(openPR) Vernissage: 10.12.2010 um 19:00 Uhr
Gruppenausstellung: 11.12.2010 - 08.01.2011
Bei der neuen Ausstellung „Zeitgenössische Kunst“ der Berliner Achtzig-Galerie für Zeitgenössische Kunst ist der Titel Programm. Gezeigt werden Ölbilder und Skulpturen junger zeitgenössischer Künstler/Innen, die aufgrund der thematischen und technischen Vielfältigkeit ihrer Werke zu Recht als die Vertreter der zeitgenössischen Kunst gewertet werden können. So reflektieren die Bilder und Skulpturen Dorothea Weises (Berlin Steglitz), Sonja Tines`(München), Holger Friedrichs (Berlin), Matthias Merdans (Zürich), Marita Wiemers (Ludwigsfelde/Jütchendorf), Ellen Wolters (Berlin), Nils Frankes (Neue Leipziger Schule) und Diana Achtzigs (Berlin) in gewohnt hoher künstlerischer Manier die Themen, die die junge zeitgenössische Kunstszene bewegen.
In den Bildwelten Dorothea Weises spiegelt sich die Heterogenität unserer Zeit. Immer wieder spürt die Künstlerin kleinen Details nach, die sie zu großen Geschichten führen. Diese Geschichten variieren Grundthemen der menschlichen Existenz: Es geht um Schuld und Unschuld, um Gut und Böse, doch erscheinen diese Dichotomien beständig im Wandel begriffen und führen dem Betrachter so die Fehlerhaftigkeit solcher Begrifflichkeiten im 21. Jahrhundert vor Augen. Ihre Bilder erzählen Geschichten, die märchenhaft sind, ja mitunter in die Tiefen alter oder auch neuer Mythen hinabtauchen, wie zum Beispiel in dem Werk „Auch das Opfer der Engel konnte die Sonne nicht zur Umkehr bewegen“ (Öl auf Leinwand, 180 x 230 cm, 2010). Der Grundton ihrer Werke ist eine alles verzehrende Traurigkeit, trotz der mitunter gewollt kitschigen Farbwahl. Der Betrachter begegnet hier der eindringlichen Weltsicht einer jungen Künstlerin, die von sich selber sagt „Ich persönlich kann mir ein glückliches Ende für die meisten meiner Geschichten nicht vorstellen“.
Es sind stets weibliche Figuren, die die Bildwelten der Künstlerin Sonja Tines`beherrschen: Dunkelhaarige Schönheiten, die den Betrachter als erotischer Vamp (“Ask the right question”, 120 x 160 cm, Öl auf Leinwand, 2010) fesseln oder als unschuldiger Engel („Between not yet and not longer” 90 x 140 cm, Öl auf Leinwand, 2010) verzaubern. Das weibliche Individuum wird dem Betrachter so in all seiner emotionalen Tiefe vor Augen geführt, mal traurig, mal geil. Phallussymbole als Hinweise auf mögliche (sexuelle) männliche Machtansprüchen in dieser Frauenwelt erscheinen immer an den Rand der meist düster gehaltenen Szenarien gedrängt. Das weibliche Prinzip erscheint hier allumfassend: Gut und Böse, Macht und Ohnmacht, Unschuld und Verderbtheit können die Frauenfiguren Sonja Tines transportieren.
Wie die endlose Zelebrierung einer widerborstigen Wirklichkeit muten die Werke des Grafikers und Malers Holger Friedrich an. Seine Bildwelten reihen Objekt um Objekt aneinander und konfrontieren den Betrachter mit einer wilden Gegenständlichkeit, die oft genug die Grenzen des Bildes zu sprengen scheint. Menschliche Grundthemen wie Sexualität, Angst, Gefahr und Verführung werden in neue experimentelle Ausdrucksformen gegossen; klassische Hierarchien werden in diesen bildgewaltigen Erzählungen nur abgebildet, um dann umso gewalttätiger wieder dekonstruiert zu werden.
Die Acrylbilder des Schweizer Künstlers Matthias Merdan verorten moderne Themen in ungegenständlichen Welten, die stets durch eine abstrakte Räumlichkeit und klare Formensprache charakterisiert sind. Der Grundton seiner Werke ist kühl; in das stets grau-weiß gehaltene Design mischt sich ein sparsames Schwarz. Thematisch kreisen seine Bildwelten um die Irrationalität von Biografien, um das Gelingen oder Scheitern menschlicher Aktionsräume und umspannen somit die ganze Vielfalt der menschlichen Gefühlswelt. Einzigartig ist die Materialwahl dieses außergewöhnlichen Künstlers, der die unterschiedlichsten Werkstoffe (Aluminium, Bitumen, Acryl und Fiberglas) in den künstlerischen Schaffensprozess mit einbezieht.
