(openPR) Agroforstsysteme sind Mischkulturen bei denen einjährige Nutzpflanzen mit mehrjährigen verholzenden Pflanzen auf einer Fläche kombiniert werden. Es wird zwischen silvoarablen (Bäume mit Agrarwirtschaft) und silvopastoralen (Bäume mit Tierhaltung/Hudewirtschaft) Systemen unterschieden. Die Systeme werden so angelegt, dass sie mit moderner Maschinentechnik zu bewirtschaften sind.
Die mehrjährig verholzenden Pflanzen (Bäume) werden forsttechnisch bearbeitet. Es geht hierbei um einen Ertrag aus dem Nutzholz. Im Agroforstverbund werden Edelholzsorten angestrebt.
Prinzipiell besteht jedes Agroforstsystem aus 3 Nutzungszusammenhängen:
1. agrarische Nutzung (Lebensmittelproduktion/NAWRO)
2. forstliche Nutzung (Wertholzproduktion/Energieholzproduktion)
3. umweltsystemische Nutzung (Natur- und Umweltleistung)
Diese 3 Aspekte des Systems bestehen unmittelbar neben einander und sind miteinander verzahnt, was die besondere Umweltleitung ausmacht. Das Gesamtsystem muss dementsprechend insbesondere als Umweltleistung bewertet und verstanden werden. Die Agroforstwirtschaft verfügt über das Potential zur Lösung der beiden dringendsten Probleme der Agrarwirtschaft in der EU: Überproduktion und Umweltbelastung. In Bezug auf die aktuelle GAP-Reform der EU, insbesondere bezüglich der Entkoppelung der Prämienzahlung von der Produktionsquantität und der Umschichtung der freiwerdenden Geldmittel auf die Umweltleistung der Landwirte, stellt sich in der praktischen Umsetzung die Frage: welches sinnvolle und nutzbringende Umweltleistungen im Bereich der Landwirtschaft sein können?
ÖKONOMIE UND ÖKOLOGIE VON AGROFORSTSYSTEMEN
Der wesentliche ökonomische Unterschied zu monokulturellen Systemen besteht darin, dass auf derselben Fläche mehrere Produkte erzeugt werden. Eine landwirtschaftliche Nutzung mit laufendem Einkommen wird kombiniert mit einer Kapitalbildung in Form von hochwertigem Holzzuwachs durch Bäume. Dadurch wird das Einkommen des Landwirts diversifiziert und das Risiko des Ertragsausfalls durch Umwelteinflüsse verringert. Klima bedingte Ausfälle, Schädlings- oder Krankheitsausfälle einer Pflanzenart können ggf. durch das verstärkte Wachstum anderer Pflanzenarten kompensiert werden. Bei dem System konnte eine deutlich höhere Stabilität gegen negative Umwelteinflüsse nachgewiesen werden. Die geringeren Schäden durch Umwelteinflüsse wirken sich auch ökonomisch stabilisierend aus.
Das Baumkapital, das sich über die Jahre akkumuliert, dient dem Produzenten als Versicherung oder als Kapitalstock auf dem Folgegenerationen aufbauen können. Das Holzkapital ist nach einer Reifezeit flexibel einsetzbar, da die Bäume nicht unbedingt in einem bestimmten Jahr geerntet werden müssen, sondern je nach Nachfrage auch länger stehen können. Durch regelmäßige Nachpflanzung kann jede Folgegeneration gleichermaßen von den Bäumen profitieren. Agroforstwirtschaft ist daher eine generationenübergreifende Wirtschaftsweise und entspricht daher in besonderem Maße den Nachhaltigkeitskriterien.
Ökologisch ergeben sich beim Agroforstsystem verschiedene Synergien zwischen den Kom-ponenten, die beim richtigen Anlegen des Agroforstsystems ebenfalls produktiv genutzt werden können. Forschungsergebnisse zeigen, dass sich bei richtiger Pflanzenkombination Bedingungen einstellen, die das Wachstum beider Pflanzen beschleunigen. So dienen die Bäume zur Tiefendurchwurzelung, als Nährstoffpumpen und CO2-Binder und es findet eine Nitratfixierung statt. Das vermindert den Nährstoffaustrag und verringert die durch Landwirtschaft verursachte Grundwasserbelastung. Weitere positive Effekte sind die Erhöhung von Biodiversität und der Rückbau von Nutzfläche zu natürlicheren Ökosystemen, bei denen sich auch begünstigende Mikroklimate herstellen. Und nicht zuletzt hilft eine agroforstliche Anlage Bodenerosion und Windschäden zu vermeiden. Die Winderosion kann durch Agroforstnutzung um bis zu 60% re-duziert werden.
In Bezug auf das Grund- und Oberflächenwassermanagement stellt das Agroforstsystem eine erheblich bessere Wasseraufnahme des Bodens her als konventionelle Systeme. Dadurch kann das System einen Umweltbeitrag insbesondere in hochwassergefährdeten Gebieten leisten.
Eine Agroforstfläche erbringt eine um 35 % höhere Leistung bezogen auf den ökonomischen und ökologischen Ertrag, als eine monokulturelle Fläche.
Agroforstwirtschaft kommt drüber hinaus dem zunehmend verbreiteten Anspruch nach integrierten Lösungsansätzen in der Landwirtschaft entgegen. Es ist ein nachhaltiges System mit generationsübergreifenden Lerneffekten und wird der Forderung nach ästhetisch ansprechenden Kulturlandschaften gerecht, löst dabei ökologische Konflikte und bietet die Möglichkeit einer stärkeren Anteilnahme der Bevölkerung an den Prozessen der Landwirtschaft, des Schutzes der Kulturlandschaft und des Schutzes der Natur.
In der Bevölkerung kann eine Plausibilität des Zusammenhangs von Landschaft und Landwirtschaft zurückgewonnen werden, welche die Grundlage für eine aktive Akzeptanz des Naturschutzgedankens bildet.
Agroforstwirtschaft als nachhaltiges Landnutzungssystem ist in der Lage unterschiedliche Interessensgruppen an der Landbewirtschaftung partizipieren zu lassen und damit auch den sozialen und kulturellen Dimensionen des Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung zu tragen.
Aktuell wurde im Rahmen des SAFE – Projektes in Deutschland eine agroforstliche Pilotanlage in Groß Zecher (Schleswig-Holstein) gemeinsam mit einem Gymnasium angelegt.