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Haftung des Geschäftsführers (Director) einer in Deutschland tätigen Limited

24.01.200808:46 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft

(openPR) Die Rechtsform der englischen Private Company Limited by Shares (kurz: Limited oder Ltd.) gewann in Deutschland in den zurückliegenden Jahren zunehmend an Bedeutung und ist schon lange kein Exot in der deutschen Landschaft der Kapitalgesellschaften mehr. Die Gründe hierfür sind vielfältig, die nachstehenden Erwägungen stehen daher nur exemplarisch für den Boom hierzulande. Dank der in den Grundlagenverträgen der Europäischen Gemeinschaft garantierten Niederlassungsfreiheit kann jeder Unternehmer ab 1 £ Stammkapital eine Limited gründen und in den Genuss der insoweit auf das Stammkapital in dieser Höhe beschränkten Haftung kommen.



Anders dagegen bei dem deutschen Pendant, der GmbH, bei der nach wie vor ein Stammkapital von mindestens 25.000,00 Euro aufgebracht werden muss. In der Werbung von sogenannten Limited-Agenturen heißt es nicht selten, dass der Geschäftsführer (Director) einer Limited den Haftungsgrundsätzen, strafrechtlichen Sanktionen und Sperrfristen des deutschen GmbH-Gesetzes entgehen kann. Stellt die Wahl der Limited als Rechtsform somit einen sicheren Hafen für in der Vergangenheit bereits gescheiterte Geschäftsführer dar? Ist dem Missbrauch nun Tür und Tor geöffnet? Oder gibt es aus haftungsrechtlicher Sicht doch Gründe, dem deutschen Modell der GmbH die Treue zu halten?

Anwendbarkeit englischen Rechts auf Limited mit Sitz in Deutschland

Auf den ersten Blick scheint die Abwanderung ins englische Gesellschaftsrecht verlockend: aufgrund von zwei Grundsatzentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ist auf eine nach englischem Recht gegründete Gesellschaft, die innerhalb der Europäischen Gemeinschaft eine Niederlassung unterhält, stets englisches Gesellschaftsecht anzuwenden. Keine Rolle spielt dabei, in welchem Mitgliedsstaat die Limited ihren Verwaltungssitz hat oder den Großteil ihrer Geschäfte abwickelt. Allerdings gilt dies nur für das Gesellschaftsrecht, sobald es etwa um Insolvenzrecht geht, gilt auch für die Limited mit einer deutschen Niederlassung und einer ausschließlichen Tätigkeit in Deutschland die deutsche Insolvenzordnung.

Durch diese aus dem europäischen Recht resultierende Rechtsprechung ist eine Rückgriff auf die Haftungsfiguren des deutschen GmbH-Gesetzes tatsächlich nicht möglich. Hierdurch können zumindest diejenigen deutschen Regelungen umgangen werden, die entgegen dem Prinzip der beschränkten Haftung, den Geschäftsführer einer deutschen GmbH in bestimmten Missbrauchsfällen persönlich in voller Höhe haftbar machen und damit wesentlich zur Missbrauchseindämmung beitragen. Diese Konsequenz aus dem europäischen Recht hat auch der Bundesgerichtshof mittlerweile bestätigt.

Verbleibende Möglichkeiten der Inanspruchnahme nach deutschem Recht

Von den Befürwortern dieser "Enthaftung durch Wahl einer ausländischen Rechtsform" wird indessen grundlegend übersehen, dass der Geschäftsführer durch die Wahl der Unternehmensform Limited keineswegs in den rechtsfreien Raum optiert. Zunächst verbleibt den Gläubigern, bei einer in Deutschland tätigen Limited, grundsätzlich die Möglichkeit, den Director im Rahmen einer deliktischen Haftung nach allgemeinem deutschen Zivilrecht in Anspruch zu nehmen. Diese Möglichkeit erfasst allerdings nur die besonders krassen Fälle von Gläubigerschädigung; wobei die Beweislasthürden für den Anspruchssteller hoch sind. Ob daneben auch eine Haftung des Directors bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht nach deutschem Recht in Betracht kommt, ist selbst unter den Gerichten immer noch streitig. Im Kern geht es um die - bisher noch offene - Frage, ob diese Pflicht dem Gesellschafts- oder dem Insolvenzrecht zuzuordnen ist.

