkeit dieser Technologie durchgeführt. An insgesamt 80 Probanden wurde untersucht, inwieweit eine Erkennung von Vorhofflimmern mit einem Standard-Smartphone möglich ist. Bei 40 Patienten lag ein bereits diagnostiziertes Vorhofflimmern vor, bei den 40 Kontrollpersonen ein regelmäßiger Sinusrhythmus. Ein Team von Jenaer Wissenschaftlern und Kardiologen aus Deutschland und der Schweiz werteten verschiedene Parameter der Pulswelle aus, welche die Variabilität des Herzrhythmus beschreiben. In der initialen prospektiven Validierung des Algorithmus wurden damit in einer zweiminütigen Messung bereits 90 Prozent aller Studienteilnehmer korrekt klassifiziert. Besonders durch eine Verlängerung der Messdauer auf fünf Minuten ließ sich die Genauigkeit noch weiter auf 95 Prozent steigern.
Andauernde klinische Untersuchungen validieren nun fortlaufend den Algorithmus, auch bei weiteren Herzrhythmusstörungen. So werden neben schwerwiegenden Störungen wie Vorhofflimmern auch häufige Extrasystolen erkannt. Ergänzend wird über relevante dauerhafte Bradykardie und Tachykardie informiert.
Wenngleich die soeben veröffentlichte erste Untersuchung unter klinischen Bedingungen mit hoher Signalqualität stattfand und mit der nächsten Studie noch weitere prospektive Validierungstests folgen werden, sehen die Wissenschaftler in dieser Smartphone-App bereits jetzt ein immenses klinisches Potenzial. „Sie ersetzt jedoch keinesfalls den Arzt, im Gegenteil: Die App bietet eine zusätzliche Möglichkeit, Hinweise auf Herzrhythmusstörungen, wie beispielsweise Vorhofflimmern, frühzeitig und im Moment des Vorkommens zu detektieren und damit die ärztliche Arbeit maßgeblich zu unterstützen“, betont Preventicus-Gründer Hübner. „Und die Früherkennung von Herzrhythmusstörungen spielt in der Primärprävention von Schlaganfällen eine entscheidende Rolle. In den vergangenen Jahren haben sich die technischen Diagnosemöglichkeiten in diesem Bereich zwar deutlich verbessert, sind aber bisher immer an zusätzliche Geräte gekoppelt. Der neue Algorithmus lässt sich dagegen einfach mit jedem Smartphone nutzen und ist daher sofort, überall und für jedermann verfügbar.“ Entscheidend für die ärztliche Akzeptanz sei, dass der Algorithmus nicht als „Blackbox“ funktioniere, sondern der Arzt die Rhythmusanalyse anhand des PDF-Dokuments, in welchem die fünfminütigen Pulskurven und der Herzrhythmusverlauf dargestellt sind, sofort visuell nachvollziehen und bestätigen könne.
Die App „PREVENTICUS Heartbeats“ ist ein Medizinprodukt und im APP Store sowie im Google Play Store verfügbar.
Weitere Informationen finden Sie unter http://www.preventicus-heartbeats.com/
Publikation: Krivoshei L et al.: Smart detection of atrial fibrillation. Europace. doi:10.1093/europace/euw125
http://europace.oxfordjournals.org/content/europace/early/2016/06/30/europace.euw125.full.pdf?ijkey=4PtPbqmozKRF6hD&keytype=ref