(openPR) Offener Brief an die Fraktionen im Rat der Stadt Köln
Familien sind die zentralen Leistungsträger unserer Stadt, durch sie bleibt Köln lebendig und vital. Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sieht es in Köln jedoch schlecht aus.
Auch wenn der gesetzliche Anspruch auf einen Kindergartenplatz rein statistisch gut gedeckt ist, besteht Mangel. Völlig unzureichend ist das Angebot an Tagesbetreuung für Kinder unter 3 Jahren und für Kinder über 6 Jahren. Die Öffnungszeiten von Einrichtungen entsprechen nicht den Alltagsrealitäten von berufstätigen Eltern. Randzeiten, Sondersituationen, Schulferien uvm. werden nicht berücksichtigt und stimmen nicht mit Arbeitszeiten überein.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in Köln für nicht wenige Mütter und Väter kaum zu realisieren. Dies wird sich in den nächsten Jahren auf das Investitionsklima und damit auf den Wirtschaftsstandort auswirken. Den Wettbewerb der Standorte wird diejenige Kommune gewinnen, die für gut ausgebildete und leistungsstarke junge Menschen attraktiv ist, die hier eine Familie gründen und Kinder groß ziehen. Umgekehrt werden Unternehmen dort investieren, wo sie qualifizierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen können.
-> Der Ausbau der Betreuungs- und Bildungsqualität ist daher von zentraler Bedeutung für Köln.
Köln versteht sich als familienfreundliche Stadt, nicht zuletzt hat dies zur Gründung des Lokalen Bündnisses für Familie geführt.
Doch nun kommt es zu massiven Erhöhungen der Kinderbetreuungsbeiträge in Köln und zu erheblichen Irritationen und Protesten bei den Familien, denen wir hier als Verband berufstätiger Mütter e.V. vbm Gehör verschaffen wollen.
-> Wir erwarten eine deutliche Kehrtwende in der Gebührenordnung der Stadt Köln.
Kindergärten in dieser Form über Gebühren zu finanzieren, ist falsch. Eine solche Finanzierungsstruktur ist nicht nur unsozial, sondern ökonomisch falsch. Erst recht eine Umverteilung der Beiträge unter den Familien.
Eine Orientierung am Bruttoeinkommen suggeriert schon in den Einkommensgruppen eines Facharbeiterverdienstes eine Einordnung in die Kategorie 'Besserverdiener'-Familie. Dabei werden die Aufwendungen, die in einer Familie anfallen, nicht berücksichtigt. Auch ist es realitätsfremd, mit Steuervergünstigungen zu argumentieren, die eine Beitragserhöhung real nicht auffangen. In Familien, in denen Vater wie Mutter ihrer Verantwortung nachkommen und beide zum Familieneinkommen beitragen, wächst die Belastung bis zu 40 % und mehr.
Bereits jetzt erwägen Eltern, Kinder in anderen Formen privat betreuen zu lassen. Das kommt nämlich ab dem zweiten Kind bereits billiger, als in öffentlicher Betreuung. Auch die Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder nutzt wenig, denn selten werden die Kinder nach der geltenden Gebührenordnung gezeugt und erhalten dann auch noch Plätze zur gleichen Zeit in der gleichen Einrichtung.
Für berufstätige Mütter, die sich auch heute noch mit dem Bild der Rabenmutter herumschlagen müssen, ist die geplante Praxis ein weiterer Affront. In der Arbeitswelt inzwischen dringend als Fachkräfte gebraucht und nicht mehr wegzudenken, wird ihre Zwickmühle nur noch größer. Es entsteht zunehmend die Situation, dass der Verdienst der Mutter (mit Steuerklasse V) vom Kindergartenbeitrag aufgebraucht wird oder sogar nicht mehr ausreicht. Eltern, die bereits stark durch progressiv hohe Steuern zum Gemeinwohl beitragen, haben wenig Verständnis, wenn sie zusätzlich noch hohe Elternbeiträge für Kindergartenplätze leisten sollen und/oder keinen Platz für ihr Kind bekommen, der dazu auch nicht ihren Bedürfnissen entspricht. Wer glaubt, mit dem geplanten Weg gerade in bildungsfernen Familien und in unteren Einkommensklassen für mehr Bildungschancen zu sorgen, kennt nicht die Wirklichkeit in Familien.
Wir schlagen vor, zumindest das letzte Jahr vor der Einschulung voll aus Steuern zu finanzieren und Ideen zu entwickeln, wie mittelfristig die öffentliche Kinderbetreuung auch in Köln ohne Elternbeiträge
finanziert werden kann. Dass dies nicht ohne das Land NRW zu bewältigen ist, versteht sich von selbst.
-> Wo bleibt das Engagement der Kommunen in der Landespolitik in NRW?
Wir erwarten mehr Kreativität in vernünftige Lösungen:
• Im Saarland ist bereits seit einigen Jahren das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei. In Rheinland-Pfalz und in Frankfurt wird das letzte Jahr ab Herbst 2006 kostenfrei für die
Eltern sein.
• Das Land Brandenburg existiert sogar ein Rechtsanspruch, den Eltern einklagen können:
Jedes Kind hat ab seinem zweiten Geburtstag Anspruch auf einen Ganztagsplatz in einer Krippe. Auch bei der Einschulung gilt dieses Recht weiter: Vier Stunden Nachmittagsbetreuung
in den ersten vier Klassen sind in Brandenburg gesetzlich garantiert.
• Warum nicht bei uns in NRW?
Eine neue Idee, wie die Kommunen die Kindergärten ohne Elternbeiträge finanzieren könnten, ist in Neuss (NRW) entstanden: Durch die Erhöhung der Grundsteuer, die auf Hausbesitz zu zahlen ist, könnten die Kitas beitragsfrei werden.
-> Was fällt der Politik in Köln dazu ein? Wo bleibt die verantwortungsvolle gemeinsame Gestaltung ohne populistisches Parteiengerangel?
Im letzten Jahr ist die Diskussion in Köln um den „Masterplan“ zur Kinderbetreuung mehr in die Öffentlichkeit gerückt worden. Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Die geplanten Beitragserhöhungen
sind in dieser Form jedoch falsch.
-> Wir fordern Sie daher auf, hier ein neues Konzept zu entwickeln, da die Familien sonst in andere Kommunen, wie Bergisch Gladbach oder gar in andere Bundesländer abwandern.
Für den Vorstand
Barbara Locher-Otto
Bundesvorsitzende
Verband berufstätiger Mütter e.V.













