(openPR) Heute gehört er als „liebenswertes Lokalmaskottchen“ zum Stadtbild Parchims, zu seinen Lebzeiten war er eher gefürchtet und wurde von den Menschen gemieden. Die Rede ist vom Räuber Vieting. Der Sage nach, und das impliziert auch immer die Vermischung von Wahrheit und Fiktion, hauste er in einer gut verborgenen, moosüberwucherten Höhle im Sonnenberg bei Parchim. Die Urfassung von 1670 beschreibt ihn als merkwürdige Erscheinung mit rotem Bart, federgeschmücktem Schlapphut, breiter Krempe und funkelnden Augen. Er war Anführer von drei bis zu einem Dutzend Banditen, da gibt es unterschiedliche Angaben in den Überlieferungen. Ihr „Tagesbrot“ war es Reisende zu überfallen und auszurauben, wobei der eine oder andere sogar sein Leben lassen musste. Derweil gingen sie sehr gewitzt vor und spannten dünne Schnüre über die Wald- und Landwege, die allesamt zu ihrem Unterschlupf führten und an deren Ende jeweils ein Glöckchen befestigt war. Sobald diese ertönte, stürmten die Räuber los und gingen ihrer „Arbeit“ nach.
Kluges Mädchen bestimmt sein Schicksal
Bei einem ihrer Beutezüge verschleppten sie auch ein Mädchen namens Ilsabe, welches sich aus einem Nachbardorf (wahrscheinlich Godems) auf den Weg gemacht hatte, um Mehl zu kaufen. Sie musste bei den Schergen bleiben und Frondienste leisten, wie Flicken, Nähen und Kochen. Einige Schriften berichten sogar davon, dass Räuber Vieting sie zur Frau nahm. Mit der Zeit vermisste Ilsabe jedoch zunehmend ihr Zuhause und hatte Sehnsucht nach ihrer Familie. Als eines Tages die Gewürze in der Höhle („Vietingskeller“) ausgingen, wurde sie vom Räuber Vieting nach Parchim geschickt, um neue zu besorgen. Zuvor musste sie ihm schwören, keiner Menschenseele das Versteck der Diebe zu verraten. Ilsabe tat, wie ihr geheißen. Sie besorgte alle Vorräte – und nicht zuletzt auch eine Tüte Erbsen. Bevor sie jedoch den Rückweg in den weitläufigen Wald antrat, klagte sie ihr Leid dem Schlagbaum am Stadttor zu Parchim. Sie jammerte und wisperte, wie schlecht sie vom Räuberhauptmann behandelt wird und dass man sowohl ihn als auch seine Gleichgesinnten finden könne, wenn man nur der Spur mit den ausgelegten Erbsen folgt. Das hörte zufällig ein wachhabender und aufmerksamer Soldat, womit das Schicksal der Bande besiegelt war! Ilsabe hatte das Versteck preisgegeben, ohne ihren Schwur zu brechen: Sie hatte zumindest keinem Menschen etwas über die Höhle erzählt. Alsbald wurde Räuber Vieting gefangen genommen und von den Stadtoberen zum Tode verurteilt. Einige Erzählungen enden an dieser Stelle, wobei Schriftstücke zu finden sind, in denen dem Todgeweihten auf dem Galgenberg ein letzter Wunsch gewährt worden ist. So verlangte Räuber Vieting einen Abschiedskuss von seiner Frau, bei dem er ihr zur Strafe die Zunge abbiss.
Der sagenumwobene Schatz der Bande soll unter einer großen Eiche vergraben worden sein, jedoch fand man ihn bis heute nicht ...
Heute ein gern gesehener „Gast"
Räuber Vieting ist heute nicht nur das Maskottchen der Kreisstadt Parchim, die 1170 erstmals urkundlich erwähnt wurde, sondern entwickelte sich vielmehr zu einer Art Wahr- und Markenzeichen. Statt Angst und Schrecken verbreitet er bei kulturellen Veranstaltungen ausschließlich gute Laune und zaubert insbesondere Kindern ein Lächeln ins Gesicht. Wer Lust hat, kann sogar Räuber Vietings „Erbsenspur“ durch Parchim verfolgen. Geführte Touren werden über das Parchimer ZiP-Büro angeboten, Anmeldungen sind unter der Telefonnummer 03871 / 632165 möglich. Ansprechpartnerin ist Frau Birgit Naxer („ZiP-Büro“ Parchim, Lange Straße 24 im „Zinnhaus").