Die Haftung des Directors nach englischem Recht

Wenn ein Rückgriff auf das vertraute deutsche Haftungsrecht nicht möglich ist, stellt sich die Frage, ob und inwieweit nach dem dann anwendbaren englischen Recht, Instrumente einer Inanspruchnahme zur Verfügung stehen. Der in Deutschland auftretende Director der Limited flüchtet gerade nicht in den rechtsfreien Raum, sondern nur in eine andere Rechtsordnung, die ihm im Einzelfall sogar erhebliche Probleme bereiten kann, von denen er vorher noch gar nichts geahnt hatte. Naturgemäß sind auch die englischen Gerichte mit dem Missbrauch der beschränkten Haftung konfrontiert, was längst eindämmende Maßnahmen sowohl des Gesetzgebers als auch der Gerichte zur Folge hatte. Die wichtigsten Haftungsrisiken wollen wir Ihnen kurz vorstellen:

„Fraudulent trading” und „Wrongful trading”

Insbesondere im Falle der Liquidation einer Gesellschaft besteht die Möglichkeit, direkt gegen den Director vorzugehen, sofern dieser trotz sich abzeichnender Insolvenz entgegen den Gläubigerinteressen handelt. Im Falle des „fraudulent trading" ist neben der Liquidation der Gesellschaft allerdings der Nachweis einer betrügerischen Absicht des Directors gegenüber seinen Vertragspartnern notwendig. Den entsprechenden Beweis einer Kenntnis von der drohenden Insolvenz und zugleich einer Betrugsabsicht, ist jedoch in der Praxis nicht sehr leicht zu führend und hat nur in eindeutigen Fällen realistische Erfolgschancen.

Die Director-Haftung wird allerdings durch das sog. „wrongful trading" ergänzt. Anknüpfungspunkt ist hier die Pflicht des Directors, bei drohender Insolvenz alles zu tun, um eine Schädigung von Gesellschaftsgläubigern zu vermeiden. Liegt ein Verstoß gegen diese Pflicht vor, so wird ein Verschulden des Directors vermutet. Ein Entlastungsbeweis für den Director ist zwar möglich, in der Praxis jedoch schwer zu führen. „Wrongful trading" kann bereits dann eine Haftung auslösen, wenn der Director die ausweglose Überschuldung der Gesellschaft hätte erkennen können und müssen. Im Ergebnis ist damit der Director einer Limited in der Insolvenz durchaus vergleichbaren Haftungsrisiken unterworfen wie der Geschäftsführer einer deutschen GmbH.

Einen nicht zu unterschätzenden Nachteil haben die beiden aus dem angelsächsichen Recht stammenden Haftungsfiguren dennoch: Ansprüche können nicht durch die Gläubiger, sondern nur durch den Liquidator geltend gemacht werden. Der Liquidator entspricht dem deutschen Insolvenzverwalter entspricht. Praktisch bedeutet dies, dass sich im Falle der Verurteilung des Directors nur die Insolvenzmasse erhöht, aus denen die Gläubigeransprüche bedient werden.

Haftung bei Krise der Gesellschaft

Trotzdem kann dem Director auch außerhalb der Insolvenz eine Schadensersatzpflicht treffen. In Anlehnung an das „wrongful trading"-Modell entwickelten die englischen Gerichte eine nach den Voraussetzungen beinahe identische Haftungsfigur, die bereits bei einer absehbaren Krise der Gesellschaft greift. Berücksichtigt man, dass der Director das Wohl der Gesellschaft in den Mittelpunkt seiner Arbeit zu stellen habe, gehört dazu bei einer absehbaren Krise auch die Wahrung der Interessen der Gläubige, da in finanziell schwierigen Zeiten mit deren Geld gewirtschaftet wird. Die insofern existente Haftungsfigur ist allerdings nachrangig und greift nur, wenn es nicht zu einem Insolvenzverfahren kommt.

Fazit: Kein rechtsfreier Raum für den Director

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass auch nach englischem Recht ein Director keine Narrenfreiheit genießt. Auch er haftet bei Verschulden gerade in der Insolvenz persönlich und in vergleichbarer Form wie der GmbH-Geschäftsführer. Dass nur der Liquidator bestimmte Ansprüche durchzusetzen vermag, ändert nichts an dieser Risikobewertung.

Bedenkt man, dass sich durch Inanspruchnahme des angelsächsischen Rechtskreises auch ein zusätzlicher Gerichtsstand eröffnet, an dem man verklagt werden kann, scheint eine Flucht über den Kanal mit dem Ziel, die Haftung nach deutschem Recht zu umgehen, als übereilt und angesichts der wesentlich höheren Beratungskosten aufgrund der Notwendigkeit zur Beherrschung von zwei Rechtsordnungen auch nicht in jedem Fall sehr durchdacht.

Ulrich Schulte, Rechtsanwalt

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