(openPR) Neue Dauerausstellung und Museumsanbau des
Deutschen Auswandererhauses
Am Samstag, 26. Juni 2021, eröffnet das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven nach fünfjähriger Planung und achtzehnmonatiger Bauzeit seine neue Dauerausstellung und den neuen Museumanbau mit einem feierlichen Festakt. Dann zeigt das Museum auf 3.340 Quadratmetern Migrationsgeschichte als Bildungs- und Besuchserlebnis. Neben der erweiterten Dauerausstellung gibt es neue digitale Denkräume, eine Akademie für vergleichende Migrationsforschung und ein Garagenmuseum. Ab Sonntag, 27. Juni 2021, ist das »neue« Deutsche Auswandererhaus für das Publikum geöffnet.
Sechs neue Ausstellungsräume eröffnen spannende Einblicke in Migrationsgeschichte. Über 400 neue Objekte – das älteste von 1692, das jüngste von 2021 – sowie über 200 zusätzliche Hörtexte und Videointerviews sind integriert worden. Die zehn bereits bestehenden Ausstellungsräume sind um zahlreiche neue Themen ergänzt worden. Einzigartig in der deutschen Museumslandschaft sind auch neue digitale Denkräume, die während des Ausstellungsrundganges intuitiv und individuell genutzt werden können, um einmal vieles in Frage zu stellen.
Für die neuen Ausstellungsbereiche hat das Kuratorenteam des Deutschen Auswandererhauses mit über 270 Frauen und Männern aus über 30 Ländern gesprochen, die selbst oder deren Familie eine Migrationsgeschichte besitzen. »Allen, die an der Konzeption dieses ,neuen’ Deutschen Auswandererhauses beteiligt waren – Architekt:innen, Ausstellungsgestalter:innen, Wissenschaftler:innen und vielen mehr – war es wichtig, dass Menschen mit Migrationserfahrungen durch ihre Gedanken, Meinungen und Erinnerungsobjekte an dieser Ausstellung mitwirken«, erklärte Museumsdirektorin Dr. Simone Blaschka bei der Präsentation der Neuausrichtung des preisgekrönten Migrationsmuseums.
»Wir leben zusammen.« Diese Botschaft steht jetzt an dem großen Stadtfenster des neuen Museumsanbaus. »So schlicht dieser Satz sein mag, so vielfältig und komplex gestaltet sich dieses Zusammenleben im Einwanderungsland Deutschland«, sagt die Historikerin. Wie eben in allen Einwanderungsländern. Das Museum ermöglicht historische Vergleiche zwischen der Einwanderungspolitik und dem Alltagsleben von Migranten in den USA, südamerikanischen Ländern, Australien und in der Bundesrepublik.
Dafür rekonstruiert das Deutsche Auswandererhaus historische Räume bis ins kleinste Detail und ermöglicht den Besucher:innen eine Zeitreise an reale Orte der Migrationsgeschichte. So entdeckt man in einer deutsch-amerikanischen Kneipe in New York aus dem Jahr 1934, wie stark Familien, Vereine und die Gemeinschaft die neu Ankommenden unterstützten. Und wie Amerikaner:innen auf deutsche Nachbarschaften und ihre Gepflogenheiten reagierten. In einem »Sweatshop«, einer Nähstube, werden die ausbeuterischen Arbeitswelten jüdischer Osteuropäerinnen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg in Manhattan vorgestellt, von denen viele über Bremerhaven ausgewandert waren. Ein Lebensmittelladen – amerikanisch: Deli – einer deutschen Familie beleuchtet u.a. das Thema sozialer Aufstiegsmöglichkeiten.
Ausgestattet mit diesen Eindrücken und diesem Wissen gelangen die Besucher:innen in den neuen Museumsanbau, der 330 Jahren Einwanderungsgeschichte nach Deutschland gewidmet ist. Wie ging die Bundesrepublik mit Kernfragen von Einwanderungsgesellschaften seit 1949 um? Antworten hierauf gibt der neue »Saal der Debatten«. Hier werden vier große gesellschaftliche Debatten vorgestellt, die sich an deutschen Flüchtlingen und Vertriebenen in den frühen 1950er Jahren, an den Arbeitsverhältnissen der migrantischen Beschäftigten in den 1960er und 1970er Jahren, am Asylrecht in den frühen 1990er Jahren sowie an der so genannten »doppelten Staatsbürgerschaft« Ende der 1990er Jahre entzündeten. In einer einzigartigen Raumcollage haben die Ausstellungsgestalter von Andreas Heller Architects & Designers begehbaren Dioramen von Orten geschaffen, an denen sich die Konflikte und Debatten zutrugen: bei Demonstrationen auf der Straße, im Bundestag, im Privaten sowie rückblickend in der Wissenschaft. Filme, Audio- und Videostationen sowie lebensgroße Figuren geben den Besucher:innen die Möglichkeit verschiedenste Perspektiven kennenzulernen.
