(openPR) Die Mission des ChangeWriters e.V. ist es Jugendliche durch Tagebuchschreiben zu ermutigen, ihren Weg selbstbewusst zu gehen.
Ich unterrichtete an einer Beruflichen Schule Schüler*innen ohne Schulabschluss im Rahmen einer berufsvorbereitenden Maßnahme. Oft sind es Schüler*innen, die nicht ins System passten, schwierige Bedingungen zu Hause, besondere Förderbedarfe besitzen oder an physischen oder psychischen Erkrankungen leiden - zusammengefasst: herausfordernd.
Fast zufällig stolperte ich über einen Bericht des ChangeWriters e.V. und erfuhr von Jörg Knüfken, dem Gründer des Vereins. Er beschrieb dort, wie er als Schulsozialarbeiter an Hauptschulen nach dem Vorbild der Freedom Writers mit als „unbeschulbar“ geltenden Schüler*innen Tagebuch geschrieben hat. Die Geschichte der amerikanischen Schüler*innengruppe Freedom Writers bewegt auch bei uns Jugendliche zutiefst. Denn: 150 gefährdete und bildungsbenachteiligte Jugendliche aus den Ghettos von Los Angeles kehrten der Ganggewalt den Rücken zu und schrieben ihre Lebensgeschichte auf. Eine Hollywoodverfilmung zeigt ihre Geschichte. Knüfken arbeitete mit Tagebüchern und ihm gelang es, ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen und die Jugendlichen so zu stärken, dass sie den Abschluss geschafft und ihren Weg in die Gesellschaft gefunden haben.
Ermutigt von seinen Worten „Was sollte schon Schlechtes passieren?“, versuchte ich es. Ich hätte es nicht gedacht, aber innerhalb weniger Wochen passierte in meinen Klassen eine positive Veränderung. Natürlich gab es auch Schüler*innen, die sich zunächst verweigerten, Zeit oder Hilfe brauchten, aber letztlich fanden alle einen Weg, das Tagebuch anzunehmen.
Tagebuch schreiben ist nur ein Bestandteil der Methoden, deshalb nahm ich an dem viertägigen Praxisseminar der ChangeWriters teil.
„Die ChangeWriters-Methoden geben Sicherheit und sorgen für Entlastung im beruflichen Alltag, neue Erfahrungen im Klassenraum werden möglich!“ (Lehrerin)
Alle Tage setzen sich aus praktischen Übungen zum gelingenden Beziehungsaufbau zusammen, die gemeinsam ausprobiert, reflektiert und auf Umsetzbarkeit erprobt werden. Die Teilnehmenden lernen den Film über die Freedom Writers kennen, den Einsatz von Tagebüchern in der Arbeit mit Jugendlichen, setzen sich mit Wertschätzung auseinander. Sie probieren Übungen aus, die nur gemeinschaftlich zu lösen sind, die Konflikte überwinden helfen, die Kommunikationsfähigkeit schulen, sie lernen Vertrauen und Kooperation zu thematisieren. Die Teilnehmenden erhalten einen Überblick über wichtige Kompetenzen und bekommen praktische Hinweise, wie sie ihre Schüler*innen dabei unterstützen können, diese auszubauen. Der Blick auf die Schüler*innen ist konsequent stärkenorientiert und positiv. Zuletzt schreiben die Teilnehmenden ihre eigene (Erfolgs-)Geschichte und entwickeln ihr persönliches Umsetzungskonzept. Alle beenden das Seminar mit einem genauen Umsetzungsplan an ihrer Schule, setzen die Methoden im Schulalltag ein und werden über einen langen Zeitraum begleitet.
Der Grundgedanke beim ChangeWriters e.V ist, dass der persönliche Kontakt nicht durch den digitalen zu ersetzen ist. Trotzdem ist es möglich, digitale Kommunikationswege und Instrumente zu nutzen, um Kontakte zu halten und zu vertiefen. Die ChangeWriters sind unter anderem auf YouTube zu finden, außerdem netzwerken und unterstützen sich Pädagog*innen über die ChangeWriters App. Schüler*innen werden über digitale Medien zur Biographiearbeit eingeladen. Partnerschulen erleben lebendige, digitale Folgetreffen und können Erfahrungen und Anregungen austauschen.
