(openPR) Amberg, 27. März 2008. Die „Cochemer Praxis“ wurde vor mehr als 15 Jahren am Amtsgericht Cochem von Familienrichter Jürgen Rudolph mit einem Arbeitskreis ins Leben gerufen und wird dort seither mit sehr gutem Erfolg weiter entwickelt und praktiziert. In dem Arbeitskreis wirken das Familiengericht, die Rechtsanwälte, die Lebens- oder Familienberatungsstelle, Gutachter, Jugendamt und gegebenenfalls Verfahrenspfleger und andere Professionen zusammen. Das Ziel ist, DASS BEIDE ELTERN IHRE KINDER DAUERHAFT SELBSTVERANTWORTLICH GEMEINSAM ERZIEHEN, auch wenn sie sich getrennt haben.
Der Richter duldet kein Verhalten, das geeignet ist, bestehende Konflikte zu festigen oder neue Streitpunkte zu erzeugen. Aggressive Briefe von Rechtsanwälten weist er zurück, sodass die Anwälte keine Konfliktstrategien verfolgen können. Der Richter verlangt und wirkt selbst darauf hin, dass einvernehmliche Lösungen gefunden werden. So bringen alle beteiligten Professionen durch entsprechenden Einfluss und Mediation auch in hoch strittigen Fällen die Eltern dazu, dass sie zumindest, wenn es um die Belange ihrer Kinder geht, miteinander vernünftig sprechen können.
Der erste Gerichtstermin wird bei der „Cochemer Praxis“ innerhalb von zwei Wochen angesetzt. Diese kurze Frist ist notwendig, damit sich die Streitpositionen der Elternteile nicht verhärten oder eskalieren.
Während dieser Zeit spricht ein/e Jugendamtsmitarbeiter/in mit beiden Eltern und versucht zu schlichten. Lange Schriftsätze werden vermieden, statt dessen wird versucht, die Elternteile zu einer friedlichen Einigung im Sinne des oben genannten Zieles zu bringen.
Führt die Tätigkeit des Jugendamtes bei beiden Eltern zu der Einsicht , dass sie gemeinsam der Erziehungsverantwortung für ihre Kinder gerecht werden müssen, und können sie das auch, so kann der Gerichtstermin abgesagt werden.
Andernfalls beraten Familien- oder Lebensberatungsstellen und erarbeiten mit den (streitenden) Elternteilen eine einvernehmliche Lösung, die sie in die Lage versetzt, ihre Kinder dauerhaft gemeinsam zu erziehen. Wenn es notwendig ist, werden auch weitere nahe stehende Personen (beispielsweise die Großeltern) in die Beratung einbezogen.
Bei besonders gefestigten Problemen beantworten psychologische Gutachter nicht die Frage, welches Elternteil das Sorgerecht bekommen soll, sondern helfen Konflikte zu schlichten, damit beide Eltern dauerhaft für die besten Interessen der Kinder miteinander kommunizieren, und sie ihre Kinder gemeinsam erziehen.
Umgangsbegleiter betreuen in Problemfällen den Umgang der Kinder mit den Elternteilen. Dabei beobachten sie laufend die Situation und geben, falls notwendig, Ratschläge, damit der Umgang möglichst bald ohne Betreuung erfolgen kann. Wenn die Gefahr besteht, dass bei der Übergabe der Kinder Schwierigkeiten auftreten, erfolgt eine betreute Übergabe. Beim Umgang selbst ist dann das Kind mit seinem Elternteil allein. Die Umgangsbetreuung wird auf ein Mindestmaß beschränkt, damit die Kinder das Elternteil nicht als gefährlich erleben, „weil immer jemand dabei sein muss, der aufpasst“.
Bei der Cochemer Praxis wird nie um die Kinder verhandelt, sondern es geht immer darum, dass die Kinder kein Elternteil verlieren, es wird also für die Kinder verhandelt. Im neuen FGG, das im nächsten Jahr verabschiedet werden soll, wird in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren die Mediation in Anlehnung an die Cochemer Praxis Pflicht. Schon jetzt führen immer mehr Familiengerichte dieses Verfahren ein.
Herbert Greipl, der die Familienpolitik und -justiz seit Jahren kritisiert, sagt: „Die Cochemer Praxis ist ein sehr gut durchdachtes Konstrukt an Grundsätzen und Wirkungsweisen, die sich auf jeden einzelnen Fall speziell einstellen. Dieses und die positive Zusammenarbeit aller Professionen bringen den Erfolg. Dieses Verfahren hat nur Vorteile. Alle Beteiligten und der ganze Staat haben nur Nutzen davon “.