(openPR) Zum Auftakt der morgigen Afghanistan-Konferenz in London fordert die grünnahe Heinrich-Böll-Stiftung einen Strategiewechsel beim zivilen Aufbau in Afghanistan. Es gelte vor allem, die Verantwortlichkeiten für den Wiederaufbau langfristig den Afghanen zu übertragen und der sozio-ökonomischen Entwicklung den Vorrang zu geben.
Entscheidend sei der Aufbau leistungsfähiger, staatlicher Institutionen und Strukturen, die die Mittelverwendung aus dem Ausland effektiv steuern, für mehr Transparenz sorgen sowie die landesweit verbreitete Korruption effektiv bekämpfen können. "Künftig sollten die Gebernationen mehr durch die staatlichen Strukturen arbeiten und sicherstellen, dass harte Korruptionsbekämpfung mit einer Reform des öffentlichen Dienstes und angemessenen Gehältern kombiniert werden", fordert Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung. Notwendig seien der Ausbau des Rechtsstaatlichkeitsfonds sowie interne Prüfungsabteilungen, die Beschwerden wegen Korruption nachgehen. "Die internationale Gemeinschaft sollte nicht davor zurückscheuen, klare und erfüllbare Forderungen an die afghanische Regierung zu stellen. Forderungen zu stellen heißt auch, sein Gegenüber ernst zu nehmen", so Unmüßig.
Nach Angaben der afghanischen Regierung fließt bislang nur ein Bruchteil der Aufbauhilfen durch den afghanischen Staat (20 Prozent). Von diesen 20 Prozent wiederum könne der Staat nur 30 bis 40 Prozent umsetzen. "Die restlichen 80 Prozent der Aufbauhilfen fließen über andere Wege und stärken Parallelstrukturen statt staatliche Strukturen", kritisiert Unmüßig.
Der Emanzipation vom Tropf der Gebergemeinschaft müsse dennoch langfristig durch entsprechende Investitionen der Weg bereitet werden, fordert Bente Scheller, Büroleiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Kabul. Absolute Priorität beim zivilen Aufbau hätten die ländliche Entwicklung sowie Einkommen schaffende Maßnahmen: "Statt den Schwerpunkt auf Entwicklungshilfen zu legen, muss die sozio-ökonomische Entwicklung Afghanistans gestärkt werden." Der afghanische Staat nimmt über Steuern und Abgaben bislang nur etwa 12 Prozent seines Jahresbudgets ein.
Entscheidend sei jetzt, dass in London über den zivilen Wiederaufbau nicht nur in quantitativen Kategorien gesprochen werde, warnt Barbara Unmüßig: "Die Wirksamkeit und Herausforderungen des zivilen Aufbaus müssen evaluiert und endlich Schlussfolgerungen für einen Strategiewechsel gezogen werden. Diese Aufgabe sollten externe Gutachterinstitutionen übernehmen, die eine Gesamtevaluierung aller zivilen Aufbauprojekte beispielsweise der Bundesregierung durchführen."
Die Heinrich-Böll-Stiftung engagiert sich seit 2003 in den Bereichen "Demokratisierung", "Frieden und Sicherheit" sowie "Ökologie" in Afghanistan.
Ein Afghanistan-Dossier mit Hintergrundinformationen, Analysen und Kommentaren aus Afghanistan, Pakistan, Indien und Deutschland zur aktuellen Lage und den Entwicklungschancen Afghanistans anlässlich der internationalen Konferenz in London finden Sie unter http://www.boell.de/weltweit/asien-8231.html
Informationen über die Arbeit des Büro Afghanistan der Heinrich-Böll-Stiftung finden Sie unter:
http://www.boell.de/weltweit/asien/asien-2685.html









