(openPR) Die grundlegende philosophische Frage, was der Staat sei, und welche Funktionen und Grenzen er habe, ist nach wie vor aktuell. Sie beschäftigt sich damit, worin die Aufgaben, die Rechte und Pflichten eines Staates liegen, und worin seine Begründung und Rechtfertigung bestehen. Sie bietet die notwendige Grundlage, im jeweiligen Einzelfall zu klären, wo der Staat eingreifen und wann er sich zurückziehen muss – eine Aufgabe, die sich praktisch täglich stellt, wenn der mündige Bürger mit Forderungen nach mehr oder auch weniger „Staat“ in seinen Lebenszusammenhängen konfrontiert wird.
Nach den Überlegungen Kants ist ein Staat zunächst einmal schlicht die Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen. Dabei ist es unstrittig, dass die einzelnen Menschen als mitgesetzgebende Glieder niemals bloß als Mittel, sondern stets zugleich als Zwecke an sich selbst anzusehen und zu behandeln sind. Ein Staat ist dazu da, dass der Mensch unter gesetzlicher Ordnung in rechtlich verbindlichen Verhältnissen frei sein kann. In der Vereinigung der drei verschiedenen Gewalten (Legislative, Exekutive, Judikative), durch die der Staat sich selbst „nach Freiheitsgesetzen bildet und erhält“, bestehe das „Heil des Staates“. Hierunter versteht Kant „den Zustand der größten Übereinstimmung der Verfassung mit Rechtsprinzipien ... , als nach welchem zu streben uns die Vernunft durch einen kategorischen Imperativ verbindlich macht“. Als Aufgabe eines Staates kann es demnach nicht angesehen werden, für größtmögliche allgemeine Glückseligkeit zu sorgen – eine Position, von der die allgemeine öffentliche Diskussion nicht selten abweicht.
Zur Klärung der im Folgenden exemplarisch aufgeworfenen Fragen ist es nicht nur dringend anzuraten, sondern vielmehr unerlässlich, sich mit grundlegenden Überlegungen zur Staatsfunktion eindringlich auseinander zu setzen. Versteht man einen Staat als „Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen“, so ist mit diesem Verständnis zugleich auch die Forderung nach Prüfung der einzelnen Handlungsdirektiven, Regeln („Maximen“) und Rechtgesetze auf ihre prinzipielle Tauglichkeit verbunden, als Grundlagen allgemeiner Gesetzgebung zu fungieren. Eine solche Überprüfung kann und muss konsequenterweise bedeuten, folgende Überlegungen zu klären: sind die in Frage stehenden Handlungsregeln (die eines einzelnen Menschen wie auch die Rechtsgesetze eines Staates) erstens allgemein gültig, sind sie zweitens notwendig, und sind sie drittens widerspruchsfrei (d.h., sind sie als allgemein verbindlich denkbar, ohne widersprüchlich zu werden).
Lässt sich ein Begriff wie der des „Gemeinwohls“, der gerne und häufig im Zusammenhang der vermeintlichen Aufgaben eines Staates wie selbstverständlich ins Spiel gebracht wird, inhaltlich bestimmen? Ist der Mensch als Staatsbürger reiner Aufgabenerfüller, bloßer Funktionär? Was sind Einzel- oder Partikularinteressen? Nach Rousseau jedenfalls erschöpft sich der „Wille aller“ („volonté génerale“) nicht in der Summe aller Einzel- oder Individualwillen. Was aber stellt dieser „Wille aller“ oder „Allgemeinwille“ dar?
Lassen sich Eingriffe (seien sie auch räumlich der zeitlich begrenzt) eines Staates in Grundrechte eines jeden Menschen unter Berufung auf mögliche oder erforderliche Abwendung von Gefahren (Naturgeschehnisse oder Handlungen von Menschen) grundsätzlich rechtfertigen? Darf dem Einzelnen das Recht auf freie Wahl und Bestimmung seines Aufenthaltsortes aberkannt werden, z.B. im Falle von drohenden Naturereignissen wie Überflutungen oder Erdrutschen?
Wozu ist ein Staat verpflichtet und wozu berechtigt? Kann es Interessen eines Staates geben, die eine Aufweichung oder gar Aufhebung datenschutzrechtlicher Bestimmungen rechtfertigen? Ist ein Staat etwas anderes oder mehr als die Gesamtheit und er Zusammenschluss seiner Bürger? Und was ist zu verstehen unter der Willensbekundung, dem Staat dienstbar zu sein? Worin besteht der Dienst des Staatsdieners und wem dient ein Staatsdiener?
Der Katalog an Fragen ist umfangreich. Bemerkenswert und bedenklich ist die Tatsache, dass trotz einer großen Tradition staatsphilosophischen Denkens das gegenwärtige Bewusstsein um Funktion und Grenzen von Staatsgebilden auffällig brach liegt. Die Auseinandersetzung mit grundsätzlichen Überlegungen zur Staatlichkeit wäre vor diesem Hintergrund nicht nur wünschenswert, sondern angesichts von Fragen der Globalisierung und des Zusammenwachsens von Einzelstaaten zu übergeordneten Verbünden geradezu notwendig.
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Apeiron Philosophieberatung, 2005 gegründet von der Bonner Philosophin Renate Miethner, ist ein dezidiert philosophisch ausgerichtetes Beratungsunternehmen. Renate Miethner studierte Philosophie an der Rheinischen Friedrich-Wilhems-Universität Bonn und arbeitete ausführlich über Kant und die erkenntnistheoretischen Ansätze des deutschen Idealismus.
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