Das Hauptaugenmerk der Bildwelten Marita Wiemers liegt auf dem gekonnten Spiel mit Farbigkeit. All ihre grafischen Werke sind rein ungegenständlich und widersetzen sich immer wieder dem Diktat des Figurativen. Es ist stets eine handwerkliche Hand, die hier schaffend tätig wird und mit einem hohen Grad an Expressivität und Spielfreude die Tiefen von Farben und Strukturen nachfühlt. So erreicht Marita Wiemers im Umgang mit dem Linoldruck und der Spachteltechnik eine beeindruckende Meisterschaft. Inhaltlich geht es immer den Ausdruck individueller Emotionen, die den Schaffensprozess lenken und Malerin und Betrachter mit auf eine sinnliche und spirituelle Reise nehmen. Daher tragen ihre Werke auch keine Titel, sondern lassen die bis zum künstlerischen Schöpfungsakt ungeformten Fantasien die Strukturen dieser außergewöhnlichen Bildwelten diktieren.
Die Werke Nils Frankes bestechen durch ihren Hang zur Abbildhaftigkeit: Seine Sujetwahl mutet mitunter skurril an: Es finden sich Porträts von niederen Tieren, die nahezu zwanghaft detailgetreu sind. So begegnet der Betrachter in dem Werk „Tigerschnegel“ dem fotohaften Abbild einer Nacktschneckenart („Tigerschnegel“, 60 x 140 cm, Öl auf Leinwand, 2009). Diese Auswahl scheinbar unbedeutender Kleinigkeiten durch den Künstler, die einer semantischen Überhöhung des Gegenstandes entspricht, betont das trügerische Moment menschlicher Wertevorstellungen: An den Rand des gesellschaftlichen Bewusstseins verdrängte Details oder Lebewesen kehren in das Zentrum der Aufmerksamkeit zurück, von dem aus sie den Betrachter unverblümt anstarren, und so die Brüchigkeit klassischer Wertesysteme und gesellschaftlicher Konsense aufzeigen.
Die Werke Ellen Wolters rekurrieren ganz unverhohlen auf die Farbauswahl und Technik Roy Lichtensteins und Andy Warhols und zitieren in ihrer überbordenden Lebendigkeit und Bunthaftigkeit die moderne Werbeindustrie. Wichtigstes Merkmal ihrer Werke aber ist die Verwendung verschiedener Schrifttypen, die auch wiederum als Teil eines Dialogs mit der Kunstgeschichte zu lesen sind. So haben zum Beispiel bereits in den zwanziger Jahren die amerikanischen Maler Stuart Davis („Odol“, 1924) oder Charles Demuth (z.B. „I Saw he Figure 5 in Gold“, 1928) Schrifttypen als zeitgenössische Zitate in ihren Werke eingebracht. Inhaltlich kreisen ihre Werke um Geschlechterfragen, um Macht und Ohnmacht (die Künstlerin Diana Achtzig stellt auch diese Fragen nach Macht und Ohnmacht in ihrer Bildwelt), um Schöpfen und Empfangen und illustrieren auf eine comichafte Weise das Werden der Frau vom Moment ihrer Schöpfung über ihre Degradierung zur beweglichen Habe des Mannes nach dem Sündenfall bis hin zu ihrem aktuellen Selbstentwurf.
Auch die Werke der Berliner Galeristin der Achtzig-Galerie für Zeitgenössische Kunst selbst, Diana Achtzig, sind im Rahmen dieser eindrucksvollen Ausstellung zu bewundern. Ihre künstlerischen Wurzeln liegen eindeutig im veristischen Surrealismus. Beständig zitieren ihre Werke technisch und/oder auch inhaltlich die Kunstgeschichte. Diese Zitate aber werden inhaltlich durch das Aufgreifen aktueller Fragestellungen ergänzt, was Diana Achtzigs Werken eine enorme Relevanz verleiht und sie zu Zeugen unserer zeitgenössischen Wirklichkeit macht. Die Farbwahl ist stark expressiv und ihre Bildwelten erscheinen immer reich bevölkert: Die Figuren, die dem Betrachter hier begegnen sind stets gefährdete Existenzen, die sich kippelnd, schwankend oder fliegend immer am Rande eines Abgrunds bzw. der Abgründigkeit an sich bewegen. Ihre Existenz ist nie sicher, sondern gleicht einem beständigen Kampf ums nackte Überleben in einer Welt, die in einem endlosen Wirbel um Extreme wie Gier, Gewalt, Macht und Ohnmacht kreist.
Die Vernissage zur Ausstellung „Zeitgenössische Kunst“ findet am 10.12.2010 um 19 Uhr in der Achtzig-Galerie für Zeitgenössische Kunst (http://www.dianaachtzig.de/index.html) in der Brunnenstr. 150 in 10115 Berlin statt. Die Ausstellung selbst ist für Kunstinteressierte vom 11. Dezember 2010 bis zum 8. Januar 2011 geöffnet.
(In der Zeit vom 24. 12. 2010 bis zum 05.01.2011 befindet sich die Galerie in den Weihnachtsferien.)