Neue Motivation und Perspektiven
25 Partnerschulen, über 530 fortgebildete Pädagog*innen und 14.000 Schüler*innen, die von den Methoden profitieren, sind äußere Erfolgskennzahlen der bisherigen Arbeit. Pädagog*innen erleben ein positiv verändertes Klassenklima, gewinnen Selbstwirksamkeit sowie Gestaltungsfreiheit in ihrem Beruf und üben diesen (wieder) mit mehr Motivation aus. Das ChangeWriters-Programm “Gemeinsam Geschichte(n) schreiben” bewirkt, dass alle Schulakteure in eine wertschätzende Beziehung miteinander treten. Für Schüler*innen wird auf diese Weise gesellschaftliche Teilhabe erfahrbar. Die Grundlage für Bildungserfolge wird durch die entstandene lernfördernde Atmosphäre geschaffen. Schüler*innen entwickeln Perspektiven und treten selbstbewusst in den Arbeitsmarkt. Das wirkt sich auf ihr gesamtes Leben aus!
“Dieses Projekt hat mir einiges beigebracht. Ich habe gelernt mit anderen zusammen zu halten. Ich verhalte mich auch nicht mehr so schlimm wie früher. Bei wirklich vielen von uns hat sich wirklich vieles verändert.” (Schüler)
Das offene Praxisseminar findet noch in diesem Jahr in Berlin und im Ruhrgebebiet statt. Die Termine sind auf der Webseite abrufbar. Außerdem kommt das ChangeWriters-Team an interessierte Schulen in ganz Deutschland.
Mehr Informationen: www.changewriters.de
Instagram: https://www.instagram.com/changewriters_ev/
Facebook: https://www.facebook.com/changewriters.de/
Autorin: Irene Lange, Bildungsreferentin ChangeWriters e.V wohnhaft in Berlin. Zuvor war sie viele Jahre als Lehrerin und Jugendbildungsreferentin an einer Beruflichen Schule in Brandenburg tätig.
Wie das Tagebuch alles verändert…
Lena, 19 Jahre
Sie galt als "unbeschulbar", verhielt sich in der Schule aggressiv und ablehnend. LehrerInnen fanden keinen Zugang zu ihr. Ihr Klassenlehrer setzte ChangeWriters Methoden ein und ein erstaunlicher Veränderungsprozess begann.
Das sagt sie heute:
"Ich habe gelernt Tagebuch zu schreiben und habe gelernt meine Geschichte zu erzählen. Ich hatte früher kein leichtes Leben. Es ist wichtig darüber zu reden und ich weiß jetzt, dass sich durch die ChangeWriters vieles in meinem Leben verändert hat. Durch die vielen Dinge im Projekt bin ich zu dem Menschen geworden, der ich heute bin. Für mich war es total wichtig, dass mich Jemand versteht, wie damals mein Klassenlehrer zum Beispiel, und ich habe mich verstanden gefühlt. Das hat mir Sicherheit gegeben, dass da in der Schule jemand ist, der weiß, dass es Gründe gibt, warum ich mich manchmal so komisch verhalten habe. In meinem Leben damals habe ich mich manchmal gefühlt wie in der Hölle. Das Projekt hat mir geholfen, daraus auszubrechen. Das Tagebuch, die Sicherheit und die Leute, die mir zugehört haben. Nun stehe ich hier, fast erwachsen, als Mensch, der sein Leben in den Griff bekommen hat. Ich habe meinen Traumberuf gefunden, bin in Ausbildung und gehe wieder gerne zur Schule. Meine vielen Wunden sind ein Teil von mir und das ist ok so. Ich kann lachen, führe ein glückliches Leben und bin zufrieden.“
Jörg Knüfken, Geschäftsführer ChangeWriters e.V.
„Lenas Geschichte berührt und zeigt, dass Veränderung möglich ist, sobald ein sicherer Rahmen durch gelingenden Beziehungsaufbau geschaffen wird. Und Lena motiviert mit ihren Worten. Sie motiviert, die ChangeWriters-Methoden weiterhin mit aller Leidenschaft in die Schulen zu tragen und sie erinnert daran, für wen und was wir uns einsetzen: Für Menschen, die eine faire Chance verdient haben.“
"Liebes Tagebuch! Ich schreibe über meine Erfolge. Ein großer Erfolg von mir ist noch nicht so lange her, es war die Nachprüfung, durch die ich „10B“ geschafft habe. Damit habe ich vielen bewiesen, dass ich nicht dumm bin. Vor einem Jahr habe ich meiner Englischlehrerin gesagt, dass wir uns im E-Kurs wiedersehen. Das ist auch passiert." (Schülerin)










