(openPR) 2008 schrieb der Segelkunstflug in Deutschland erstmals seit langem wieder Geschichte durch den weltweit ersten Wettbewerb, der als Schleppmöglichkeit ausschließlich eine Winde nutzte. Der im Vorfeld zur Deutschen Meisterschaft ausgetragene Lausitzpokal auf dem Flugplatz Rothenburg/Oberlausitz glänzte damals mit dieser Weltsensation in Segelkunstflugkreisen. 2010 ist nun erneut ein Jahr, das dem Segelkunstflug Geschichtsträchtiges beschert: Zwischen dem 17. und 24. Juli werden im finnischen Jämijärvi die ersten Segelkunstflug-Weltmeisterschaften der Advanced-Klasse stattfinden. Bisher wurden Welt- und Europameister im Akrobatikbereich ausschließlich in der Unlimited-Klasse ermittelt. Die Advanced-Klasse ist also ein Novum. Außerdem neu ist, dass diese WM zeitgleich mit der EM der Unlimited-Klasse auf ein- und demselben Flugplatz ausgetragen wird. Die tagesaktuellen Ergebnisse können unter www.daec-segelflug.de/events/10 mitverfolgt werden. Doch unternehmen wir einen kurzen Ausflug zurück, wie es denn zu dieser „Doppelmeisterschaft“ kam. Grundsätzlich gab es bisher in Deutschland zwei Klassen, in welchen die Segelkunstflieger starten konnten: Zum einen die Aufsteigerklasse - auch als Halbacro bezeichnet - und die Meisterklasse, die man auch Vollacro nennt. Unterschiede zwischen diesen beiden Klassen bestanden lediglich in der zur fliegenden Figurenauswahl. So durften bei den Halbacro-Piloten keine gerissenen und gestoßenen Figuren sowie längere Rückenflugsequenzen geflogen werden. Ebenso waren Rollen im Aufgang von Figuren und Rollenkreise den Startern in der Meisterklasse vorbehalten. Bereits im Jahr 2005 wurden jedoch innerhalb der CIVA-Delegationen die Möglichkeiten zur Ausführung von Meisterschaften der Advanced-Klasse diskutiert. Die CIVA (Commission Internationale de Voltige Aerienne) ist das Pendant der IGC und vertritt innerhalb der FAI die Interessen des Segelkunstfluges. Die Advanced Class im Segelkunstflug sollte also analog zu den im Motorkunstflug bereits üblichen Wettbewerben die Möglichkeit zu separat gewerteten Meisterschaften bekommen. Vorreiter für Wettbewerbe dieser Klasse waren vor allem die Fliegerkollegen aus Polen, Schweden und Finnland. In Deutschland wurde zu den Deutschen Meisterschaften im Segelkunstflug 2006 in Bad Frankenhausen erstmals der „1st European Advanced Glider Aerobatic Contest“ (EAGAC) ausgeschrieben, an dem insgesamt fünf Piloten aus Polen, Österreich und Holland in der Advanced Class teilgenommen haben. Die CIVA zeigte sich überzeugt von dem Konzept und kam in den folgenden Sitzungen überein, die in Deutschland seit langem in der Halbacro geltenden Regelungen für die Advanced auch international zu übernehmen. Die zur DSKM 2008 in Rothenburg/Görlitz ebenfalls ausgeschriebene internationale Advanced-Meisterschaft wurde lediglich von zwei Piloten aus Großbritannien und Frankreich wahrgenommen, da sich die Termine mit den Meisterschaften der anderen Länder unglücklicherweise überschnitten. Im Jahr 2009 wurden die Regelungen (identisch mit den deutschen Regeln) für die Advanced-Klasse dann endgültig in den FAI Sporting Code für den Segelkunstflug übernommen. Da es bislang noch keinen Nationalkader Advanced gab, legte man fest, grundsätzlich die Kriterien anzuwenden, wie sie bislang für die Aufstellung des Unlimited-Nationalmannschaft galten. Konkret bedeutet dies: Qualifiziert sind die ersten drei Ränge der letzten DM sowie die Plätze 1-8 der geltenden Rangliste. Die Mannschaftsstärke ist gemäß internationalem Reglement auf total 8 Piloten begrenzt. Somit stand das Team für die WM 2010 in Finnland recht schnell fest: 8 der qualifizierten PilotInnen erklärten ihre Bereitschaft zur Teilnahme. Obgleich alle Starter bisher noch keine internationalen Erfahrungen sammeln konnten, sind sie dennoch hoch motiviert und trainieren bereits seit längerem in kleineren Gruppen auf verschiedenen Flugplätzen. Das Team Advanced für die Weltmeisterschaften 2010 besteht aus folgenden Teammitgliedern:
Barbara Gerkhardt: Sie fliegt seit 1980 und ist seit 1994 im Segelkunstflug aktiv. Seit 2003 nimmt Sie auch aktiv und erfolgreich an Meisterschaften teil. Barbara ist als stets um ihre Schüler bemühte Segelkunstfluglehrerin im Förderverein Segelkunstflug tätig; hier bringt Sie mit viel Geduld und Ausdauer auch dem resistentesten „Fußgänger“ den Segelkunstflug und dessen Faszination bei. Fliegerisch ist Barbara bei der Fluggemeinschaft Heiligenberg zuhause, jedoch auch intensiv im Förderverein tätig und dort als zweiter Vorstand eingebunden. Beruflich ist Sie als Laborleitung in einer Klinik in Lindau tätig. Wandern und Skifahren runden Ihr sportliches Profil entsprechend ab.
