(openPR) Schriftsteller: »Ja kann man denn davon leben?«
»Ich bin ganz, ganz tot, in 4 Wochen«
Herausgegeben von Birgit Vanderbeke
Die aberwitzigsten stammen von Dostojewski, ein untertäniger von Schiller, die schönsten von Else Lasker-Schüler, grausige schrieb Joseph Roth, Heinrich Heine professionelle, tragikomische finden sich bei Liliencron, Kafka war in dieser Beziehung sehr diskret. Hölderlin voller Skrupel und Joyce natürlich ironisch: Wo die Freiheit der »freien« Schriftsteller aufhört, fangen die »Brandbriefe« an. Sie handeln von chronischer oder sporadischer Geldnot, von Publikationsverbot und Zensur, vom Exil und von klammen Fingern in ungeheizten Stuben und akuten Notrufen im Internet – und von den höchst individuellen, oft anarchischen Strategien der Autoren. Die Herausgeberin hat Briefe aus drei Jahrhunderten gesammelt und kommentiert und gibt einen Hinweis für die Lektüre: »Wer etwa annähme, dass in jedem Falle die Tonlage eines Briefes die Notlage des Verfassers genauestens abbildete, der könnte sich – so oder so – geirrt haben.«
Birgit Vanderbeke hat schon früh die von Zweifeln geprägte Frage untersucht, ob man vom Schreiben leben, als Berufsschriftsteller existieren kann. In ihrem Vorwort beschreibt sie, wie sie bei der Sammlung der wenig ermutigenden Korrespondenz über »Notlagen, regelmäßigen finanziellen Engpässen, notorischen Dauerschulden, Publikationsschwierigkeiten, Zensurproblemen, tragischen, teils auch hochkomischen Bedrängnissen« ein eigenständiges, in eingeweihten Kreisen nicht völlig unbekanntes, aber doch sehr unterschätztes literarisches Genre entdeckte – den Bettelbrief. Und ihre Schlussfolgerung, schon damals zu Beginn ihrer schriftstellerischen Karriere: »Quer durch die Jahrhunderte scheint es eine quasi naturgesetzliche Konstante zu sein, dass kaum einer je aus eigener (Schreib-)Kraft durch- und ausgekommen ist. Also wurde ich Schriftstellerin.« Aus heutiger Sicht, nach siebzehn Berufsjahren, in denen sie große Erfolge hatte, beantwortet sie die Eingangsfrage jedoch so: »Eher nicht, aber irgendwie doch.«
»Ein literarisches Vergnügen«
»Armut und Not haben Autoren selten daran gehindert, gut und pointiert zu schreiben. Im Gegenteil, wo es ums Überleben geht, sind sie hellwach und bei der Sache, da setzen sie alle ihre rhetorischen und literarischen Künste ein. Daher sind die meisten dieser Briefe sprühend und fesselnd, einige erschütternd. [Es] fällt auf, dass zahlreiche Autoren sich auch in der Not nicht ganz ernst nahmen und ihre schlimme Lage mit Witz und Ironie schilderten.« Hamburger Sonntagsblatt
Die Autorin
Birgit Vanderbeke, geboren 1956 in Dahme/Mark, lebt im Süden Frankreichs. Sie wurde 1990 für die Erzählung Das Muschelessen mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. 1999 erhielt sie den Solothurner Literaturpreis für ihr erzählerisches Gesamtwerk, 2002 wurde ihr der Hans-Fallada-Preis verliehen. Ihr Bestseller Alberta empfängt einen Liebhaber wurde in viele Sprachen übersetzt. Zuletzt erschien im S. Fischer Verlag Sweet Sixteen.
Bibliografische Angaben
»Ich bin ganz, ganz tot, in 4 Wochen«
Bettel- und Brandbriefe berühmter Schriftsteller
Herausgegeben von Birgit Vanderbeke
212 Seiten, 12, 80 EUR
Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe
ISBN 3-86671-009-7
Autorenhaus Verlag, Berlin 2006