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Schwersterkrankte sollten sich nicht an der Nase herumführen lassen

06.03.201211:49 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft

(openPR) Patientenschutz- und Lebensrechtsorganisationen leisten einem ethischen Neopaternalismus Vorschub, der in einer aufgeklärten und zivilisierten Gesellschaft mehr als bedenklich ist. Das Selbstbestimmungsrecht der Schwersterkrankten wird in unzulässiger Weise verkürzt und dies gelingt insbesondere nur deshalb, weil Verfassungsinterpretation mit einer Hobbyphilosophie gleichgesetzt wird und ein Jeder meint, aus dem Grundgesetz ethische Botschaften herausfiltern zu können, die so beileibe nicht im Grundgesetz verortet sind.


Das Selbstbestimmungsrecht ist in der Tat ein schlichtes Wort, wie es einmal Dietmar Mieth zu bedenken gegeben hat und insofern muss es verwundern, wenn trotz dieser Schlichtheit Patienten- und Lebensschützer dem Selbstbestimmungsrecht Konturen zu geben versuchen, die mehr auf eine Beschneidung denn auf eine Sicherung existentieller Grundfreiheiten ausgerichtet sind.
Die Debatte muss endlich vitaler geführt und hierbei auch „Ross und Reiter“ benannt werden. Oberethiker schicken sich an, die schwersterkrankten und sterbenden Patienten für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, anstatt gemeinsam für eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts einzutreten. Es kann nicht angehen, dass das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende mit sozialethischen Pflichten überzogen wird und so gesehen der Schwersterkrankte am Ende des Lebens dazu verpflichtet wird, die Segnungen der Palliativmedizin in Anspruch zu nehmen. Die Entscheidung hierüber trifft einzig der schwersterkrankte oder sterbende Patient und die sich manchmal selbst verklärenden Oberethiker in unserem Lande sollten sich mehr als bisher bei ihren Statements in vornehmer Zurückhaltung üben. Es geht im Kern nicht um die Verkündung von Botschaften im Namen der „Heiligkeit des Lebens“ oder der „Heiligkeit der Palliativmedizin“, sondern um die Innenperspektive eines schwersterkrankten und sterbenden Patienten, der seinem Leid zu entfliehen gedenkt. Dass hierzulande Patienten- und Lebensschützer einem ethischen Neopaternalismus frönen, ist einzig mit Art. 4 GG (ggf. i.V.m. Art. 140 GG) zu erklären und letztlich auch zu tolerieren. Auch Patienten- und Lebensschützer können ihre individuelle Gewissensentscheidung treffen so wie eben ein Drittel der bundesdeutschen Ärzteschaft für eine Liberalisierung der Sterbebegleitung eintritt. Weshalb sich nun allerdings Patienten- und Lebensschützer anmaßen, uns ihre „Kultur“ eines vermeintlich würdevollen Sterbens überzustülpen, muss gerade in Deutschland besonderen Argwohn wecken. Wir brauchen weder ethische Großinquisitoren noch Hobbyphilosophen, die da meinen, verbindliche Leitlinien zum „normgerechten Sterben“ ausgeben zu können.
Der parlamentarische Gesetzgeber ist aufgefordert, sich von solchen ethischen Nebelbomben nicht beeindrucken zu lassen. Vielmehr hat der Gesetzgeber seinen grundrechtlichen Schutzpflichten nachzukommen und hiermit verbunden ist eine strikte Absage an einen unerträglichen ethischen Neopaternalismus am Ende eines Lebens. Es gibt Patienten, die hierüber ganz alleine entscheiden wollen und zwar gerade auch in Kenntnis der palliativmedizinischen oder hospizlichen Bemühungen und Erkenntnisse.
Patienten- und Lebensschützer sind in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass nahezu alle Ethikräte sich gerade mit Blick auf die Liberalisierung der ärztlichen Suizidbegleitung positioniert haben und diese im Kern befürworten. Dass dieser Befund in der aktuellen Debatte negiert wird, nährt die These, dass eine aufrichtige Diskussion nicht gewollt ist, könnte sich doch das Ansinnen der Patienten- und Lebensschützerfraktionen angesichts der eindeutigen Voten in Ethikräten in Wohlgefallen auflösen.
Im Übrigen werden aktuelle Stimmen aus der medizinethischen Profession schlicht übergangen. Es gibt nicht wenige Ethiker, die einem ethischen Neopaternalismus eine strikte Absage erteilen und auch ihr Unverständnis gegenüber der ethischen Werthaltung etwa der BÄK zum Ausdruck gebracht haben.
Ich bin der festen Überzeugung, dass hier ethische Überzeugungstäter am Werke sind und denen vielmehr daran gelegen ist, die gewünschte offene Debatte weiterhin mit einem Tabu zu belegen. „Leben“ ist nicht des Menschen höchsten Guts und es ist hohe Zeit, dass auch Patienten- und Lebensschützer zu dieser Erkenntnis gelangen und zumindest akzeptieren, dass ihre Visionen von einem „würdevollen Sterben“ beileibe nicht von der Mehrheit in unserer Gesellschaft geteilt wird.
Patienten- und Lebensschützerorganisationen sind auf dem besten Wege, als „Glaubensgemeinschaften“ in unserer Gesellschaft wahrgenommen zu werden, die streitbar für ihre Sache eintreten. Dieser „ethische und moralische Kreuzzug“ indes findet dort seine Grenze, wo unverhohlen unter dem Deckmantel des Patientenschutzes zentrale Grundrechte marginalisiert werden, die allgemeinhin für selbstverständlich erachtet werden. Der schwersterkrankte und sterbende Patient bleibt ein mündiger Patient und es erscheint mir zumindest moralisch anrüchig, wenn hier einer sozialethischen Inpflichtnahme das Wort geredet wird und Organisationen sich dazu aufschwingen, die schwersterkrankten und sterbenden Menschen am Ende ihres Lebens einer moralischen und ethischen Erziehung unterziehen zu wollen. In einem solchen Falle macht „Ethik unfrei“ und darf daher reinen Gewissens als „böse“ qualifiziert werden.
Dem ethischen Neopaternalismus mit seinen klerikalen Zügen ist eine deutliche Absage zu erteilen, mögen sich auch namhafte Vertreter aus Ethik, Theologie oder Rechtswissenschaft hierzu bekennen.
Die politisch Verantwortlichen sind aufgerufen, sich an dem ethischen Standard unseres Grundgesetzes zu orientieren und nicht an den fragwürdigen (Glaubens-)Botschaften einiger Patienten- und Lebensschützer, die beharrlich verfassungsrechtliche Binsenweisheiten nicht zur Kenntnis nehmen wollen! Punkt um!

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