(openPR) „Pflegereformen im Bund und im Land NRW“ – aktuelle Themen beim Neusser Pflegetreff am 14.04.2015
Verbesserte Stellenschlüssel für die Heime sind zwingend geboten – alternativlos!
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk hatte zum 22. Pflegetreff am 14.04.2015 nach Neuss-Erfttal eingeladen. Als Gäste konnten über 200 Pflegefachkräfte und interessierte Bürger¬Innen begrüßt werden.– Bei der Veranstaltung ging es um die „Pflegereformen im Bund und im Land NRW“; Themen, denen angesichts der von den Medien immer wieder beschriebenen Pflegemängeln große Aktualität zukommt.
Werner Schell, Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk und Leiter des Pflegetreffs, hatte für dieses Thema (wieder) hochkarätige Referenten gewinnen können:
-- Hans-Jürgen Petrauschke, Landrat des Rhein-Kreises Neuss,
-- Karl-Josef Laumann, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigter für Pflege,
-- Markus Leßmann, Ministerialdirigent und Leiter der Abteilung „Pflege, Alter, demographische Entwicklung“ im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen,
-- Andreas Westerfellhaus, Präsident Deutscher Pflegerat e.V., Berlin, und Geschäftsführer ZAB - Zentrale Akademie für Berufe im Gesundheitswesen GmbH, Gütersloh- und
-- Helmut Wallrafen-Dreisow, Geschäftsführer der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH (u.a. mit der Altenheime GmbH: Träger der sechs Städtischen Altenheime an fünf Standorten mit rd. 600 Plätzen zur stationären Pflege und Betreuung).
-- Regina Schmidt-Zadel, Vorsitzende der Landes-Alzheimergesellschaft NRW und Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB) a.D., moderierte den Treff.
Nach einer kurzen Begrüßung aller Gäste durch Werner Schell wurde die weitere Moderation des Pflegetreffs von Regina Schmidt-Zadel übernommen. Regina Schmidt-Zadel führte geschickt Regie und machte mit treffsicheren Zwischenbemerkungen auf einige besonders wichtig erscheinende Reformerfordernisse aufmerksam. So wurde z.B. gefordert, der Rehabilitation von pflegebedürftigen Menschen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Dann könne nämlich öfter eine Pflegestufe reduziert werden.
Hans-Jürgen Petrauschke verdeutlichte in seinem Grußwort, dass sich die Pflegeerfordernisse der Menschen im Laufe der letzten Jahrzehnte deutlich verändert haben und daher immer wieder reformerische Maßnahmen zu ergreifen seien. Er hob dabei die Bedeutung des Neusser Pflegetreffs hervor, der mittlerweile zu einer „Pilgerstätte“ für Pflegepolitiker und andere Entscheidungsträger geworden sei. Dafür dankte er ausdrücklich dem Leiter des Treffs, Werner Schell.
Karl-Josef Laumann stellte heraus, dass das 1. Pflegestärkungsgesetz bereits zum 01.01.2015 deutliche Leistungsausweitungen gebracht habe (z.B. Verbesserungen in der Tagespflege). Weitere Reformschritte seien aber nötig und bereits in Vorbereitung. Die Neugestaltung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes werde Verbesserungen für die dementiell erkrankten Menschen bringen. Das entsprechende Gesetz werde noch 2015 beschlossen. Für die kritisierten Stellenschlüssel seien aber die Länder zuständig. Klar müsse sein, dass ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff erheblich mehr Personal erfordere. Daher seien insoweit Folgerungen geboten. Es sei im Übrigen so, dass es durch die Vereinfachung der Dokumentation Entlastungen geben werde. Die Forderung, den Pflege-TÜV auszusetzen, sei nur der erste Schritt. Dem müsste eine Neugestaltung des Transparenzgeschehens folgen. Dabei müssten Patientenvertreter und die Repräsentanten der Pflegekräfte mitwirken.
Markus Leßmann machte als Vertreter des Pflegeministeriums NRW darauf aufmerksam, dass es an vielen Stellen Handlungsbedarf gebe. Dennoch müsse gesagt werden, dass sich einiges tue. Er ging auf die Ausbildungssituation in NRW ein und bemerkte, dass seit Einführung der Ausbildungsumlage die Zahl der Ausbildungsstellen deutlich gestiegen sei. Allerdings seien die Stellenschlüssel „alt“, so dass eine Aktualisierung fällig sei. Dies werde allerdings zu höheren Kosten führen. Das sei auch eine Wahrheit. Im Übrigen wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die neuen heimrechtlichen Vorschriften in NRW die Mitwirkungsmöglichkeiten der Kommunen stärken. Insbesondere gelte das für die Präventionspotenziale. Wohnformen schreibe das Land NRW nicht zwingend vor. Gleichwohl gebe das neue Heimrecht den Kommunen Möglichkeiten an die Hand, bei der Planung von neuen Heimen aktiver mitzuwirken.