Werner Kugler: Er hat 1988 in Laupheim mit der Segelfliegerei begonnen und ist seit 1990 im Besitz des Segelflugscheins. Im Jahr 2000 hat er seine Segelkunstflugberechtigung erworben. 2004 wurde Werner dann bei einer Kunstflug-Weiterbildung in Walldürn vom Virus der Wettbewerbskunstfliegerei erwischt und schon 2005 nahm er am ersten Wettbewerb aktiv teil. Seit dem Zeitpunkt nimmt Werner, wenn es die Zeit erlaubt, an Segelkunstflugwettbewerben teil. Seit 2006 bildet Werner als Lehrer auch im Segelkunstflug aus. Fliegerisch ist Werner im LSV Ochsenhausen verankert und dort auch als Fluglehrer tätig.
Martin Hofmann: Er hat mit 13 Jahren bereits mit der Fliegerei begonnen, damals bei der Fliegergruppe Göppingen auf dem Nortel. Seit 1975 fliegt Martin auch Motorsegler und Motorflug aktiv. Segelkunstflug betreibt er seit 2007 und hat am Salzmanncup im gleichen Jahr auf Anhieb den vierten Rang belegt. Weitere Platzierungen im vorderen Drittel der Teilnehmerfelder auf den Wettbewerben in den Folgejahren bis 2009 ermutigten ihn, sich weiter in der Segelkunstfliegerei einzubringen. So investiert er für die württembergischen Segelkunstflieger und den Förderverein für Segelkunstflug viel Zeit und Herzblut. Unter anderem präsentiert er den Förderverein auf Veranstaltungen wie lokalen Segelfliegertagen und zeichnet für das Design von einheitlicher Mannschaftskleidung verantwortlich.
Jochen Reuter: Der verheiratete Vater dreier Kinder ist seit 1977 fliegerisch aktiv. Seine Ausbildung hat er bei er Fliegergruppe Amberg gemacht, wo er seit 1990 auch als Segelfluglehrer aktiv ist. Zum Segelkunstflug ist Jochen auf einem Kunstfluglehrgang 1996 gekommen. Infiziert mit dem Kunstflugvirus war sein erster Wettbewerb der Salzmanncup, den er ab 2004 mit der eigenen – in Haltergemeinschaft befindlichen - Pilatus B4 bestritt. Jochen engagiert sich sehr im Bereich der Nachwuchsförderung und ermöglicht auch anderen Kunstflugpiloten in seinem Verein die Nutzung der B4. Neben der Fliegerei fährt er noch sehr gerne Motorrad und Mountainbike.
Michael Spitzer: Michael absolvierte seinen ersten Segelflug 1999 beim Fliegerclub Gladbeck&Kirchhellen. Seit 2003 ist er im Besitz der Segelkunstflugberechtigung und flog 2006 seinen ersten Wettbewerb. Den Salzmanncup 2006 schloss er mit dem sechsten Platz in der Advanced-Klasse ab. 2008 belegte er beim gleichen Wettbewerb Rang drei und sicherte sich im gleichen Jahr in seiner Klasse den Deutschen Meistertitel. Beruflich ist Michael als Verkehrspilot unterwegs.
Benni Stiebe: Er fliegt seit 2001 und ist im Segelkunstflug seit 2002 aktiv. Bennis fliegerische Heimat ist die Fliegergruppe Isny im schönen Allgäu. Seit 2008 bestreitet er aktiv Segelkunstflugwettbewerbe. Da Benni auch begeisterter Streckenflieger ist, unternimmt reichlich Flüge im Alpenraum. In seinem Heimatverein ist er außerdem als technischer Leiter und Werkstattleiter tätig. Neben der Kunstfliegerei betreibt er noch Modellflug, angelt gerne und ist ansonsten als fürsorglicher Vater für seine Familie da.
