(openPR) Neuer Kapitalistischer Realismus - Thomas Offhaus beerbt Polke, Immendorff und Tadeusz
Von Tag zu Tag – Mit seiner aktuellen Ausstellung erfindet Thomas Offhaus den Kapitalistischen Realismus neu
Von Sebastian C. Strenger
Mit einem Blick auf sein Gesamt-Œuvre beschäftigt sich der 1967 in Gotha geborene Thüringer vordergründig mit Künstlern wie Sigmar Polke, Jörg Immendorff oder dem zuletzt verstorbenen Norbert Tadeusz. Sein programmatisches Thema scheint stringent zu sein - die Möglichkeiten der Abstraktion und Figuration gegeneinander auszuspielen. Damit bleibt Offhaus letztlich immer der Abstraktion und dem deutschen Informel als entwicklungsgeschichtlicher Durchgangsstation treu.
Letztlich überwiegt am Ende wieder das Figurative mit seinen fragmentiert wirkenden Gestalten, die sich auf die flächigen und oft gemusterten Farbfelder zurückziehen. Dass dies bei Offhaus häufig Auseinandersetzungen mit dem „Kapitalistischen Realismus“ sind, rückt den ehemaligen DDR-Bürger in die Nähe des Begründers und Namensgebers Sigmar Polke.
Während Pop-Art, Junk Culture, neue Gegenständlichkeit, Naturalismus, German Pop, und einige ähnliche Begriffe für den Kapitalistischen Realismus des Nachkriegsdeutschlands im Westen kennzeichnend sind, nutzt Offhaus dieses Repertoire künstlerisch für seine Sicht aus dem Osten Deutschlands auf seine Vergangenheit und die Welt unserer Tage.
Mit „Von Tag zu Tag“ begegnet der Künstler in seiner Ausstellung einer Welt, in der die Maximen unseres gesellschaftlichen Daseins auf den Kopf gestellt werden. Während die Werke „Musterwechsel“ den Fokus auf das Thema Sexualität lenken, fragmentiert der Künstler in den Werken „Self-made-Jesus“ collagenhaft seine Portraits bis hin zu Versatzstücken. Neben einem Selbstportrait erhalten auch die Serien „Personal“ und „Erwartungs“-Bilder autobiographische Züge, die den Menschen hinter der Funktion verblassen lassen.
Seine immer auch in einem zersplitterten Kontext eingebetteten Figuren strahlen die Hoffnung und Erwartung aus, wie man sie in Familien-Fotoalben wiederfindet. Die Bildserie „Stabil ist vergeblich“ spiegelt die Unbeständigkeit gesellschaftlicher Werte und veranlasst den Künstler in der Arbeit „Cut“ zu einem Statement über die jüngere Generation. In „Zeitpunkt 1-12“ der gleichnamigen Serie nutzt er das serielle Portrait, um bei aller Gleichförmigkeit die Unterschiede herauszuarbeiten. In der Betrachtung fällt der „springende“ Punkt für das dargestellte Portrait sprichwörtlich verschieden ins Gewicht - ganz so, wie sich der Fokus auf die Dinge des Lebens von Zeit zu Zeit verschiebt.
Während Offhaus sich in Annäherung an Wolf Vostell um die Jahrtausendwende noch von Einflüssen des Dada und Fluxus, wie etwa in seinen raumgreifenden Installationen der Ausstellung „Puppenkino“, 2008 in der Kunsthalle Erfurt leiten liess, scheint der Thüringer heute in seiner Form- und Bildsprache angekommen.
Seit Beginn seines Kunststudiums an der Hochschule Erfurt und Absolvierung seines Aufbau-studiums Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig im Jahr 1995 waren die Dinge des alltäglichen Lebens stets sein Thema. Allmählich gewinnt die Erschließung des Bildraumes an größerer Bedeutung. Mit der jetzt stattfindenden Ausstellung „Von Tag zu Tag“ scheint er sein eigentliches Thema gefunden zu haben – die Antwort auf die Abkehr vom Figurativen.
Der Autor
Sebastian C. Strenger studierte Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum und ist Autor verschiedener Monografien. Er ist Gründer des Europäischen Kunstvereins und leitet diesen.
© Sebastian C. Strenger, 2012. All Rights reserved.