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WLAN-Störerhaftung adé?! Was Sie über das BGH-Urteil wissen müssen

14.08.201810:42 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft
Bild: WLAN-Störerhaftung adé?! Was Sie über das BGH-Urteil wissen müssen

(openPR) Lange Zeit war in Deutschland umstritten, ob die sogenannte Störerhaftung weiter Bestand haben wird, wenn innerhalb eines offenen WLANs Urheberrechtsverletzungen begangen werden. Nach diesem Prinzip haftet der Betreiber einer Gefahrenquelle, wenn sich eine Gefahr tatsächlich durch die Handlung eines unbekannten Dritten verwirklicht und dieser nicht mehr ermittelt werden kann. Haftungsgrund ist also einzig das Betreiben einer Gefahrenquelle und nicht die eigentlich rechtswidrige Handlung.



Klassischer Anwendungsfall in Bezug auf das Urheberrecht ist das Betreiben offener, nicht passwortgeschützter WLANs (oder die Bekanntgabe des Passwortes an eine große Zahl von Menschen, ohne deren Überprüfung, etwa in Restaurants). Die daraus hervorgehenden Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer des Netzwerkes, die etwa illegal urheberechtlich geschützte Musik-Dateien zum (kostenlosen) Download auf sog. Filesharing-Plattformen anbieten, ruft häufig die Störerhaftung hervor.

Weil die Haftung der WLAN-Betreiber zunehmend als ungerechtfertigte Ausdehnung ihrer Verantwortlichkeit kritisiert wurde und die Zahl offener WLANs in Deutschland abnahm, änderte der Gesetzgeber mit der 3. Novelle des Telemediengesetzes (TMG) im Jahr 2017 § 8 TMG. Deutschland hinke nach Ansicht der Regierung im Vergleich zu anderen Ländern beim Ausbau öffentlicher WLAN-Netzte deutlich hinterher. Dadurch würde die Chancengleichheit beim Zugriff auf Informationen gemindert, zudem verliere der Wirtschaftsstandort Deutschland an Attraktivität.

Nach der Gesetzesänderung haften „Diensteanbieter“, dazu zählen ausdrücklich auch Betreiber von WLANs, nicht für Rechtverletzungen durch Dritte. Sie können also nicht auf Schadensersatz, Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden. Auch außergerichtliche Kosten und damit Abmahnkosten können nicht gegen den WLAN-Betreiber geltend gemacht werden. Diese Regelung gilt nur dann nicht, wenn der WLAN-Betreiber selbst an der Rechtsverletzung beteiligt ist, also selbst rechtswidrig urheberrechtlich geschützte Werke zum Download anbietet.

Der BGH bestätigte in seinem Urteil vom 26. Juli 2018 – I ZR 64/17 diese Auslegung des § 8 TMG. Er erklärte, dass Unterlassungsansprüche gegen Betreiber offener WLANs im Falle illegalen Filesharings unzulässig sind. Der Inhaber der Urheberrechte könne seine Ansprüche bei Unauffindbarkeit des Verantwortlichen nicht gegen den WLAN-Betreiber geltend machen. Dies gelte unabhängig davon, ob der Betreiber das WLAN privat oder als Unternehmen anbietet. Im konkreten Fall ging es um den Betreiber eines Hotspots, der u.a. ein Tor-Exit-Node eingerichtet hatte, um gerade eine anonyme WLAN-Nutzung zu ermöglichen. Ein anonymer Nutzer nutzte diesen WLAN-Zugang für illegales Filesharing, indem er das Computer-Spiel „Dead Island“ zum Download anbot. Die Rechteinhaber klagten daraufhin gegen den WLAN-Betreiber auf Unterlassung.

Zudem bestätigte der BGH in seinem Urteil, dass § 8 Abs. 1 S. 2 TMG, der die WLAN-Betreiber vor Ansprüchen der Rechteinhaber schützt, nicht im Widerspruch zum Recht der Europäischen Union steht. Zwar seien die EU-Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 2001/29/EG verpflichtet, zum Schutz der Rechteinhaber gerichtlicher Anordnungen (z.B. auf Unterlassung) zu ermöglichen, wenn Dienste zu Urheberrechtsverletzungen genutzt werden. Diese Möglichkeit werde jedoch durch einen Sperranspruch nach § 7 Abs. 4 TMG ausreichend gewährleistet. Dieser Anspruch erlaubt es dem Rechteinhaber vom Betreiber des WLANs zu verlangen, bestimmte Seiten, also v.a. Filesharing-Plattformen, zu sperren.

Der Sperranspruch sei aber nur dann zulässig, so der BGH, wenn die Urheberrechtsverletzung bereits stattgefunden habe und eine Wiederholung drohe. Zudem dürfe die Sperrung „nicht unverhältnismäßig“ sein und müsse dem WLAN-Betreiber „zumutbar“ sein. Offen lässt der BGH dabei allerdings, was unter „verhältnismäßig“ und „zumutbar“ zu verstehen ist. Gerade von dieser Auslegung hängt allerdings ab, ob § 7 Abs. 4 TMG wirklich ein europarechtskonformer Ausgleich für die Interessen der Inhaber der Urheberrechte ist, die durch § 8 TMG erheblich beeinträchtigt werden.

Zusammenfassend ist dem BGH zugute zu halten, dass er versucht, Klarheit in eine lange umstrittene Rechtsfrage zur Störerhaftung zu bringen. Allerdings war der europäische und deutsche Gesetzgeber stets darum bemüht, auch die Interessen der Rechteinhaber zu schützen. Es ist fraglich, ob der BGH diesem Ziel vor dem Hintergrund des Europarechts ausreichend Rechnung getragen hat.

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