(openPR) Anmerkungen zu dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.05.2006 (Az. B 4 RA 22/05 R)
Das Bundessozialgericht hat am 16. Mai 2006 in seinem Urteil (Az. B 4 RA 22/05 R) eine Entscheidung über die Frage der Zulässigkeit von Abschlägen bei Renten wegen Erwerbsminderung für Rentner, die bei Rentenbeginn jünger als 60 Jahre alt sind, getroffen. Nach Ansicht des obersten deutschen Sozialgerichts schließt das Gesetz einen Rentenabschlag bei einem Recht auf Rente wegen Erwerbsminderung für Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus. Die Richter gaben mit ihrer Entscheidung einer 1960 geborenen Klägerin Recht, die gegen eine Rentenkürzung von 10,8 Prozent auch bei Versicherten, die Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung haben und bei Rentenbeginn noch nicht 60 Jahre alt sind, Klage erhoben hatte und in den Vorinstanzen verloren hatte.
Zur Begründung stellt das Gericht u.a. auf den Wortlaut von § 77 Absatz 2 Satz 3 SGB VI ab. Nach Ansicht der Richter ist aus dem Wortlaut des § 77 Abs. 2 S. 3 SGB VI zu entnehmen, dass die Zeit des Bezuges einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer "vorzeitigen Inanspruchnahme" gelte, die gegebenenfalls allein unter Umständen geeignet sein könnte, eine Rentenkürzung zu rechtfertigen. Das Gericht führt weiter aus, dass nach der Gesetzesbegründung die Kürzung dazu dienen soll, ein spekulativ unterstelltes Ausweichen der Versicherten in die Erwerbsminderungsrente wegen der Rentenabschläge bei vorzeitigen Altersrenten zu verhindern. Allerdings kommt – so die Begründung der Richter – ein solches "Ausweichen" aber frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Betracht. Offen ist allerdings die Frage, ob die Kürzung einer Erwerbsminderungsrente ab dem 60. Lebensjahr zulässig und verfassungsgemäß ist. Diese Frage ist auch durch diese Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht abschließend geklärt, wie das Bundessozialgericht in einer Pressemitteilung klarstellt. Diese Frage war im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich, da die Klägerin 1960 geboren ist.
Allerdings darf für Rentner, die eine Erwebsminderungsrente ab dem 60. Lebensjahr beziehen, nichts anderes gelten. Sollte das Bundessozialgericht – sobald ein entsprechender Fall zu beurteilen wäre – zu einer anderen Ansicht gelangen, wäre die Kritik an dieser Entscheidung, wie sie seitens des Deutschen Rentenversicherungsbundes erhoben wird, berechtigt, dass die Umsetzung dieser Entscheidung in die Praxis der Rentenversicherer zu einer widersprüchlichen Situation führen würde, da eine vor Vollendung des 60. Lebensjahres zunächst ohne Kürzung gewährte abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente zu kürzen wäre, wenn der Rentner das 60. Lebensjahr vollendet. Allein schon aus diesem Grund ist zu erwarten, dass die getroffene Entscheidung grundsätzlich auf Bezieher von Erwerbsminderungsrente zu übertragen ist.
Wie soll ich mich als Betroffener verhalten?
Wurde eine Erwerbsminderungsrente mit Abschlägen bewilligt bzw. wird eine solche Rente bewilligt und der Bezieher ist bei Rentenbeginn noch keine 60 Jahre alt, sollte innerhalb der Widerspruchsfrist von einem Monat ab Zugang des Bescheides unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG bei dem Rentenversicherungsträger Widerspruch eingelegt werden. Anzumerken ist, dass dieses entsprechend für noch nicht bestandskräftige Bescheide über Hinterbliebenenrenten mit Abschlägen, wenn der Versicherte vor Vollendung des 60. Lebensjahres Erwerbsminderungsrente bezogen hat oder auch ohne vorherigen Bezug einer solchen Rente gestorben ist, gilt. Das Widerspruchsverfahren kann auch unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwaltes betrieben werden.
Was gilt allerdings bei bestandskräftigen Bescheiden?
Wurde nach dem 31.12.2000 eine Erwerbsminderungsrente mit Abschlägen bewilligt und ist der Bezieher bei Beginn der Erwerbsminderungsrente noch nicht 60 Jahre alt, besteht die Möglichkeit, aufgrund des Urteils des Bundessozialgerichts die Überprüfung ihres Bescheides durch die Behörde zu verlangen. Dieses gilt auch für Personen, die nur eine befristete Erwerbsminderungsrente bezogen haben oder zwischenzeitlich wegen der vorangegangenen Erwerbsminderungsrente nur eine ebenfalls gekürzte Altersrente beziehen. Auch Beziehern von Hinterbliebenenrenten ist die Stellung eines Antrages zu empfehlen, wenn der Versicherte vor Vollendung des 60. Lebensjahres Erwerbsminderungsrente bezog oder auch ohne vorherigen Bezug einer solchen Rente gestorben ist. Auch diesbezüglich können sich die Betroffenen anwaltlicher Hilfe bedienen.
Was bedeutet diese Entscheidung für Betroffene konkret?
Sollte die Entscheidung in der Praxis der Rentenversicherer umgesetzt werden, kann - neben der Richtigstellung der entsprechenden Bescheide für die Zukunft – für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren rückwirkend nicht erbrachte Rentenleistungen von den Rentenversicherern verlangt werden, d.h. wenn ein entsprechender Antrag bis zum 31.12.2006 gestellt wird, bei der oben skizzierten Vierjahresfrist ist das Datum der Antragsstellung entscheidend, kann der Betroffene unter Umständen Erstattung von Rückständen bis Januar 2002 fordern.
Mitgeteilt von: Rechtsanwalt Alexander Velten, Gießen
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