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‘Brutale Wilde’: Debatte um Gewalt bei indigenen Völkern geht weiter

04.03.201316:10 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft
Bild: ‘Brutale Wilde’: Debatte um Gewalt bei indigenen Völkern geht weiter
Davi Kopenawa, Yanomami-Sprecher hat sich gegen Chagnons neues Buch ausgesprochen. © Survival
Davi Kopenawa, Yanomami-Sprecher hat sich gegen Chagnons neues Buch ausgesprochen. © Survival

(openPR) Die durch Jared Diamonds Bestseller Vermächtnis losgetretene Debatte um Gewalt in indigenen Gesellschaften geht mit dem nun veröffentlichten Buch des kontroversen amerikanischen Anthropologen Napoleon Chagnon weiter. Das Buch Noble Savages [Edle Wilde] von Chagnon hat bereits Proteste unter Experten und Yanomami ausgelöst:



Davi Kopenawa, ein Sprecher der brasilianischen Yanomami und Präsident der Yanomami-Organisation Hutukara, hat sich gegen Chagnons Arbeit ausgesprochen: “[Chagnon] sagt über uns: ‘Die Yanomami sind Wilde!’ Er bringt den jungen Studenten falsche Dinge bei: ‘Schaut, die Yanomami töten sich gegenseitig wegen ihrer Frauen.’ Er sagt das immer wieder. Aber was tun seine Anführer? Ich glaube, dass sein Anführer vor wenigen Jahren einen großen Krieg führte – sie töteten Tausende Kinder, Tausende Jungen und Mädchen. Diese großen Männer töten fast alles. Sie sind die kriegerischen Menschen, die wahren kriegerischen Menschen. Sie werfen Bomben, feuern Maschinenpistolen und töten die Erde. Wir tun so etwas nicht!”

Marshall Sahlins, “der weltweit respektierteste lebende Anthropologe”, ist aus Protest aus der US National Academy of Sciences ausgetreten, nachdem Chagnon in die angesehene Institution gewählt wurde. Sahlins hatte schon früher harsche Kritik an Chagnons Arbeit geübt.

Eine Gruppe von Anthropologen, die jeweils jahrelang mit den Yanomami gearbeitet haben, kritisiert in einem Statement Chagnons Behauptung, dass die Yanomami “kämpferisch” und “gewalttätig” seien. Sie beschreiben die Yanomami als “grundsätzlich friedfertig”.
Survival Internationals Direktor Stephen Corry sagte: "Chagnons Arbeit wird immer wieder von Autoren wie Jared Diamond und Steven Pinker herangezogen, die indigene Völker als “brutale Wilde” darstellen wollen – als Menschen, die viel gewalttätiger sind als wir. Doch keiner von ihnen erkennt an, dass Chagnons zentrales Ergebnis über die “Gewalt” unter den Yanomami längst diskreditiert ist."

Napoleon Chagnons Autobiographie Noble Savages: My Life Among Two Dangerous Tribes – the Yanomamö and the Anthropologists [Edle Wilde: Mein Leben unter zwei gefährlichen Völkern – die Yanomamö und die Anthropologen] ist vor wenigen Tagen in Englisch erschienen. Sein Buch Yanomamö: The Fierce People [Yanomamö: Das kriegerische Volk] von 1968 porträtierte die Yanomami als “listig, aggressiv und furchterregend”. In dem Buch behauptet er, die Yanomami würden in einem “Zustand chronischer Kriegsführung leben”. Das Buch ist noch immer ein Standardwerk in der Ausbildung vieler Anthropologen.

Die Yanomami leben in Brasilien und Venezuela und sind das größte relativ isoliert lebende indigene Volk in Südamerika. Ihr Gebiet ist rechtlich geschützt, doch illegale Goldschürfer und Viehzüchter dringen noch immer in ihr Land ein, zerstören den Wald und schleppen Krankheiten ein, die bereits in den 1980er Jahren ein Fünftel der brasilianischen Yanomami ausgelöscht haben.

Chagnons Arbeit hatte weitreichende Konsequenzen für die Rechte der Yanomami. In den späten 1970er Jahren war die brasilianische Militärregierung, die die Demarkierung des Yanomami-Gebietes ablehnte, deutlich beeinflusst von der Charakterisierung der Yanomami als feindlich untereinander. In den 1990er Jahren lehnte die britische Regierung ein Bildungsprojekt für die Yanomami mit der Begründung ab, dass ein jedes solches Projekt darauf hinstreben sollte, die “Gewalt [unter den Yanomami] zu reduzieren”.

Zuletzt wurde Chagnons Arbeit in dem kontroversen Buch Vermächtnis des Pulitzer-Preisträgers Jared Diamond zitiert. Diamond argumentiert dort, dass die meisten indigenen Völker, darunter die Yanomami, in einem Zustand “chronischer Kriegsführung” leben und ruft dazu auf, mit der Etablierung der staatlichen Gewalt für Frieden zu sorgen.

Stephen Corry erklärte heute: "Die größte Tragödie daran ist, dass die echten Yanomami aus all dem größtenteils herausgeschrieben wurden, weil die Medien sich nur mit den schlüpfrigen Details der Debatte zwischen Anthropologen oder mit Chagnons umstrittener Charakterisierung beschäftigen. Doch Yanomamö: The Fierce People hatte desaströse Folgen für die Yanomami und indigene Völker allgemein. Es besteht kein Zweifel daran, dass es gegen sie verwendet wurde und den Mythos des “brutalen Wilden” aus dem 19. Jahrhundert wieder in den Mainstream unserer Zeit katapultiert hat."

Lesen Sie diese Meldung online: http://www.survivalinternational.de/nachrichten/8998

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