Andreas Westerfellhaus wollte seine Ausführungen als berufspolitischen Impuls verstanden wissen. Er halte es als Vertreter des Deutschen Pflegerates für eine richtige Entscheidung, dass man auf Bundesebene das Amt eines Pflegebeauftragten geschaffen habe. Professionelle Pflege gebe es in der Kinderkrankenpflege, in Krankenhäuser und in der Altenpflege. Die Weiterführung der Gesundheits- und Pflegesysteme sei daher ohne die Pflege undenkbar! Pflege müsse in einer gemeinsamen Profession zusammen gefasst werden. Dazu gehöre auch die Pflegekammer. Deutlich zu machen sei aber auch, dass die Pflege mehr Kolleginnen und Kollegen erwarte. Die Stellenschlüssel müssten verbessert werden. Ohne Stellenschlüsselausweitungen gehe es nicht! Die Pflegepolitik müsse im Übrigen einen anderen Stellenwert erhalten. Sie müsse ganz oben angesiedelt werden und Chefsache werden!
Helmut Wallrafen-Dreisow fand als Trägervertreter deutliche Worte und meinte: „Die Pflege geht auf dem Zahnfleisch“. Die Situation löse bei alten Menschen Ängste aus. Bei Bankenpleiten würden schnell Milliardenbeträge locker gemacht, und bei der Pflege …? Für die Menschen, die in der Pflege arbeiten, müssten Tariflöhne zwingend sein. In diesem Zusammenhang gehe es darum, verschiedene Überlegungen anzustellen. Denn 70% der Entgelte seien Personalkosten. Bezüglich Pflege-TÜV seien Veränderungen geboten. Allerdings seien einige Kontrollen dringlich und müssten erhalten bleiben (z.B. Kontrolle der Personalbemessung). Zu erwähnen sei schließlich, dass niemand gerne schlecht pflege. Allerdings müssten die Rahmenbedingungen gut sein. Festzustellen sei, dass Personal für die Zuwendungszeit fehle!
Die Aktion „Pflege am Boden“ war mit zahlreichen Pflegekräften zum Pflegetreff gekommen und nahm reichlich Gelegenheit, am Eingang des Veranstaltungsraumes durch Plakate und Diskussionen auf die reformbedürftigen Pflege-Rahmenbedingungen aufmerksam zu machen. Nach den Statements vom Podium nahmen einige Pflegekräfte Gelegenheit, nochmals ihre konkreten Forderungen vorzustellen und für deutlich verbesserte Arbeitsbedingungen zu werben. Die Kernforderung: Mehr Personal!
Danach gab es noch einige Diskussionsbeiträge aus dem Publikum, auf die im Rahmen dieser Pressemitteilung nicht näher eingegangen werden soll. Es kann auf folgende Informationsquellen verwiesen werden:
• Bericht der Neuss-Grevenbroicher Zeitung > http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/Bilder/ngz190415.jpg
• Filmdokumentation (rd. 2 Stunden) - bei Youtube > https://youtu.be/76rX1ELEQM0
• Bildershow > http://www.heimmitwirkung.de/mkportal/images/ProPflege-Neuss_150414/
Heinz Sahnen, Schirmherr des Treffs, bedankte sich am Ende der Veranstaltung bei allen Beteiligten und brachte die Auffassung zum Ausdruck, dass der Pflegetreff wichtige und zudem aktuelle Themen aufgegriffen habe. Der Treff sei, das gelte es zu bekräftigen, mittlerweile zur Institution, nicht nur für Neuss, sondern mit bundesweiter Bedeutung geworden. Die Veranstaltung habe viele nachdenklich stimmende Hinweise vermittelt.
Im Zusammenhang mit dem Pflegetreff gab es vielfältige Informationsmöglichkeiten. Es standen in der Zeit von 15.00 - 19.00 Uhr folgende Infostände zur Verfügung:
-- Bürgerhaus Neuss - Erfttal in Trägerschaft des Sozialdienstes Katholischer Männer e.V. (SKM) mit dem Projekt "Altersgerechte Hilfen" mit Lotsenpunkt Bürgerhaus Erfttal
-- Diakonie Neuss Süd gGmbH, Gohrer Str. 34, 41466 Neuss
-- Alzheimer Gesellschaft Kreis Neuss / Nordrhein e.V., Mohnstraße 48, 41466 Neuss
-- Runder Tisch Demenz Neuss, Sprecher: Manfred Steiner, BEKO Demenz - Beratung & Koordination, Stresemannallee 6, 41460 Neuss
-- MDK Nordrhein - Beratungs- und Begutachtungszentrum Düsseldorf, Stresemannstraße 13-15, 40210 Düsseldorf
-- „Pflege am Boden“, unabhängiger Zusammenschluss von Menschen, die in Pflegeberufen arbeiten oder pflegenden Angehörigen und Menschen, denen die Pflege am Herzen liegt
-- BIVA e.V., Siebenmorgenweg 6-8, 53229 Bonn
-- familienforum edith stein, Bildungswerk der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Weiterbildung Neuss e.V., Schwannstraße 11, 41460 Neuss
-- Werner Kollmitz, Feldhausen 4, 28865 Lilienthal
Fazit des Pflegetreffs am 14.04.2015: Ohne mehr Pflegepersonal wird es keine bessere Pflege geben. Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk vertritt diese Auffassung seit vielen Jahren und fordert daher bundeseinheitliche Personalbemessungssysteme!
Statement vom 11.08 2010 in der Neuss-Grevenbroicher Zeitung – Werner Schell:
"Mehr Personal - bessere Pflege."
Quelle: http://www.rp-online.de/nrw/staedte/neuss/mehr-personal-bessere-pflege-aid-1.316561
Werner Schell
Dozent für Pflegerecht, Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk