(openPR) Blinde und sehbehinderte HamburgerInnen fragen Parteien: Was tun Sie für uns?
40.000 sehbehinderte und 3000 blinde HamburgerInnen haben eigene Fragen an die Politik. Der BSVH, die Selbsthilfeorganisation der Blinden und Sehbehinderten, fragt deshalb die Parteien nach Arbeitsplätzen, Blindengeld und Barrierefreiheit. Die besonderen Belange sehbehinderter und blinder Menschen haben im Wahlkampf wenig Priorität. Mit seinen sechs Wahlprüfsteinen will der Verein die Parteien auf die Situation der Betroffenen aufmerksam machen.
72 Prozent der blinden im berufstätigen Alter sind arbeitslos. Der wirtschaftliche Aufschwung kommt bei Sehbehinderten kaum an. Die Hartz-Reformen haben die Situation verschärft. Der BSVH wünscht sich, dass die Parteien diesen Zustand ändern. Vor lauter Freude an sinkenden Arbeitslosenzahlen darf die schwierige Situation behinderter Arbeitsloser nicht vergessen werden.
Die Kürzung des Landesblindengeldes war ein Rückschlag für die Integration der Betroffenen. An Punktschriftbüchern, Hilfsmitteln und Taxifahrten müssen sie sparen. Die Folge: weniger Informationen, weniger Kontakt mit sehenden Menschen, weniger Eigenständigkeit. Hier sieht der Blinden- und Sehbehindertenverein dringenden Handlungsbedarf. Ziel muss eine Anhebung des Blindengeldes, die Einführung eines Sehbehindertengeldes und perspektivisch ein bundeseinheitliches Behindertengeld sein.
Der BSVH möchte, dass Hamburg ein Vorbild für Barrierefreiheit wird. Das bedeutet: mehr Signal-Ampeln, Kontrastierungen aller Treppen und Stufen, behindertengerechte Bahnhöfe überall und schließlich ein barrierefreies Rathaus als Signal dafür, dass es ein Ort für alle HamburgerInnen ist, also auch für die behinderten Menschen dieser Stadt.
Die Antworten der Parteien veröffentlicht der BSVH auf seiner Homepage www.bsvh.org. Presse-Fragen beantwortet Heiko Kunert per

Die sechs Wahlprüfsteine (in Anlehnung an die sechs Punkte der Braille-Schrift):
I. Blinde und sehbehinderte Menschen wollen arbeiten!
1. Arbeitslosigkeit bekämpfen: In den letzten Jahren ist für blinde und sehbehinderte Menschen die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erschwert worden. was werden Sie nach der Wahl für die berufliche Eingliederung blinder und sehbehinderter Menschen tun? Werden Sie z.B. versuchen, den negativen Auswirkungen der Hartz-IV-Reformen für blinde und sehbehinderte Menschen entgegenzuwirken, und wenn ja, wie?
2. Arbeit vermitteln: 72 Prozent der blinden Menschen im berufsfähigen Alter sind arbeitslos. Die Entspannung am Arbeitsmarkt wirkt sich auf sehbehinderte Menschen kaum aus. Insbesondere die Vermittlung in den Arbeitsmarkt ist durch die Regionalisierung stark erschwert. Betroffenen werden immer seltener berufliche Rehabilitationsmaßnahmen finanziert, stattdessen werden nur zeitlich sehr begrenzte Maßnahmen gefördert, die keine langfristige Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Wie gedenken Sie, eine individuelle Eingliederung durch die Arbeitsagenturen zu ermöglichen?
II. Blinde und sehbehinderte Menschen benötigen finanzielle Nachteilsausgleiche!
3. Blindengeld erhöhen: Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ist leider für blinde und sehbehinderte Menschen auch eine Geldfrage. Die Krankenkassen finanzieren immer seltener notwendige Hilfsmittel (Blindenschriftmaschinen usw.), so dass diese vom Blindengeld bezahlt werden müssen. An Taxifahrten, Punktschriftbüchern und Hilfsmitteln müssen die Betroffenen sparen, was ihre Lebensqualität und ihre Integration in die Gesellschaft massiv einschränkt. Die Kürzung des Blindengeldes war eine politische Fehlleistung – eben blind gestrichen! Denn: Erstens ist – wie vom BSVH vorausgesagt – das angestrebte Einsparpotential allein durch Rückgang der Zahl der Blindengeldempfänger (jetzt schon unter 3.000!) mehr als erreicht worden, und zweitens ist die Zahl der Blindenhilfeempfänger deutlich gestiegen.
Um dem einen blinden Millionär in Hamburg nicht mehr soviel Blindengeld zahlen zu müssen, sind viele Hundert blinde Menschen, die kleine finanzielle Reserven hatten, hart bestraft worden! Ist das für Sie sozial gerechte Politik? Werden Sie diesen Fehler nach der Wahl korrigieren? Oder werden Sie diese unüberlegte Sozialpolitik sogar fortsetzen? Konkret gefragt: Werden Sie sich nach der Wahl dafür stark machen, dass die Betroffenen ebenfalls am wirtschaftlichen Aufschwung beteiligt werden? Werden Sie sich für eine Aufstockung des Landesblindengeldes stark machen – zumindest das Einfrieren dieser Leistung aufheben, um weitere inflationsbedingte Verluste zu verhindern?
4. Ungerechtigkeit abbauen: In einigen Bundesländern wird ein Sehbehindertengeld gezahlt, in Hamburg nicht. Des Weiteren schwanken die Leistungen des Blindengeldes massiv. Andere Behindertengruppen werden gar nicht berücksichtigt. Möchten Sie sich nach der Wahl dafür einsetzen, dass diese Gerechtigkeitslücke geschlossen wird? Werden Sie sich für ein bundeseinheitliches Leistungsgesetz stark machen?
III. Hamburg als Vorbild für Barrierefreiheit!
5. Barrieren abbauen: Hamburg ist nicht barrierefrei. Die meisten Ampeln haben keine Signalgeber für blinde und sehbehinderte Menschen, viele Bahnhöfe haben kein Leitsystem, viele öffentliche Gebäude – selbst das Rathaus – sind nicht Barrierefrei begehbar. Deutliche Kontrastierungen im öffentlichen Raum fehlen fast überall. Geplante Kreisverkehre beunruhigen blinde und sehbehinderte BürgerInnen. Was gedenken Sie nach der Wahl zu tun, um blinden und sehbehinderten Menschen eine selbstständige und sichere Orientierung im öffentlichen Raum zu ermöglichen?
IV. Neue Perspektiven!
6. Mehr Forschen: Der medizinische und der technische Fortschritt sind für blinde und sehbehinderte Menschen eine große Hoffnung. Durch neue medizinische Therapien können zumindest Restsehvermögen erhalten werden. Hilfsmittel können einen selbständigen Alltag ermöglichen. Was gedenken Sie nach der Wahl zu tun, um die Forschung in diesen Bereichen zu fördern?