Herzstücke der neuen Ausstellung sind die »Salons der Biographien«. Hier werden über einzigartige Erinnerungsobjekte Biographien und Lebenssituationen von Eingewanderten vorgestellt: Menschen, die nach Nord-, Mittel und Südamerika sowie Australien gingen, und Menschen, die in den letzten 330 Jahren in deutsche Länder bzw. nach Deutschland gekommen sind. 17 Themenvitrinen illustrieren bestimmte Aspekte von Migration durch Objekte: beispielsweise den Umgang mit alltäglicher und institutioneller Diskriminierung.
Der neue Anbau zur Einwanderungsgeschichte spiegelt schon in seiner Architektur wieder, wem er gewidmet ist: den nach Deutschland Eingewanderten. Die Fassade zeigt mehr als 100 Porträts von 31 Einwander:innen, die in Bremerhaven seit 1887 ein neues Zuhause gefunden haben. Die Stadt Bremerhaven steht hier stellvertretend für zahlreiche Städte in der Bundesrepublik. Durch das besondere Produktionsverfahren werden die Gesichter je nach Wetterlage und Blickwinkel (un)sichtbarer. »Wir haben Menschen mit Einwanderungsgeschichte ein Denkmal gesetzt. Klar und zugleich komplex fängt unsere Architektur innen wie außen eine Idee des Zusammenlebens ein«, sagt der Hamburger Architekt Andreas Heller. Auch das neue kleine »Garagenmuseum« ist Teil dieses Architekturkonzeptes: Es bietet einen neuartigen, öffentlich zugänglichen Raum, in dem Sonderausstellungen zu Migrationsthemen niedrigschwellig und kostenfrei zugänglich sind.
Bildungsprogramme für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie Forschungsprojekte mit Universitäten finden am Deutschen Auswandererhaus nun gebündelt unter dem Dach der neu gegründeten »Academy for Comparative Migration Studies« – kurz: ACOMIS – statt. Die erste Ausstellung im Garagenmuseum wird im August eröffnet. Die neue Dauerausstellung des Deutschen Auswandererhauses ist ab Sonntag, 27. Juni 2021, zu sehen. Hierfür ist ein Zeitfensterticket nötig.
Als wichtige Förderin erklärt Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters: »Das Deutsche Auswandererhaus führt uns vor Augen, dass Migration integraler Bestandteil der Geschichte Deutschlands wie auch der gesamten Menschheit ist. Die damit verbundenen Herausforderungen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft vermittelt das Museum auf ebenso empathische wie fesselnde Weise. Dafür danke ich dem Deutschen Auswandererhaus sehr herzlich und wünsche
ihm weiterhin zahlreiche interessierte Besucherinnen und Besucher.«
Auch Bremens Wissenschaftssenatorin Dr. Claudia Schilling zeigt sich erfreut über das Ergebnis der musealen Arbeit: »Das Deutsche Auswandererhaus Bremerhaven ist ein großartiges Projekt, für mich ist es viel mehr als nur ein Museum: Das Deutsche Auswandererhaus erzählt Menschengeschichten. Es skizziert Lebensläufe von deutschen Auswanderern in den 20er Jahren, viele gingen nach Amerika. Oder Lebensläufe von Einwanderern, Menschen die zum Arbeiten nach Deutschland kamen in den 6oer Jahren. Und jetzt die neuen Ankömmlinge hier in Deutschland: Flüchtlinge, ein hochaktuelles Thema. Das Auswandererhaus bekommt viel Anerkennung in ganz Deutschland und darüber hinaus für sein Konzept. Es freut mich sehr, als Senatorin sagen zu können: Das Land Bremen wartet mit einem modern geführten Museum auf, das einen wichtigen Beitrag für gesellschaftliche Debatten, die uns alle betreffen, leistet. Ein Museum, das seines gleichen sucht.«
Melf Grantz, Oberbürgermeister der Stadt Bremerhaven, sagt: »Seit der Gründung von Bremerhaven haben Zugewanderte das Stadtbild geprägt. Heute leben hier Menschen aus über 160 Nationen friedlich zusammen. Bremerhaven ist eine weltoffene Stadt mit vielen Gesichtern und einer bewegten und bewegenden Geschichte des Austauschs mit Menschen aus vielen Ländern und Kontinenten. Deshalb könnten wir uns kein anderes Museum wünschen, das diese Geschichte angemessener reflektiert als das Deutsche Auswandererhaus.«
www.dah-bremerhaven.de