(openPR) Es scheint wieder Ruhe eingekehrt zu sein; weitere Korruptionsfälle werden derzeit nicht publik gemacht. Dies ist jedoch, wie die Welle der Vorfälle gezeigt hat, wahrscheinlich nur die Ruhe vor dem Sturm. Zeit für die Unternehmen, sich mit den Geschehnissen auseinander zu setzen und zu hinterfragen, ob Vorfälle wie bei Siemens auch im eigenen Unternehmen möglich wären.
Diese Überlegungen sollten nicht nur vor dem Hintergrund des Reputationsschadens von korruptiven Vorgängen im Unternehmen betrachtet werden. Neben erheblichen finanziellen Schäden drohen auch "Angriffe" auf das eigene Vermögen von Vorstand und Aufsichtsrat.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind bereits weiter verschärft worden. Dies wird sich auch in Zukunft fortsetzen.
Bislang waren gerichtliche Verfahren, mit denen Aufsichtsratsmitglieder zur persönlichen Verantwortung gezogen worden, eher die Ausnahme. Die rechtliche Grundlage hierfür besteht seit langem: Nach § 116 AktG droht die persönliche Haftung, wenn die vom Aktiengesetz festgelegten Sorgfaltspflichten oder die durch die Rechtsprechung gebildeten Überwachungsgrundsätze nicht beachtet werden.
Die neuere rechtliche Entwicklung, wie die ausdrückliche Aufnahme der Compliance als Thema für den Aufsichtsrat und die Einführung der so genannten Aktionärsklage durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), werden die bislang kaum genutzten Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Aufsichtsräten populärer machen.
Auch die 8. EU-Richtlinie (bereits in mehrere Publikationen als "Euro-Sox", also die europäische Antwort auf den US-amerikanischen Sarbanes Oxley Act – kurz Sox – genannt) deutet auf diese Entwicklung hin. Aufsichtsräte sollen mehr denn je, beispielsweise. durch die Einrichtung von Prüfungsausschüssen, das Risikomanagement und insbesondere auch das interne Kontrollsystem stärker überwachen können. Im Umkehrschluss sind sie dann verpflichtet, diese Überwachungspflichten wahrzunehmen.
Wenn selbst der Leiter der Regierungskommission Corporate Governance und Aufsichtsratsmitglied der Siemens AG, Gerhard Cromme, sich angeblich mit Kontrollschwierigkeiten konfrontiert sieht (vgl. Süddeutsche Zeitung, 8. Oktober 2007: "Siemens und die schwarzen Kassen, Wie Aufsichtsrat Cromme offenbar hintergangen wurde" von Klaus Ott), sollten sich Aufsichtsräte der Unternehmen die Zeit nehmen, ihr internes Kontrollsystem kritisch zu hinterfragen und ggf. die Umsetzung von präventiven Maßnahmen gegen wirtschaftskriminelle Handlungen vom Vorstand fordern; zum Schutz des Unternehmens, aber auch zum eigenen Schutz.
Elke Schaefer, Rechtsanwältin, Berlin