(openPR) „Wenn ein Arzt sich bei der Verabfolgung einer Spritze um eine Dezimalstelle hinter dem Komma irrt, wird er wegen fahrlässiger Tötung oder Körperverletzung bestraft. Wie lässt es sich da rechtfertigen, dass Richter und Staatsanwälte nur bei schwerwiegenden vorsätzlichen Rechtsverletzungen strafbar sein sollen?“, so die berechtigte Frage von Prof. Dr. Friedrich-Christian Schroeder seinerzeit in einem FAZ Artikel v. 03.02.95 unter dem Tenor „Ein bedenkliches Richterprivileg – Soll nur schwere Rechtsbeugung strafbar sein?“.
In der Tat ist die damals aufgeworfene Frage – wohl erkennbar mit Blick auf das Unrecht der DDR-Justiz – auch gegenwärtig noch virulent und kann als nicht gelöst betrachtet werden.
„Elementare Verstöße gegen die Rechtspflege“ und die „Entfernung von Recht und Gesetz“ des Richters oder der Staatsanwälte festzustellen ist mehr als problematisch, zumal in Kenntnis des sog. Krähenprinzips. Freilich soll hier nicht der Berufsstand insgesamt diskreditiert werden, zumal die überwiegend Anzahl der in der Justiz Beschäftigten ihr juristisches Handwerk verstehen und gleichsam den Überblick darüber behalten, Recht „gerecht“ anzuwenden und ggf. fortzuentwickeln.
Während der Arzt unmittelbar mit den strafrechtlichen Folgen eines medizinischen Fehlschlages belastet wird und dieser im Übrigen auch überwiegend irreparabel ist, kann der Rechtssuchende grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihm auch in der nächst höheren Instanz Rechtschutz zuteil wird. Zu einem echten Ärgernis wird es allerdings dort, wo der zur Entscheidung berufene Richter oder der die Untersuchung führende Staatsanwalt Wissensdefizite offenbart, die den Rechtssuchenden in die nächst höhere Instanz treiben, ohne hier Willkür unterstellen zu können, wobei auch hier die Grenze fließend zu sein scheint.
Was also dürfen wir als Rechtsgemeinschaft von der Zunft der Juristen erwarten?
In erster Linie eine solide formelle und materielle Qualifikation. Hier unterscheidet sich der Jurist nicht von den ärztlichen und nichtärztlichen Heilberufen. Allerdings dürfte eine ständige Fortbildungspflicht anzumahnen sein und dies gilt auch innerhalb der Judikative resp. den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsbehörden. Über den Richtern und Staatsanwälten scheint nicht immer der sog. „blaue Himmel“ und so manches Urteil oder staatsanwaltschaftliches Vorgehen wird nicht nur von den Rechtsgelehrten, sondern auch durch die höheren Instanzen – zugegebenermaßen mit wohlgesetzten Worten – gerügt und nicht selten offenbaren sich in den Entscheidungsgründen bedenkliche Qualitätsdefizite, die zu vermeiden waren.
Nicht der Blick in die Glaskugel unter dem Dach der richterlichen Unabhängigkeit ist das Gebot der Stunde, sondern eine gesetzlich vorgeschriebene Fortbildungsverpflichtung auch derjenigen, die im Rechtsstaat eine fundamentale „Rolle spielen“ und nicht selten dabei beachtliche Disharmonien komponieren, weil sie allzu leidenschaftlich (im Zweifel auch leidenschaftslos) phantasievoll auf der Klaviatur des Rechts spielen.
So wie den Ärzten ein Risikomanagement und eine stetige Fortbildung abgerungen wird, sollte dies gleichermaßen für die Richter und Staatsanwälte gelten: Fehler und damit Korrekturen durch die nächst höhere Instanz lassen sich durch Fortbildungen vermeiden! Prävention, aber auch Transparenz scheint geboten zu sein. Die Judikative ist eine der drei Staatsgewalten und u.a. dazu berufen, im „Namen des Volkes“ Recht zu sprechen, so dass das Staatsvolk zumindest erwarten darf, dass keine Qualitätsdefizite zu bedenklichen Fehlurteilen resp. Fehlentscheidungen führen.
Lutz Barth









