(openPR) 1. Ausgangsproblematik:
Die Einräumung von Bezugsrechten aus Lebensversicherungen ist ein gängiges Mittel, um am Nachlass vorbei einen Dritten zu begünstigen. Dadurch, dass der Erblasser einem Dritten das Bezugsrecht bei einer Lebensversicherung einräumt, fällt die Lebensversicherungssumme nicht in den Nachlass, sondern steht unmittelbar dem Begünstigten zu. Ist eine Pflichtteilsberechtigter enterbt worden oder ist der Nachlass wertmäßig ausgehöhlt, so stellt sich die Frage, welcher Wert für die Berechnung seines Pflichtteilsergänzungsanspruchs maßgeblich ist.
Nach der bisher herrschenden Meinung sollten bei einer Kapitallebensversicherung im Todesfall mit widerruflicher Bezugsberechtigung nur die Summe der vom Erblasser entrichteten Prämien der Pflichtteilsergänzung unterliegen.
Einige Gerichte hingegen hatten in neuerer Zeit, gestützt auf eine Entscheidung des für Insolvenzrecht zuständigen Zivilsenates des Bundesgerichtshofes, die ausgezahlte Versicherungssumme für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs herangezogen.
Da zwischen der Summe der eingezahlten Prämien und der im Vergleich dazu wesentlich höheren Versicherungssumme erhebliche Wertunterschiede liegen, ist die Klärung, welcher Wert der Berechnung zugrunde zu legen ist, von erheblicher Bedeutung.
2. Lösungsweg des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 28. April 2010, Az. IV ZR 230/08:
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung beiden oben aufgeführten Rechtsauffassungen eine Absage erteilt.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes kommt es vielmehr allein auf den Wert an, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten - juristischen - Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können.
Regelmäßig ist somit auf den sogenannten Rückkaufswert abzustellen. Unter Umständen könne aber auch ein - objektiv belegter - höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein, insbesondere wenn der Erblasser die Ansprüche aus der Lebensversicherung zu einem höheren Preis an einen gewerblichen Ankäufer hätte verkaufen können.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist allein schon deshalb zu begrüßen, weil mit diesem Urteil endlich Rechtssicherheit geschaffen wird. Bereits jetzt ist aber offensichtlich, dass in Zukunft vermehrt darüber gestritten werden wird, ob der Rückkaufswert oder ein objektiver höherer Marktwert heranzuziehen ist. Das Prozesskostenrisiko ist aber, da der Unterschied zwischen dem Rückkaufwert und dem objektiven Marktwert im Vergleich zu den erheblichen höheren Unterschieden zwischen der Summe der Prämien und der Versicherungssumme geringer ist, erheblich reduziert worden. Zu beachten ist aber, dass sich dieses Urteil des Bundesgerichtshofes nur auf widerrufliche Bezugsrechte an Lebensversicherungen bezieht. Offen ist also nach wie vor, welcher Wert bei der Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts heranzuziehen ist.
Dr. Manuela Jorzik
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht
Jorzik Pieri Locher
Rechtsanwälte
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Über das Unternehmen
Dr. Manuela Jorzik
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
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Jorzik Pieri Locher
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Frau Rechtsanwältin Dr. Jorzik arbeitet in einer Bürogemeinschaft mit 3 Rechtsanwälten und 1 Rechtsanwältin in Sindelfingen.
Die Kanzlei ist von Herrn Dr. Schumann im Jahre 1983 gegründet worden.
Die Tätigkeitsschwerpunkte der Bürogemeinschaft liegen im allgemeinen Zivil-, im Familien- und Wirtschaftsrecht. Seit Jahrzehnten beraten und vertreten wir Privatpersonen gleichermaßen wie Firmen.
Der Tätigkeitsschwerpunkt von Frau Rechtsanwältin Dr. Jorzik liegt im Familien- und Erbrecht. Vornehmlich ist das Bestreben, Familien spaltende Auseinandersetzungen zu vermeiden durch individuell auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zugeschnittene Ehe- und Erbverträge.
Sind derartige Vorsorgemaßnahmen nicht getroffen, so werden ganzheitliche Strategien mit dem Ziel einer wirtschaftlichen und praktikablen Lösung entwickelt und nicht nur einzelne Angriffs- und Verteidigungsmaßnahmen ergriffen.
Auf Grund der langjährigen auch forensischen Erfahrungen von Frau Rechtsanwältin Dr. Jorzik sind diese Ziele auch in Gerichtsverfahren erreichbar.
Vita:
Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Göttingen und Tübingen
Rechtsanwältin seit 1992
Zugelassen bei allen Amts-, Land- und Oberlandesgerichten
1995 Fachlehrgang für Familienrecht
1997 Verleihung des Fachanwalts für Familienrecht
durch die Rechtsanwaltskammer Stuttgart
2005 Fachanwaltslehrgang für Erbrecht
2006 Testamentsvollstreckerlehrgang
2008 Verleihung des Fachanwalts für Erbrecht
durch die Rechtsanwaltskammer Stuttgart
Funktionen und Mitgliedschaften:
Vorsitzende des Prüfungsausschusses I "Fachanwalt für Familienrecht"
der Rechtsanwaltskammer Stuttgart
Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Familien- und Erbrecht des
Deutschen Anwaltvereins
Mitglied in der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und
Vermögensnachfolge e.V. (DVEV)
Veröffentlichungen:
• Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Ermittlungsbehörden,
Jura 1990, 294ff.
• Das neue zivilrechtliche Kindesentführungsrecht,
Die Rechtslage nach Inkrafttreten des Haager
Kindesentführungs- und des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens,
Schriften zum deutschen und europäischen Zivil-, Handels-, und Prozessrecht,
Bd. 154, Gieseking Verlag, Bielefeld, 1995
• Rückführung von Kindern nach dem Haager Kindesentführungs-
übereinkommen und dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen,
FPR 1996, 56ff.
• Das neue Unterhaltsrecht, in FrauenAktiv in Baden-Württemberg, Heft 2/2008, Herausgeber: Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg,
Staatsanzeiger Verlag.
Veranstaltungen:
22. März 2007: Teilnahme an der Fernsehdiskussion in der Landesschau Baden-Württemberg über das neue Unterhaltsrecht.
13. November 2007: Vortrag über das „neue Unterhaltsrecht“ in Stuttgart-Mitte, Veranstalter: Diözese Rottenburg-Stuttgart, Evangelische Frauen in Württemberg
6. Mai 2008: Podiumsdiskussion „Das neue Unterhaltsrecht“: Das Ende der Versorgungsehe, die keine (mehr) war?,
Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung- Baden-Württemberg