openPR Recherche & Suche
Presseinformation

Sozialliberalismus – von der FDP verworfen von der Piratenpartei weiterentwickelt

17.02.201412:59 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft

(openPR) Zusammenfassung eines Beitrags von Martin Haase für Peira – Gesellschaft für politisches Wagnis e.V.

Berlin, 17.02.2014 - Der Sozialliberalismus wird oft auch als Linksliberalismus bezeichnet. Allerdings ist die Bezeichnung Sozialliberalismus besser, weil sie einerseits den Inhalt dieser politischen Richtung besser wiedergibt und andererseits internationaler ist. Wie alle Formen des Liberalismus definiert sich der Sozialliberalismus aus dem Konzept der Freiheit. Dabei sind drei Aspekte von Freiheit zu unterscheiden: Freiheit vom Staat (negative Freiheit), Freiheit für den Staat (positive Freiheit)und Freiheit durch den Staat. Bei der Freiheit vom Staat wird der Staat als Widersacher der Freiheit gesehen. Um die Selbstbestimmung des Individuums zu gewährleisten, verfügt dieses über Abwehrrechte gegen den Staat (negative Freiheit). Wie wichtig dieser Aspekt ist, zeigt sich in jüngster Zeit bei den staatlichen Übergriffen auf die Privatsphäre des Einzelnen durch Überwachung und Vorratsdatenspeicherung.



Zu den negativen Freiheitsrechten treten die positiven: die „republikanische“ oder positive Freiheit für den Staat: die Mitverantwortung für das gemeinschaftliche Zusammenleben durch Demokratie und politische Beteiligung. Es geht hier um die Freiheit, sich als Individuum selbstbestimmt politisch einzubringen und mitzubestimmen. Aus negativer und positiver Freiheit ist eine Freiheit dritter Ordnung ableitbar: die Freiheit durch den Staat: Der Staat garantiert die negativen und positiven Freiheitsrechte. Dabei bliebe die Zusicherung formaler Freiheit ohne eine hinreichende materielle und soziale Absicherung abstrakt. Denn wer in Not ist, kann sich negative und positive Freiheit gar nicht leisten. Erst die Freiheit von Not ermöglicht überhaupt Selbstbestimmung und Teilhabe, also die reale Ausübung von Freiheit. Der Staat schafft die Bedingungen für die reale Freiheitsausübung, nämlich soziale Sicherheit und Gerechtigkeit. Diese Auffassung ist zentral für den Sozialliberalismus. Nicht damit verbunden ist, dass sich der Staat über die Sicherung der Teilhabe hinaus um die Versorgung seiner Bürger kümmert. Der Sozialliberalismus ist nicht blind staatsgläubig, weil ja die Abwehrrechte gegen den Staat nicht ausgeblendet werden. Übergriffe auf die Selbstbestimmung müssen vermieden werden.

Überhaupt lassen sich alle Formen des Liberalismus auf einem Kontinuum zwischen den verschiedenen Aspekten von Freiheit anordnen. So steht das Zusammenspiel positiver und negativer Freiheiten im Mittelpunkt des klassischen Liberalismus, der Wirtschaftsliberalismus der neueren FDP sieht im Staat zumindest den Garanten für freie Märkte, setzt aber noch stärker auf Deregulierung als der Ordoliberalismus, der offenbar in der FDP in letzter Zeit an Bedeutung gewinnt. Der Sozialliberalismus war schließlich Programm der F.D.P. (damals noch mit den Punkten) von 1971 bis 1977. In den damals formulierten Freiburger Thesen der F.D.P. zur Gesellschaftspolitik (F.D.P. 1971) heißt es: „Freiheit und Glück des Menschen sind für einen solchen Sozialen Liberalismus danach nicht einfach nur eine Sache gesetzlich gesicherter Freiheitsrechte und Menschenrechte, sondern gesellschaftlich erfüllter Freiheiten und Rechte. Nicht nur auf Freiheiten und Rechte als bloß formale Garantien des Bürgers gegenüber dem Staat, sondern als soziale Chancen in der alltäglichen Wirklichkeit der Gesellschaft kommt es ihm an.“