Sebastian Dirlam: Er fliegt seit 1993 beim VfL Mönchengladbach Rheydt und Umgebung e.V. Die Segelkunstflugberechtigung besitzt er seit 2007, gleich im Folgejahr ist Sebastian seinen ersten Wettbewerb, den Salzmanncup auf dem schwäbischen Hornberg, mitgeflogen und hat dabei auf Anhieb Platz 10 in der Advanced-Klasse belegt. 2009 schrammte er dann auf der Blockmeisterschaft im Bayerischen Pfarrkirchen nur knapp am Treppchen vorbei; er belegte Platz 4 in seiner Klasse. Beruflich orientiert er sich nach seinem Dienst in der Bundeswehr momentan neu. In seiner nichtfliegerischen Freizeit fährt Sebastian häufig mit dem Motorrad durch die Lande.
Bastian Pause: Bastian ist Student der Physik in Aachen und fliegt seit 1998 beim Aero-Club Koblenz e.V. Im Jahr 2005 hat er die Segelkunstflugberechtigung erworben und seit 2006 ist er auch als Segelfluglehrer tätig. Auf seiner ersten Meisterschaft in 2008 in Rothenburg/Görlitz errang er auf Anhieb den zweiten Platz in der Advanced-Klasse. Neben dem Studium und der Fliegerei ist Bastian als BfL auf dem Flugplatz Koblenz–Winningen tätig.
In der Unlimited-Klasse, die 2010 parallel zur WM der Advanced-Klasse ebenfalls in Jämijärvi/Finnland ihren Europameister ermittelt, starten folgende Piloten für die deutsche Nationalmannschaft:
Markus Feyerabend hat nach einigen mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen in der Modellfliegerei 1987 in der Segelfluggruppe Weilheim-Peissenberg mit der Segelflugschulung begonnen. Zunächst im Streckenflug zu Hause, qualifizierte sich Markus 1991 bei der Teilnahme an den Deutschen Juniorenmeisterschaften zur Sportfördergruppe der Bundeswehr, wo er 1992 ein Jahr lang die Möglichkeit zu intensivem Training im In- und Ausland geboten bekam. Im Jahr 2001 erwarb er die Berechtigung zum Segelkunstflug, und schon wenige Wochen nachdem danach bestritt er seinen ersten Wettbewerb. Mit dem Erwerb des Swift S1 (in Haltergemeinschaft) gelang es ihm, gemeinsam mit seinen Vereinskameraden eine hervorragende Trainingssymbiose zu schaffen. Entsprechende Erfolge ließen nicht lange auf sich warten: Bei der Deutschen Meisterschaft 2004 in Biberach gelingt Markus der Sprung in die Unlimited-Klasse sowie in die Nationalmannschaft, der Markus seither ohne Unterbrechung angehört. 2006 und 2008 war er Deutscher Meister im Segelkunstflug und erreichte auf internationalen Wettbewerben (EM, WM) diverse Podestplätze. Markus betreibt auch Motorkunstflug, ist in seinem Heimatverein in verschiedenen Ämtern tätig und engagiert sich außerdem als Vorstand in einem Motorflugverein. Beruflich ist er als Global Delivery Manager für IT-Applikationen für mehrere Großfirmen tätig.
Michael Göst wurde in dem kleinen Ort Flammersbach am Fuße des Westerwaldes geboren. Aufgewachsen ist er auf den Segelfluggeländen Hirzenhain, Hörbach und Breitscheid, da sein Vater Reinhard die Rolle als Wanderfluglehrer und Segelkunstflugmissionar in Hessen inne hatte. Mit 18 Jahren erhielt er die Segelfluglizenz und war zunächst begeisterter Streckenflieger. Bis 1983 nahm er an mehreren regionalen Streckenflugwettbewerben in der Standard- und Offenen Klasse teil. Seit 1980 ist Michael Göst Inhaber der Segelkunstflugberechtigung und bestreitet seit 1981 ohne Unterbrechung Deutsche Meisterschaften. Als Arbeitsgerät nutzte Michael anfangs eine LO 100 A, ein Einzelstück in Holzbauweise. Zwischen 1995 und 2002 war diese LO das einzige Flugzeugmuster in Holzbauweise bei internationalen Segelkunstflugwettbewerben. Inzwischen ist Michael auf einem SWIFT S1 kunstfliegerisch unterwegs. Er fungiert seit 2006 als Mannschaftskapitän der Unlimited Nationalmannschaft.