Wichtig wird der Sozialliberalismus in der F.D.P. (damals mit Punkten abgekürzt) in der Zeit der sozialliberalen Koalition. Sozialliberales Gedankengut fand hier Eingang in die Parteiprogrammatik mit den Freiburger Thesen (F.D.P. 1971). Doch die Freiburger Thesen prägten die FDP nur für einen kurzen Zeitraum: 1977 wurden sie wieder verworfen. Mit dem Ende der sozialliberalen Koalition 1982 geriet auch der Sozialliberalismus in Vergessenheit. Weiterentwickelt wurde sozialliberales Gedankengut erst in jüngster Vergangenheit angesichts einer neuen sozialen Frage, nämlich wie die postindustrielle Gesellschaft aussehen soll, in der Maschinen immer mehr Arbeit übernehmen, so dass an Vollbeschäftigung nicht mehr zu denken ist. Die Gesellschaft des 21. Jahrhundert wird sich im Gegensatz zur industriellen Epoche nicht mehr über regelmäßige Lohnarbeit definieren. Stattdessen werden kreative Tätigkeiten, Pflege, Erziehung, Betreuung, Kommunikation, Heimarbeit, vernetzte (kollaborative) Zusammenarbeit und ehrenamtliche Tätigkeiten breiten Raum einnehmen. Mit dem Verschwinden des klassischen Lohnempfängers steht die soziale Absicherung vor neuen Problemen.

Vor diesem Hintergrund hat die Piratenpartei Deutschland als Weiterentwicklung des schon von John Stuart Mill entwickelten Konzepts der „equal opportunity“ ein Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe in ihr Grundsatzprogramm aufgenommen:
„Jeder Mensch hat das Recht auf eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe. Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen ist das wichtigste Gebot des Grundgesetzes. Ein Mensch kann nur in Würde leben, wenn für seine Grundbedürfnisse gesorgt und ihm gesellschaftliche Teilhabe möglich ist. In unserer Geldwirtschaft ist dazu ein Einkommen notwendig.

Die Piratenpartei setzt sich daher für Lösungen ein, die eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe individuell und bedingungslos garantieren und dabei auch wirtschaftliche Freiheit erhalten und ermöglichen. Wir wollen Armut verhindern, nicht Reichtum.“
Den Sozialliberalismus der Piratenpartei machen hier zwei gegenläufige Prinzipien aus: auf der einen Seite geht es darum, dass jedes Individuum sich möglichst frei entfalten kann, auf der anderen Seite muss aber auch im Sinne Mills für alle die gleiche Möglichkeit zur Teilhabe („equal opportunity“) gewährleistet sein. Denn wie bei einem Spiel verliert derjenige, der gar nicht erst die Möglichkeit zur Teilhabe im Sinne der „equal opportunity“ hat, sehr schnell die Lust auf das Spielen. Auf die Gesellschaft übertragen bedeutet das, dass niemand von vornherein ausgeschlossen sein darf, sondern zumindest die Bedingungen erfüllt sein müssen, damit alle Menschen teilhaben können.

Das Wesen des modernen Sozialliberalismus der Piratenpartei ist also die Vereinbarkeit von freier Entfaltung und die Möglichkeit der Teilhabe. Auf der Peira-Website wird ausgeführt, wie die Piratenpartei abstrakte Prinzipien am Beispiel der Sozial-, Geld-, Drogen- und Sucht-, Geschlechter- und Familien- und Verkehrspolitik in konkrete Politik umgesetzt werden können.

Grundlage der Zusammenfassung ist die Schriftfassung des Vortrags von Prof. Martin Haase auf der Tagung „Was ist Liberalismus?“ der Jungen Liberale Nürnberg am 1. Februar 2014. Die Schriftfassung geht über die mündlich vorgetragene Fassung hinaus, um auch noch Fragen zu berücksichtigen, die in der anschließenden Diskussion aufgeworfen wurden.

Mehr hier: http://peira.org/sozialliberalismus/

Diese Pressemeldung wurde auf openPR veröffentlicht.

Verantwortlich für diese Pressemeldung:

News-ID: 777760
 792

Kostenlose Online PR für alle

Jetzt Ihren Pressetext mit einem Klick auf openPR veröffentlichen

Jetzt gratis starten

Pressebericht „Sozialliberalismus – von der FDP verworfen von der Piratenpartei weiterentwickelt“ bearbeiten oder mit dem "Super-PR-Sparpaket" stark hervorheben, zielgerichtet an Journalisten & Top50 Online-Portale verbreiten:

PM löschen PM ändern
Disclaimer: Für den obigen Pressetext inkl. etwaiger Bilder/ Videos ist ausschließlich der im Text angegebene Kontakt verantwortlich. Der Webseitenanbieter distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen. Wenn Sie die obigen Informationen redaktionell nutzen möchten, so wenden Sie sich bitte an den obigen Pressekontakt. Bei einer Veröffentlichung bitten wir um ein Belegexemplar oder Quellenennung der URL.