Eugen Schaal hat wie viele andere zunächst mit dem Modellflug begonnen, den er jedoch 1985 zugunsten der manntragenden Fliegerei einschränkte. Seine fliegerischen Wurzeln hat Eugen bei der Fliegergruppe Korntal e.V., wo er 1986 seinen PPL C erwarb. Zunächst als Streckenflieger unterwegs, machte er 1989 seine Kunstflugberechtigung, was ihn dazu ermutigte, gelegentlich mit der vereinseigenen ASK21 und der Pilatus B4 mal eine Rolle oder einen Looping zu fliegen. Den ersten Wettbewerb bestritt Eugen dann 1993 in der Advanced-Klasse. Berufsbedingt musste er kurze Zeit später jedoch eine kunstfliegerische Pause einlegen. Drei Jahre später setzt er seine Karrier mit dem Umstieg in die Unlimited-Klasse fort. 1998 gelang Eugen während der Deutschen Meisterschaft auf dem Fox des Landesverbandes Nordrheinwestfalen der Einstieg in die Nationalmannschaft, der er seither ununterbrochen angehört. Sein Fazit: „Kunstflug ist für mich eine ideale Kombination aus intensivem Fluggefühl und gemeinsamer Zeit mit Freunden, sportlicher Herausforderung ohne verbissenen Ehrgeiz. Jeder Wettbewerb, jeder Flug bringt neue zu meisternde Aufgaben, neue Erfahrungen, und ist gleichzeitig Urlaub vom beruflichen Alltag.“
Andrea Fenzau-Lehmann ist 1994 durch den Freundeskreis Luftwaffe mit dem Segelfliegen in Berührung gekommen und erlebte dabei ihren ersten Looping. Mit dem Virus Segelflug infiziert, begann Andrea 1996 mit der Schulung in Bückeburg. 1998 erhielt sie ihre Segelfluglizenz, den sie zielstrebig in Richtung Kunstflugberechtigung, Lehrberechtigung (auch für Kunstflug) und Motorseglerberechtigung ausbaute. Seit em Erwerb ihrer Kunstflugberechtigung nimmt sie an Landes- und Deutschen Meisterschaften teil, zum ersten Mal auf der DM 2002 mit ihrer eigenen Pilatus B-4 in der Advanced-Klasse. Bereits zwei Jahre später startete sie in der Unlimited-Klasse auf Fox. Seitdem fliegt sie laut ihrer eigenen Aussage leider als einzige Frau in der Unlimited-Klasse. Seit 2005 lebt sie mit ihrem Mann, der ebenfalls erfolgreicher Wettbewerbssegelkunstflieger ist, in Baden-Württemberg, wo beide im LSR Aalen eine hervorragende fliegerische Heimat gefunden haben.
2006 wechselte Andrea erneut das Flugzeug und tauschte ihre B-4 gegen einen Swift S-1. Ihr bisher größter Erfolg war die WM 2009 in Hosín, wo sie als beste der beiden teilnehmenden Frauen der Wertungsliste abschloss. Am internationalen Wettbewerbsgeschehen begeistert Andrea besonders die Fairness unter den Mannschaften und die Solidarität im eigenen Team. Außerhalb der Wettkampfszene engagiert sich Andrea als (Kunst-)fluglehrerin und in der Vereinigung deutscher Pilotinnen für die Förderung von Frauen im Segelkunstflug.
Olaf Schmidt ist bei Bremen in der Nähe eines Segelfluggeländes aufgewachsen und begann dort 1975 mit dem Segelflug. Es folgte eine lange Zeit des Streckensegelflugs, und mit 21 Jahren nahm Olaf die Fluglehrertätigkeit in seinem Verein, dem Bremer Verein für Luftfahrt e.V. auf. Später half Olaf häufig als Schlepppilot bei Kunstfluglehrgängen des DAeC LV Bremen e.V. aus und ließ sich 1987 selbst mit dem Kunstflugvirus infizieren. Es folgten einige Jahre in der Advanced-Klasse auf Pilatus B4 und Salto. Seit 1998 ist Olaf in der Unlimited-Klasse zu Hause. Seit 2001 unterstützt er die deutsche Nationalmannschaft, mittlerweile auf einem Swift S-1 fliegend. Neben diversen Podiumsplätzen auf Deutschen und auch internationalen Meisterschaften war sein bisher bestes Ergebnis der 4. WM-Rang 2007 in Niederöblarn, der noch mit einer Silbermedaille in der Mannschaftswertung gekrönt wurde. Seit 1995 leitet und organisiert Olaf auch den oben erwähnten Kunstfluglehrgang des DAeC LV Bremen e.V. Inzwischen ist daraus ein Trainingslager sowohl für Anfänger wie auch für fortgeschrittene Piloten entstanden. Eine Vielzahl Piloten hat hier ihre Kunstflugberechtigung erworben oder sich auf Wettbewerbe vorbereitet. Und das Erfolg bringende "Arbeitsgerät", der Fox der ISN e.V., ist neben vielen der damaligen Gründungsmitglieder noch immer mit dabei.