Pressemitteilungen KOSTENLOS veröffentlichen und verbreiten mit openPR

Stellen Sie Ihre Medienmitteilung jetzt hier ein!

Jetzt gratis starten

Weitere Mitteilungen von Peira - Gesellschaft für politisches Wagnis

Der Xinnovations e.V. verabschiedete Rainer Thiem mit einem besonderen Event
Der Xinnovations e.V. verabschiedete Rainer Thiem mit einem besonderen Event
Nach 17 intensiven und sehr erfolgreichen Jahren legte Rainer Thiem im Oktober 2018 sein Amt als Vorstandsvorsitzender des Xinnovations e.V. in neue Hände. Mit der in seiner Amtszeit intensiv verfolgten Vernetzung von IT-Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung wurden neue Allianzen für technologische Innovationen geschaffen und die Verwertung von FuE-Ergebnissen über Netzwerke hinweg gefördert. Ein sehr nachhaltig wirkender Meilenstein war die Ausrichtung des Innovationsforums Semantic Media Web, das 2012 den Grundstein …
Was will Die Linke ab 2017? Fortsetzung der Opposition oder einen Machtwechsel mit SPD und Grünen herbeiführen
Was will Die Linke ab 2017? Fortsetzung der Opposition oder einen Machtwechsel mit SPD und Grünen herbeiführen
Berlin, 02.11.2016: Eine Peira – Matinée am 6. November 2016 mit Dr. Gesine Lötzsch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke und Rainer Thiem, Vorstand von Peira – Gesellschaft für politisches Wagnis. Nach der Berlinwahl ist Rot-Rot-Grün in aller Munde. Was früher als undenkbare Konstellation galt, ist jetzt Hoffnungsträger für eine politische Veränderung in Berlin. Ist eine solche Konstellation auch für den Bund denkbar? Ist sie dort wünschenswert? Ist eine linke Opposition eventuell besser als eine zu breite Dreierkoalit…

Das könnte Sie auch interessieren:

Bild: Piratenpartei überholt CDU, SPD, FDP, Die Linke und Grüne auf YouTube & Co.Bild: Piratenpartei überholt CDU, SPD, FDP, Die Linke und Grüne auf YouTube & Co.
Piratenpartei überholt CDU, SPD, FDP, Die Linke und Grüne auf YouTube & Co.
… Millionen Videoaufrufe für deutsche Parteien auf Videoportalen Mit 260.053 Videoaufrufen ("Views") allein in der ersten Septemberwoche überholt die Piratenpartei mit ihren Filmbeiträgen bei YouTube & Co. laut VideoCounter.com sämtliche Bundestagsparteien. Die detaillierten Statistiken werden unter http://www.videocounter.com/pages/webwahlen-2009.php …
Schwarz-Gelbes Sparpaket - Gerecht geht anders
Schwarz-Gelbes Sparpaket - Gerecht geht anders
Die von der Bundesregierung vorgestellten Sparpläne sind für die Piratenpartei Niedersachsen in ihrer derzeitigen Form nicht akzeptabel. Das Sparpaket richtet sich in erster Linie gegen die sozial Schwachen und vergrößert die Kluft zwischen Arm und Reich. Die vermögenderen Bevölkerungsschichten werden geschont, während Angestellte, Rentner und Hartz …
Grund- und Bürgerrechte gelten auch für Außenminister
Grund- und Bürgerrechte gelten auch für Außenminister
… ganzheitlicher Liberalismus die Politik bestimmt, sondern hauptsächlich marktliberale Aspekte.", so Michael Gugel, Vorsitzender des Bezirksverbands Freiburg der Piratenpartei Deutschland. Baden-Württemberg ist leider Schlusslicht, was die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften angeht. So dürfen Homosexuelle mancherorts nur in der …
Postsozialliberalismus
Postsozialliberalismus
… gesellschaftliche Teilhabe möglich. Mindestens in dieser Beziehung geht die Piratenideologie über das hinaus, was unter sozialliberal zu verstehen ist. Die Zeit des deutschen Sozialliberalismus, gekennzeichnet durch die sozial-liberale Koalition, ist allerdings auch durch eine Politik geprägt, die keineswegs Vorbildcharakter für die heutige Politik haben sollte: …
Bild: FDP-Gemeinderat tritt der Piratenpartei beiBild: FDP-Gemeinderat tritt der Piratenpartei bei
FDP-Gemeinderat tritt der Piratenpartei bei
Uwe Maiter, amtierender Gemeinderat in Heidenheim, ist der Piratenpartei beigetreten. Maiter war im Juli 2009 als erster Abgeordneter der FDP seit 30 Jahren in den Heidenheimer Gemeinderat gewählt worden. Nachdem die PIRATEN bereits in einer Reihe anderer Bundesländer kommunale Mandatsträger gewinnen konnten, ist die Bürgerrechtspartei mit Uwe Maiter …
Ein Zeichen für den Atomausstieg setzen - bundesweite Demos am 21.3. und 26.3.
Ein Zeichen für den Atomausstieg setzen - bundesweite Demos am 21.3. und 26.3.
Die Piratenpartei Nordrhein-Westfalen ruft alle Bürger auf, an den bundesweiten Demonstrationen gegen die Atomkraft teilzunehmen. In NRW findet am 26. März in Köln-Deutz (Deutzer Werft, ab 14 Uhr) eine Großkundgebung statt. Weitere Demonstrationen sind an diesem Tag in Berlin, Hamburg und München geplant. Am Montag, den 21. März finden zudem in zahlreichen …
Bild: Mit 1,5% wieder stärkste kleine Kraft Piratenpartei - Darmstadt gratuliert NRW-Piraten zu solidem WahlergebnisBild: Mit 1,5% wieder stärkste kleine Kraft Piratenpartei - Darmstadt gratuliert NRW-Piraten zu solidem Wahlergebnis
Mit 1,5% wieder stärkste kleine Kraft Piratenpartei - Darmstadt gratuliert NRW-Piraten zu solidem Wahlergebnis
Darmstadt / Bonn - Die Kreisverbände Darmstadt und Darmstadt-Dieburg zeigen sich erfreut über das solide Ergebnis der Piratenpartei in NRW. Trotz dem größtenteils taktischen Wahlverhalten vieler Wähler schaffte es die Partei nach der erfolgreichen Bundestagswahl 2009, erneut stärkste Kraft unter den "Kleinen" zu werden. Insgesamt holten die sonstigen …
NRW-Wahl 2010: Electronic Sports League bittet zum Wahlkampfgespräch
NRW-Wahl 2010: Electronic Sports League bittet zum Wahlkampfgespräch
Politische Talkshow live auf ESL TV am 12. April ab 19 Uhr – Vertreter von CDU, SPD, Grünen, FDP und Piratenpartei diskutieren über Medienkompetenz, Computerspiele und elektronischen Sport Köln, 9. April 2010 – Europas größte Liga für Computerspieler, die Electronic Sports League (ESL) mit Sitz in Köln, veranstaltet am kommenden Montag, den 12. April …
Unsäglicher Piraten-Vergleich zeigt die heillose Panik der FDP
Unsäglicher Piraten-Vergleich zeigt die heillose Panik der FDP
Düsseldorf, 22.04.2012 In seiner gestrigen Rede auf dem FDP-Parteitag hat der Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland und Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Philipp Rösler die Piratenpartei Deutschland mit den Piraten vor Somalia gleichgesetzt. [1] Der Parteichef der FDP hat also eine demokratische Partei in der Bundesrepublik Deutschland mit …
FDP vereinbart Überwachung von Internet-Telefonaten
FDP vereinbart Überwachung von Internet-Telefonaten
… Montag, dem 21.09., bekannt wurde, hat die FDP im Rahmen der Koalitionsgespräche mit der CDU in Sachsen einer verstärkten Überwachung der Internet-Telefonie zugestimmt. Die Piratenpartei lehnt diese und ähnliche Vorstöße, die unsere Bürgerrechte einschränken, entschieden ab. Die Piraten rufen insbesondere die Jungen Liberalen dazu auf, bei der Wahl am …
Sie lesen gerade: Sozialliberalismus – von der FDP verworfen von der Piratenpartei weiterentwickelt